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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Grytten
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einem Gebäude arbeiten, das nach menschlichen Exkrementen roch. Der Zeitung sagte er, die Entscheidung sei ganz leicht gewesen, als Investor konnte man nicht an einem Ort leben, von dem man länger bis zum nächsten Flughafen brauchte als von diesem nach London. Er mochte London, zurzeit war er häufig in London. In seinem Büro äußerte der Direktor großes Verständnis für die Entscheidung seines Mitarbeiters. Er war natürlich traurig, hätte Lunde gern dabehalten, aber er hatte Verständnis: Es kommt vor, dass Träume zu groß sind für eine kleine Stadt, nicht wahr, Lunde?
    Arvid Lunde saß wieder bei seinem Chef im Warmen. Direktor Brink war stolz darauf, einen erfolgreichen Investor im Kollegium zu haben, einen Erneuerer, einen Unternehmer, einen Gründer, der der historischen Entwicklung auf hegelianische Weise voraus war. Eines schönen Abends im August organisierte Direktor Brink für seinen steinreichen Studienrat ein Abschiedsfest. Das ganze Kollegium war eingeladen, fast alle waren gekommen, sogar der Disharmoniker war dabei. Sie grillten im Garten oben in Erraflot, sie mixten Drinks und unterhielten sich in kleinen Grüppchen. Gegen Mitternacht nahm Direktor Brink einen Schluck, beugte sich vor und schlug an sein Glas. Nun, ich will nicht viele Worte machen, sagte er, aber eins will ich sagen, und zwar: Es geht uns gut in unserer Sozialdemokratie, aber die Sozialdemokratie ist vor allem für diejenigen gedacht, die nicht auf sich selbst aufpassen können. Das Ego soll seiner Vernunft folgen. Unter uns haben wir einen, dem dies geglückt ist, einen Mann, der es geschafft hat, einen, der sich aus der Masse abhebt. Aus ihrem Liegestuhl war Frau Brink zu hören: Ja, im Gegensatz zu dir. Sie sagte es gerade so laut, dass alle es hörten. Die Direktorengattin saß allein auf ihrem Liegestuhl, hatte sich eine Zigarette angezündet und blickte über Odda. Brink beendete seine Rede mit einem Toast und einer Aufforderung: Lieber Arvid Lunde! Kaufen Sie nicht das Haus, kaufen Sie die ganze Nachbarschaft! Die Leute prosteten sich zu, blieben noch ein paar Sekunden höflich in Grüppchen stehen, erleichtert wie Schüler nach einer Standpauke. Dann stürmten sie zur Küche, füllten ihre Gläser mit Alkohol und Eis und fanden zurück zum Smalltalk.
    In der Nacht versuchte Elise Brink ihr Glück bei Arvid Lunde, als er unten im Gang eine Flasche Martell holen wollte. Ein Mann, der sich einen Martell leisten kann!, sagte Frau Brink und zog Lunde zu sich heran, aber er widerstand. Das hier war nicht der richtige Ort, und er war nicht der richtige Mann. Frau Brink ließ nicht locker, und Arvid Lunde wurde von einem Kollegen überrascht, der vorbeikam, als er gerade mit Frau Brink eine komplizierte Ringkampfvariante ausfocht. Als sie später im Garten saßen, entschuldigte sie sich. Ich weiß einfach nicht, was ich ohne Sie hier machen soll, sagte sie. Ohne mich?, fragte Lunde überrascht. Ja, Sie haben gezeigt, was man erreichen kann, sagte sie. Ich muss fort von hier. Darf ich jemandem einen Martell anbieten?, rief Arvid Lunde den Kollegen zu. Wir brauchen deine Geschenke nicht, rief der Disharmoniker. Lunde nickte nur. Wie viele Millionen ist dein Arsch wert?, fragte der Disharmoniker. Lunde gab keine Antwort. Zwischen ihnen befand sich eine Wand. Arvid Lunde hatte den Weg nach draußen gefunden. Er ließ normale Tage leer und sinnlos erscheinen. Alles, was die Kollegen erwartete, waren Monate der Langeweile. Brink mischte sich in das Gespräch ein, er sagte, die Reichen sollten reich sein dürfen, alle verdienten an ihrem Erfolg. Die radikale junge Norwegischlehrerin regte sich auf. Der Reiche wird also von ganz allein reich?, fragte sie. Die Diskussion wurde im Whirlpool im Freien fortgesetzt. Fräulein Mowinckel, sorglos nach zu vielen Gläsern Sekt, hatte alle eingeladen, ihr zu folgen. Überraschend viele aus dem Kollegium hatten die Kleider abgestreift und waren in den Pool gesprungen. Sie konnten nicht hinter dem prüden Fräulein Mowinckel zurückstehen. Arvid Lunde weigerte sich. Ich habe zu viel gegessen, sagte er. Schließlich überredeten sie auch ihn. Dort saßen sie, schwer vom Grillfleisch und vom Alkohol in der Augustnacht, von einem doppelten Sternenhimmel umgeben, von einem Himmel über ihnen, all die blinkenden Punkte dort oben, von einem Himmel unter ihnen, all die Straßenlaternen, die erleuchteten Läden, die Lichter vom Schmelzwerk und von der Zinkfabrik im Tal. Wir sollen dem Volk dienen,

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