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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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ich am Steuer einschlafe. Außerdem hätte ich dort gern eine zweite Meinung, und ich weiß nicht, ob Sophie dafür die Richtige ist.»
    «Aber ich bin bloß ein einfacher Songschreiber. Klar. Ich komme mit.»
    «Wenn du so in fünfundvierzig Minuten ins Pfarrhaus kommst, bin ich umgezogen, und wir können losfahren.»
    Kurze Stille. «Und wenn ich in, sagen wir,
vierundvierzig
Minuten komme», sagte Lol, «bist du dann noch ausgezogen?»
     
    Dafür
war natürlich keine Zeit. Außerdem war Jane zu Hause. Still, gehorsam und dadurch umso mehr Misstrauen erregend. Wenigstens hatte Merrily zum ersten Mal seit vielen Jahren jemanden, mit dem sie solche Probleme teilen konnte … irgendwie. Schließlich waren Lol und sie jetzt … ein richtiges Paar und versuchten nicht mehr, ihre Beziehung zu verheimlichen.
    Während Merrily fuhr, erzählte Lol von Jane und Coleman’s Meadow, den Ley-Linien und den
hochwertigen Eigenheimen für anspruchsvolle Kunden
. Irgendetwas daran schien ihm Sorgen zu machen, doch dieses eine Mal konnte Merrily kein besonderes Problem an Janes Engagement entdecken.
    «Sie hat schon viel Schlimmeres gemacht. Außerdem gefällt mir die Vorstellung nicht, dass ein alter Weg auf dem Cole Hill verschwindet, weil Luxushäuser gebaut werden sollen. Hier wurden in den letzten anderthalb Jahren schon zwei neue Siedlungen gebaut.»
    «Und kleine, preiswerte Häuser wären kein Problem?», fragte Lol.
    «Ein paar brauchen wir wahrscheinlich. Ich bin bloß nicht sicher, ob wir noch mehr …»
    «… fette Wohlstandsbürger brauchen?»
    «Ganz egal, was wir brauchen, es gibt bestimmt bessere Bauplätze dafür. Jane will also einen Antrag an den Gemeinderat stellen. Soll sie ruhig. Sie ist siebzehn. Nächstes Jahr geht sie wählen.»
    Lol putzte seine Brillengläser am Saum seines T-Shirts.
    «Ich will dich als gescheiterter Psychotherapeut natürlich nicht über deine Tochter belehren, aber … meinst du nicht, da steckt vielleicht noch mehr dahinter? Sie langweilt sich in der Schule, und für die Uni interessiert sie sich nicht, weil da jeder Idiot hingeht.»
    «Meinst du, sie will nicht von zu Hause weg?»
    «Vielleicht fürchtet sie sich davor. Vielleicht fürchtet sie sich davor, eines Tages zurückzukommen und alles zerstört vorzufinden. Sie hatte immerhin schon eine Menge Verluste zu verkraften. Ihr Vater. Lucy …»
    «Mmm.»
    Lucy Devenish, Janes erste richtige Freundin in Ledwardine, hatte das wundervolle alte Fachwerkdorf immer gegen törichte Zugezogene und den zerstörerischen Raubbau an der Natur verteidigt.
    Merrily sah Lol an. Jane und Lol waren auf ihre Art auch ein Paar. Jane wusste, wie sie ihn nehmen musste.
    «Die Gefahr, dass Coleman’s Meadow und die Ley-Linie zerstört werden … du meinst, Jane ist sicher, dass Lucy auf die Barrikaden gegangen wäre. Und das hat sie jetzt auch vor, oder?»
    «Sie wollte jedenfalls wissen, wo sie eine Beschwerde einreichen kann.»
    «Bei Lyndon Pierce vom Gemeinderat?»
    «Was hätte ich sonst sagen sollen? Sie hätte es auch so herausgefunden.»
    «Na ja. Ich kann Pierce irgendwie nicht besonders gut leiden …»
    «Aber jetzt gerade bekommst du beinahe Mitleid mit ihm, was?»
    «Auf jeden Fall wird er wertvolle Lebenserfahrung sammeln.»
     
    Die Malverns wirkten so vertraut, wie sie dort als elf Meilen langer Höhenzug am Horizont lagen, deshalb vergaß man leicht, wie seltsam sie waren. Sie ragten so
unvermittelt
auf, als Überraschung in einer ansonsten ereignislosen Landschaft.
    Merrily betrachtete die Szenerie, die wie ein Miniatur-Alpenpanorama aussah. Die sonnnenbeschienenen, gezackten Hügelkämme, die tintenblauen Täler. Das langgestreckte Auf und Ab eines Bergzugs, der schon den Normannen zur Erholung und Entspannung gedient hatte.
    Am berühmtesten jedoch waren die Malverns in der viktorianischen Epoche gewesen, als das Wasser von Quellen, die einst für heilig gehalten wurden, begehrter war als französischer Champagner und Great Malvern ein berühmter Kurort wurde.
    «George Bernard Shaw hat wohl schon damals gesagt, man müsste die Steinbrüche schließen, sonst würde aus den Malvern-Hügeln bald die Malvern-Ebene.»
    «Es gibt dort doch inzwischen keine Steinbrüche mehr, oder?», sagte Lol.
    «Aber erst seit kurzem.» Merrily verlangsamte das Tempo, während sie an einem gestrüppüberwucherten Steilhang vorbeifuhren. «Jedenfalls haben sie für eine Menge gut versteckter Parkplätze gesorgt.»
    Aus dem Hügel war wie aus einer

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