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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Spielfeld die riesige Ebene der Severn Plain bildete. Der wichtigste Platz allerdings war hier oben, wo sich während des Viktorianismus ein Dorf in einen berühmten Kurort verwandelt hatte, weil man an die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Quellwasser glaubte.
    Das alles war längst vorbei, und Great Malvern war einfach eine lebhafte, pittoreske Stadt in beeindruckender Landschaft. Die meisten Quellen und Brunnen waren nicht mehr zu finden. Wer das reine Heilwasser trinken wollte, erhielt vom Gesundheitsamt den Rat, es zuvor abzukochen, hatte C. Winchester Sparke angewidert erzählt.
    «Wirklich, kein Mensch versteht noch etwas davon. Niemand weiß etwas von der Energie der Quellen. Niemand
feiert
mehr die Quellen. Alles wird unterdrückt, erstickt … genau wie die Quelle von Wychehill, die längst vergessen wurde.»
    «Es gibt eine Quelle in Wychehill?»
    «So heißt es. Es gab eine heilige Quelle in Wychehill, die anscheinend nicht mehr floss, und inzwischen weiß keiner mehr, wo sie gewesen ist. Meine Theorie ist, dass dieser verdammte Steinbruch den Wasserzufluss der Quelle blockiert hat. Das sagt viel über Wychehill.»
    «Was glauben Sie, Dr. Sparke, warum hält die Polizei Tim Loste für den Mörder?»
    «Bitte nennen Sie mich nicht Dr. Sparke. Die Leute hier glauben doch, jeder Amerikaner mit einem Doktortitel hat ihn im Internet gekauft.» Winnie lächelte. «Dort drüben ist ein Reitweg.»
    «Und eine Parkbank sehe ich dort auch», sagte Merrily. «Könnten wir uns setzen? Ich habe heute Nacht kaum geschlafen.»
    «Okay, setzen wir uns. Es ist nur, dass ich ständig das Gefühl habe, mich bewegen, eine Lösung finden zu müssen …»
    Im hellen Tageslicht wirkte Winnie älter. Eine Frau mittleren Alters mit guter Haut und schönem Haar. Sie gingen von der Quelle über einen kleinen Parkplatz zu dem Reitweg und setzten sich auf die Bank.
    «Entschuldigen Sie, ich weiß eigentlich gar nichts über … Sie und Tim Loste?»
    «Wir sind nur Freunde. Und haben gemeinsame Interessen. Tim ist aus einem bestimmten Grund nach Wychehill gezogen. Er hatte geerbt, deshalb konnte er seinen Lehrerjob aufgeben und seiner … Berufung folgen.»
    Merrily wartete ab. Die Sonne schien warm auf ihr Gesicht.
    «Elgar. Die Leute sagen, Tim ist von Elgar besessen … ich hasse dieses Wort, da denkt doch jeder an eine Krankheit und nicht an Inspiration, Kreativität und
Konzentration
. Ist es denn etwas Schlechtes, sich getrieben zu fühlen?»
    «Das hängt davon ab, wozu man sich getrieben fühlt, schätze ich.»
    «Zu dem, was Elgar selbst angetrieben hat. Was ihn zum bedeutendsten Komponisten gemacht hat, der je in diesem Land lebte.»
    «Und weiß Tim Loste, was das war?»
    «Ja, klar. Ich glaube, wir haben es erkannt. Das Ergebnis wird sich in Tims eigenem Stück für Chor und Orchester zeigen, in dem auch die Gestalt Elgars auftritt. Ein großes Werk über die Anstrengung und das Leiden auf dem Weg zur Einsicht in ein großes und wundervolles Geheimnis.»
    «Und Ihre Rolle dabei …»
    «Ich schreibe den Text, das Libretto.»
    Winnie hielt ihren Blick in die Ferne gerichtet.
    «Und
worin besteht
dieses Geheimnis?»
    «Das ist ein Geheimnis», sagte Winnie. «Verdammt, wenn wir in Wychehill wären, hätte ich Ihnen nicht einmal das erzählt. Aber glauben Sie mir, es ist etwas Unglaubliches.»
    «Sie mögen Wychehill nicht?»
    «Ich mag mein Cottage. Ich mag die Aussicht. Ich liebe die Malverns. Nein, Wychehill mag ich nicht, so wie es jetzt ist. Ich habe das Cottage nach meiner Scheidung ziemlich übereilt gekauft, und irgendwann ziehe ich wieder weg. Wissen Sie, in Wychehill betrachten die Leute Tim nicht als wertvolles, sensibles Talent, sondern als eine Art Dorftrottel, als Belastung. Wenn Sie zum Beispiel diesen Idioten Holliday fragen, ob er glaubt, dass Tim den Kerl umgebracht hat, dann sagt er: Kann gut sein, bei seiner Vorgeschichte.»
    «Ich habe gehört, dass er … ein Fenster im
Royal Oak
eingeworfen hat.»
    «Oh, wow, ein Fenster, ja.» Winnie seufzte. «Ja, das hat er getan. Und er hat sich erwischen und anschließend verprügeln lassen. Wer hat Ihnen das erzählt? Syd?»
    Merrily kam ein beunruhigender Gedanke.
    «Wer genau … hat ihn verprügelt, wissen Sie das?»
    «Dieser Bodybuilder-Typ. Die haben dort diese Türsteher … Oh.» Winnie nickte. «Okay, jetzt verstehe ich, woran Sie denken. Dieser Typ, Roland …»
    «Roman.»
    «Ja, genau. Vielleicht war er es, vielleicht aber auch nicht,

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