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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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einzige Licht drang durch ein enges Treppenhaus linker Hand … bis Merrily die Tür am Ende des Flurs aufschob und unvermittelt im hellen Sonnenlicht stand. Es fiel durch ein Panoramafenster, das einen atemberaubenden Blick auf den großen, terrassierten Hochzeitskuchen des Herefordshire Beacon bot.
    Das Beacon-Zimmer. Der Hügel wirkte, als wäre er genau dort hingesetzt worden, nur um hier den größtmöglichen Eindruck zu erzielen.
    «Ziemlich beeindruckend, oder?», sagte Louis. «Und erst als Schauplatz eines Verbrechens! War gestern Nacht beleuchtet wie ein Stadion. Und überall Polizisten.»
    «War es aufregend?»
    «Ja, schon. Ich schätze, wenn es jemand war, den man nicht kannte … Na ja, ich habe ihn vermutlich mal
gesehen
, wenn es der war, an den ich denke. Im
Oak

    «Sind Sie da manchmal?»
    «Gelegentlich. Nicht so oft wie früher. Ist kein schlechter Laden, um … Sie wissen schon … Mädchen.»
    «Ich kann’s mir vorstellen.»
    «Und um Len Holliday und seine Bürgerinitiative zu ärgern», sagte Louis. «Ich habe ja versucht, Verständnis zu zeigen, aber der Kerl ist so …»
    «Ich vermute, Sie bekommen in diesem Tal kaum etwas vom
Royal Oak
mit. Oder von der Straße.»
    «Ja, nicht viel jedenfalls.»
    Merrily sah sich um. Die Einrichtung war elegant und sehr sparsam – abgesehen von riesigen Lautsprechern, beschränkte sich das Mobiliar auf ein Minimum. Es gab CD -Regale und einige Fotos. Über dem herrschaftlichen Kamin hing ein hinter Glas gerahmtes Tourneeplakat von Pink Floyd.
    An der getäfelten Wand über einem Schreibtisch mit lederbezogener Arbeitsfläche hing ein gerahmtes Schwarzweißfoto, das eine Gruppe langhaariger Männer zeigte. Einer davon war … Eric Clapton? Der schlaksige, grinsende Typ am Bildrand war ebenfalls unverkennbar. Er sah aus wie Louis Devereaux mit längerem Haar und buschigen Koteletten.
    Ich war früher selbst ein wilder Bursche.
    «Irre», sagte Merrily. «Ist das …»
    «Dad hatte sehr gute Kontakte. In grauer Vorzeit.»
    «Die Bilder einer vergeudeten Jugend, Mrs. Watkins.»
    Merrily fuhr zusammen. Preston Devereaux stand an der Tür, eine ältere, trübere Gestalt, als sie in Erinnerung hatte, ein arbeitender Mann im grünen Overall und mit der grünen Schirmmütze eines Bauern.
    «Ich kannte ihn nicht besonders gut», sagte er. «Aber so ein Foto wirft man ja nicht weg, oder?»
    «Haben Sie in einer Band gespielt?»
    «Dazu fehlte mir das Talent. Aber ich habe Ende der Sechziger in Oxford ein paar Bands gemanagt. Was damals vor allem hieß, Verstärker zu schleppen und sich um die Bühnenbeleuchtung zu kümmern. Darin war ich richtig gut.»
    «Oh nein, die guten alten Zeiten – ich bin weg», sagte Louis.
    Er verbeugte sich vor Merrily und legte einen theatralischen Abgang hin.
    «Nächste Woche wird er vierundzwanzig», sagte Devereaux. «Benimmt sich aber, als würde er zehn werden.»
    «Wenn Sie damit meinen, er hätte die Pubertät noch vor sich, bin ich aber nicht Ihrer Meinung. Was haben Sie in Oxford gemacht?»
    «Physik studiert.»
    «Und … was ist passiert? Ich meine …»
    «Was passiert ist?» Devereaux ging zu dem Beacon-Fenster hinüber. «
Das
ist passiert. Geschichte. Wurzeln. Kein Entkommen. Man glaubt immer, man könnte davor flüchten. Aber das stimmt nicht. Jedenfalls …»
    Er hatte die Hände auf den Rücken gelegt und sah Merrily an.
    «Für mich gab es auch kein Entkommen, Mr. Devereaux. Was Sie neulich Abend über eine diskrete Erledigung der Sache gesagt haben …»
    «Und haben Sie?»
    Merrily schüttelte den Kopf.
    «Es ist alles zu kompliziert geworden. Wenn ein Mann ermordet wird und wenn ein Ortsansässiger unter Verdacht …»
    «Ortsansässig?»
Preston Devereaux ging beinahe an die Decke. «Es gibt hier keine
Ortsansässigen
, Mrs. Watkins. Deshalb musste ich ja zurückkommen.»
    «Das tut mir leid.»
    «Nein,
mir
tut es leid. Sprechen Sie weiter.»
    «Ich wollte gerade sagen, dass der Verdächtige derselbe Mann ist, mit dem ich unbedingt über … den Radfahrer sprechen muss.»
    «Sie können hier drin Elgar sagen, Merrily.»
    «Danke. Jedenfalls hatte ich nicht die Möglichkeit, mit Loste zu reden. Und inzwischen haben sich noch weitere Fragen ergeben.»
    «Zum Beispiel?»
    «Er war der Erste, der die Erscheinung auf der Straße als Elgar identifiziert hat. Er ist von Elgar besessen. Und was aus dem
Royal Oak
geworden ist, hasst er geradezu.»
    «Ja, das habe ich auch gehört.»
    «Und wenn ihn dieser

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