Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
seine Untermieter aus. Er schlug zwar aus jedem Haus und jeder Wohnung Profit, aber nicht in ungebührlicher Weise. Und gleichzeitig verschaffte er Leuten ein Dach über dem Kopf. Rebus wusste, dass vielleicht gewisse Kompromisse nötig sein würden: Wenn er Kirstie sprechen wollte, würde Duggan vielleicht von Rebus erwarten, dass er vor Gericht ein gutes Wort für ihn einlegte - immer vorausgesetzt, es kam überhaupt zu einer Verhandlung. Das District Council würde schon bald durch eine neue Behörde ersetzt werden. Wer wusste schon, was dabei nicht alles an alten Vorgängen im Reißwolf landete?
Plötzlich klickte es in Rebus’ Gehirn. Er begriff etwas, was er schon lange hätte begreifen sollen, und dachte so konzentriert nach, dass er nicht hörte, wie Dr. Keene sagte, wo Rebus schon mal da sei, könne er genauso gut mit den Füllungen anfangen …
Es gab keine Hochrufe, Spruchbänder oder Girlanden, als Rebus wieder in St. Leonard’s hereinspazierte und sich eine Tasse Kaffee einschenkte.
»Wenn ich etwas anmerken dürfte...«, meinte Siobhan Clarke.
»Was?«
»Sie schlabbern sich gerade den Schlips voll.«
Es stimmte: Sein Mund war noch immer betäubt, und so lief ihm der Kaffee ungehindert heraus. Er ging auf die Toilette, rupfte eine Hand voll Papiertaschentücher aus dem Spender, tränkte sie mit Wasser und betupfte sich damit die Krawatte.
»Na, da ist er ja«, sagte Flower, als er schwungvoll die Tür aufstieß, »der sprichwörtliche falsche Fuffziger.«
»Seien Sie nicht so streng mit sich selbst«, gab Rebus zurück. Flower trat ans Waschbecken und überprüfte im Spiegel den Sitz seiner Haare. »Wie ich höre, haben Sie’s fertig gebracht, einen Brand zu legen und anschließend als der tapfere Löscher dazustehen.«
Flower schmunzelte. »Spricht sich rum, wie?«
»Apropos Dinge, die sich rumsprechen, ich hab mich mit jemandem über Ihren Spitzel unterhalten.«
»Welchen?«
»Shug McAnally. Wir hätten uns alle viel Kummer erspart, wenn Sie mir gleich von Anfang an gesagt hätten, dass er für Sie arbeitete.«
»Das ist kaum etwas, was man an die große Glocke hängen kann. Ich meine«, Flower sah sich im Zimmer um, »dass man jemandem einen Spitzel in die Zelle gesteckt hat.«
»Sie haben allerdings keine Probleme damit, es mir jetzt zu sagen. Hatten Sie einen Plausch mit dem D.C.C.?«
»Er meinte, Sie hätten danach gefragt.« Flower sah unnatürlich selbstzufrieden aus. Rebus konnte sich denken, warum.
»Sie glauben, Sie stehen sich gut mit dem D.C.C., was?«
»Na ja, wenn die Sache mit McAnally jemals rauskäme, könnte der D.C.C. Schwierigkeiten bekommen.« Flower zwinkerte. »Er muss mich also bei Laune halten.«
»Sie glauben, Sie haben ihn so oder so in der Tasche. Hätte der Plan geklappt, wäre es Ihr Verdienst gewesen. Wäre die Sache schief gegangen, hätte man sie vertuschen müssen, wozu Ihre Hilfe nötig gewesen wäre. Gunner wäre Ihnen also trotzdem was schuldig. Deswegen haben Sie mich abzublocken versucht: Sie wollten nicht, dass ich an den D.C.C. rankomme - er ist Ihre kleine Investition.«
Flower schmunzelte wieder und strich sich ein aus der Fasson geratenes Haar hinter das Ohr. Aus einer der zwei Kabinen ertönte das Geräusch der Wasserspülung. Flower drehte sich abrupt um und sah den Farmer herauskommen.
Das war für Rebus nicht weiter überraschend: Der Farmer hatte direkt vor ihm die Toilette betreten.
»Morgen, Sir«, sagte er.
Flower hatte es die Sprache verschlagen. Der Farmer streckte ihm den Zeigefinger entgegen. »In mein Büro, Inspector Flower, sofort! « Dann öffnete er die Tür und war weg. Flower wandte sich zu Rebus.
»Sie wussten es! Verdammte Scheiße, Sie wussten es!«
Rebus warf den durchweichten Papierball in den Mülleimer.
Eins zu null.
Jemand habe vorn nach ihm gefragt, hatte es geheißen. Aber als Rebus bei der Anmeldung ankam, war niemand zu sehen. Dann entdeckte er jemanden draußen auf der Straße, der ihn zu sich herauswinkte. Es war Paul Duggan. Er trug wieder seinen langen schwarzen Mantel, aber jetzt hatte er einen Riss im Ärmel und einen weißen Fleck an der Schulter.
»Nicht persönlich nehmen«, sagte er, als Rebus herauskam, »aber ich kann Polizeireviere auf den Tod nicht ausstehen.«
»Es gibt ein Café direkt da -«
Dugan schüttelte den Kopf. »Sie wartet auf uns.«
»Kirstie?« Duggan nickte. »Wo?«
»Haben Sie ein Auto?«
Sie gingen zu Rebus’ Wagen.
Duggan dirigierte ihn die Pleasance
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