Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
dir irgendwie schlecht oder so?»
    «Ja. Ich meine, mir geht’s gut.»
    Jane ballte die Hände zu Fäusten und drängte die Tränen zurück. Es hatte keinen Zweck, sie hatte einen Kampf zu gewinnen, und zwar gegen diesen Schleimer Lyndon Pierce und die Freizeittypen und den arroganten Cliff und die dünne Frau vom Bildungsausschuss. Gegen das gewissenlose, spießbürgerliche Establishment.
    Sie schniefte, trat hinter dem Baum hervor und ging mit gesenktem Kopf zurück zu der Ley.
    «Wo soll ich mich hinstellen?»
    «Bleib genau so, das ist perfekt.» Eirion lächelte sein warmes, ehrliches, ungekünsteltes Eirion-Lächeln. «Aber sieh mich nicht an.»
     
    Dass Sophie Gefühle zeigte, war ziemlich selten. Falls es doch einmal vorkam, dann auf minimalistische Weise: ein knappes Lächeln, niemals herzliches Gelächter. Niemals Missbilligung …
    «Merrily, das ist
widerwärtig
. Das schadet seinem Ruf.»
    Sophie sah aus dem Fenster des Torhausbüros auf den Rasen vor der Kathedrale. Womöglich war da sogar eine Träne, die in ihrem Auge glänzte.
    «Und es schadet auch unserem Ruf.»
    Es war, als hätte jemand ein Grab geschändet, Parolen auf den Grabstein gesprüht und die Blumen zertrampelt.
    «Er hat auf der Höhe seines Ruhms neun Jahre lang in dieser Stadt gewohnt. Und auch als er weggezogen war, kam er für das
Three Choir Festival
wieder, wenn es hier abgehalten wurde … so wie in diesem Jahr.»
    Sophie drehte sich um: «Und Sie wollen wirklich seinen guten Namen beschmutzen?»
    «Ich?»
    «Es tut mir leid, aber Sie verleihen damit einer sehr schäbigen Sache Glaubwürdigkeit.»
    Sie meinte die vermeintliche Ursache der Unfälle. Und von Hannah Bradley hatte Merrily ihr noch gar nichts erzählt. Umso besser, wirklich.
    «Die Kirche hinzuzuziehen mag grundsätzlich begrüßenswert sein, aber es wird sehr fragwürdig, wenn … Ich weiß, dass es nicht Ihre Schuld ist, aber Sie können dafür sorgen, dass es nicht noch weiter geht.»
    «Ich habe nicht erwartet, dass Sie so … beschützerisch reagieren würden.»
    «Ich habe früher im Kathedralchor gesungen, in bin stolz auf die Verbindung meiner Heimat zu Elgar. Darauf, dass er in Birchwood und später hier gewohnt hat. Auf seine vielen freundschaftlichen Verbindungen zur Kathedrale …»
    «Ich weiß.»
    Merrily, der ihr mangelndes Wissen über Elgar peinlich war, hatte einen kleinen Führer zu
Elgar’s Herefordshire
durchgesehen, bevor Sophie hereingekommen war.
    «Und was wollen Sie jetzt tun?», sagte Sophie. «Wenn die Frage gestattet ist?»
    «Nun ja, mit Ihrer Unterstützung als Elgar-Enthusiastin und Chormitglied in der Kathedrale … wie lange waren Sie in dem Chor?»
    «Vierzehn Jahre.»
    «Ich möchte das Ganze ernst nehmen. Denn auch wenn Sie Vorbehalte gegen die Sache mit Elgars Geist haben, glaube ich, dass dort
irgendetwas
ist.»
    Sophie blickte sie finster an.
    «Bitte. Ich habe heute Nachmittag eine Taufe, und dann soll ich zu diesem Gemeindetreffen. Oder auch nicht.»
    Sophie setzte sich an ihren Schreibtisch und wedelte schwach mit der Hand. «Fangen Sie an …»
    «Ich muss genug wissen, um zu erkennen, wenn jemand Unsinn redet. Aber ich muss auch auf die Möglichkeit vorbereitet sein, dass es
kein
Unsinn ist. In diesem Fall gäbe es zwei Optionen: entweder einen
Abdruck
oder das, was Huw Owen als
Ruhelosen
bezeichnen würde.»
    «Ein ruheloser Geist.»
    «Und in diesem Fall ein wütender Geist, dem die Invasion von Kapuzenpullis und Glitzerschmuckträgern in die Malverns zuwider ist. Und das ist möglicherweise ein sensibles Thema, weil … na ja …»
    «Rassismus. Das wird uns ständig vorgeworfen. Als ob haarsträubendes Benehmen und kriminelle Vergehen aus sogenannten kulturellen Gründen geschützt werden sollten.»
    «Lol vermutet, dass Elgar vor allem von reiner Liebe zu der Landschaft hier angetrieben war und weniger von Patriotismus. Dass er womöglich das
‹Land of Hope and Glory›
irgendwann selbst nicht mehr ertragen konnte. Was meinen Sie dazu?»
    «Ich vermute, dass er Bedenken gegen den Hurrapatriotismus des Textes hatte. Trotzdem war er sein Leben lang eindeutig konservativ eingestellt, das darf man nicht vergessen.»
    «Obwohl er, wie ich eben in einer Broschüre gelesen habe, sehr gut mit dem überzeugten Sozialisten George Bernard Shaw befreundet war?»
    «Nun, das stimmt», sagte Sophie womöglich etwas widerwillig. «Worauf wollen Sie hinaus?»
    «Ich versuche nur, mir eine Meinung dazu zu bilden, ob eine

Weitere Kostenlose Bücher