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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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betrachtete durchs Fenster das Spiel der morgendlichen Sonnenstrahlen auf dem Rasen.
    Was sind Sie eigentlich, Merrily? Ein verdammter Polizeispitzel?
    Sie hatte nachgedacht und exakt den Moment festmachen können, in dem sich Winnie Sparkes Haltung verändert hatte. Es war, als Merrily gesagt hatte, sie sei in Lostes Haus gewesen. Winnie hatte offensichtlich befürchtet, dass Merrily – nicht die Polizei – dort etwas entdeckt und für Annie Howe interpretiert haben könnte.
    Was bedeutete, dass es dort etwas gab, was ihr nicht aufgefallen war.
    Sie rief Syd Spicer an.
    «Sie haben Sparke beleidigt, Merrily. Das geht bei ihr schnell.»
    «Sie hat es Ihnen erzählt?»
    «Ja. Sie hat gern die Kontrolle. Und im Moment kann sie den armen Tim ja schlecht kontrollieren, oder?»
    «Glauben Sie, dass er es getan hat, Syd?»
    «Ich hätte es nicht gedacht, aber die Wahrheit wird sich bestimmt früher oder später herausstellen.»
    «Loste und Winnie, Syd. Was hat es mit den beiden auf sich? Mit der Arbeit an der Musik, dieser Suche nach Elgars Inspirationsquellen. Ich meine, gibt es etwas, das damit in Verbindung stehen könnte und das Sie mir nicht erzählt haben?»
    «Sogar eine Menge, schätze ich. Erstens kann ich nicht beurteilen, was wirklich damit in Verbindung steht. Und zweitens kann ich das Vertrauen eines Gemeindemitglieds nicht missbrauchen. Ich kann Sie in eine bestimmte Richtung lenken, und das habe ich auch getan, aber ich kann nicht weitergeben, was mir im Vertrauen erzählt wurde. Würden Sie das tun? Ja, vielleicht.»
    «Weil ich ein Polizeispitzel bin?»
    «Wenn Winnie Sparke beleidigt ist, hält sie sich nicht zurück.»
    «Warum sammelt Loste Eichen?»
    «Das weiß ich nicht.»
    «Okay, nehmen wir Joseph Longworths Vision. Das klingt nach einer modernen Version dieser alten Geschichten rund um den Kirchenbau. Eine Vision zeigt einem, wo genau man bauen soll.»
    «Dazu gibt es ein paar Unterlagen im Gemeindearchiv. Briefe. Winnie hat Kopien davon.»
    «Könnte ich auch Kopien davon haben?»
    «Warum nicht?»
    «Könnten Sie mir die schicken? Oder mailen?»
    Spicer seufzte.
    «Haben Sie eine Idee, was Winnie Sparke gemeint haben könnte, als sie von einem großen und wundervollen Geheimnis gesprochen hat?»
    «Nein», sagte er.
     
    Anschließend versuchte Merrily vergeblich, die Eltern der beiden Unfallopfer anzurufen. Schließlich wählte sie die dritte Nummer auf ihrer Liste.
    «Wer?», fragte Stella Cobham.
    «Merrily Watkins. Die Beraterin für spirituelle Grenzfragen.»
    «Oh. Hören Sie, Merrily, ich war gerade auf dem Sprung. Könnte ich Sie später zurückrufen?»
    «Es dauert keine Minute, Mrs. Cobham. Ich wollte nur – bevor ich die Einzelheiten festlege – wissen, ob Ihnen der nächste Sonntag passt.»
    «Ich verstehe nicht. Wozu?»
    «Wir haben doch über eine Seelenmesse für Lincoln Cookman und Sonia Maloney gesprochen.»
    «Ach ja.»
    «Es schien allen … recht zu sein.»
    «Ja, also … wissen Sie … ich glaube, wir kommen nicht.»
    «Aber Mrs. Cobham, es war doch Ihr eigener …»
    «Es hat sich alles geändert. Unsere Pläne haben sich geändert. Unsere Zukunftspläne.» Bitteres Auflachen. «Wir schreiben die Scheune zum Verkauf aus. Ich bin gerade auf dem Weg zum Makler in Ledbury.»
    «Einfach so?»
    «Es war eine falsche Entscheidung. Nichts läuft gut, seit wir hier sind. Wahrscheinlich gehen wir nach Amerika. Jedenfalls, was ich damit sagen will … es betrifft uns nicht mehr. Entschuldigung, jetzt muss ich gehen.»
    Klick.
    Merrily schleuderte das Telefonbuch an die Wand.

30 Immerwährende Präsenz
    Merrily hatte vorgehabt, vor dem Mittagessen in ihre Kirche zu gehen, wenn es dort am stillsten war, und das ganze Wychehill-Chaos vor Gott auszubreiten. Ein gründlicher Austausch mit dem obersten Management war längst überfällig.
    Was also tat sie in Lols Bett?
    «Oh, verdammt …» Sie sah ihm in sein unrasiertes Gesicht. «Das ist ein bisschen pubertär.»
    «Ich welcher Hinsicht?»
    Lol rollte sich von ihr herunter. Er wirkte beinahe verärgert.
    «
Nein
, ich …» Sie klemmte sein Bein zwischen ihren ein. «Ich habe gemeint … auf die Kirche zu schimpfen. Auf die Gemeinde. Wenn ich jetzt auch noch dich beleidige, redet überhaupt niemand mehr mit mir.»
    Er lächelte.
    In Lols winzigem Schlafzimmer hatte nur das Bett Platz. Er behauptete, in diesem Zimmer schlafen zu müssen, weil man vom Fenster aus das Pfarrhaus sehen konnte. Das war nett. Aber manchmal fragte

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