Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Duggans Dad saß, Pfeife rauchend, da und las die Zeitung. Er stand auf, um Rebus zu begrüßen. Er war klein wie seine Frau. Da war also der Erzschurke, Paul Duggan, in seiner Höhle.
»Ich will doch nicht hoffen, dass Paul in Schwierigkeiten steckt«, sagte der Vater, die Pfeife zwischen die grinsend gebleckten Zähne geklemmt.
»Natürlich nicht, Mr. Duggan, ich bin nur auf der Suche nach einer Freundin von ihm.«
»Nun ja, Paul wird Ihnen sicherlich helfen, wenn er kann, nicht wahr, Paul?«
»Sicher, klar«, nuschelte Paul Duggan.
»Es geht um Kirstie«, sagte Rebus.
»Kirstie?«, fragte Mr. Duggan. »Der Name kommt mir bekannt vor.«
»Kann sein, dass Paul sie ein-, zweimal hierher gebracht hat, Mr. Duggan.«
»Na ja, Inspector, er bringt schon gelegentlich eine Freundin her - aber nicht etwa zum Knutschen, wohlgemerkt.« Er zwinkerte. »Wir passen da schon auf.«
Die zwei Männer lachten jovial. Der vornübergebeugt auf dem Sofa sitzende Paul Duggan schrumpfte zusehends zusammen. Die Jahre blätterten von ihm ab wie eine Tapete von einer feuchten Wand.
»Ich hab sie nicht gesehen«, sagte er zu Rebus.
»Seit wann?«
»Seit wir sie nach Haus gebracht haben.«
»Hast du eine Ahnung, wo sie stecken könnte?«
Mr. Duggan nahm die Pfeife aus dem Mund. »Ich bin sicher, wenn Paul es wüsste, würde er es Ihnen sagen, Inspector.«
»Haben Sie es in der Wohnung versucht?«, fragte Paul. Rebus nickte.
»Sie ist nicht zufällig in deinem Zimmer, Paul, oder?«
Duggan zuckte zusammen, und sein Vater neigte sich in seinem Sessel vor. »Na, na, Inspector«, sagte er und versuchte wieder ein Grinsen. Versuchte es zu krampfhaft.
»Wo ist Ihre Frau, Mr. Duggan?«
Rebus stand auf und ging in den Flur. Mrs. Duggan war gerade dabei, Kirstie Kennedy aus dem Haus zu schmuggeln.
»Bringen Sie sie lieber hier rein, Mrs. Duggan«, forderte Rebus sie auf.
Und so saßen sie zu fünft im Wohnzimmer, und die Duggans erklärten alles.
»Sehen Sie, wir wissen, wer Kirstie ist«, begann Mrs. Duggan, »und sie hat uns erzählt, warum sie von zu Hause weggelaufen ist, und ich muss sagen, ich kann sie verstehen.« Die Tochter des Lord Provost saß neben ihr auf dem Sofa und starrte ins Kaminfeuer. Mrs. Duggan strich ihr mit der Hand über das Haar. »Kirstie hat ein Drogenproblem, sie akzeptiert das, und wir ebenso.Wir haben uns gedacht, wenn sie davon loskommen will, sollte sie für ein Weilchen hier einziehen, möglichst weit weg von alldem, von all diesen … den Leuten, die ein solches Leben führen.«
»Stimmt das, Kirstie? Du bist auf Entzug?«
Sie nickte und unterdrückte einen Zitteranfall. Mrs. Duggan legte einen Arm um sie. »Schweißausbrüche und Schüttelfrost«, sagte sie. »Mr. Leitch hat uns darauf vorbereitet.« Sie wandte sich zu Rebus. »Er arbeitet im Drop-in-Center Waverley.« Rebus nickte. »Er hat uns alles über den Cold Turkey gesagt.« Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen. »Kalter Truthahn, Kirstie, wie am zweiten Weihnachtstag, hm?«
Kirstie kuschelte sich enger an Mrs. Duggan, als sei sie wieder ein Kind und Mrs. Duggan ihre Mutter... Ja, dachte Rebus, die Mutter, die sie nicht hatte, und hier war ein bereitwilliger Ersatz.
»Sehen Sie«, sagte Mr. Duggan, »wir hatten Angst, Sie wären gekommen, um sie hier wegzuholen. Sie will nicht wieder nach Hause.«
»Sie braucht nicht wieder nach Hause, Mr. Duggan. Sieht man von den Drogen ab, hat sie nichts Unrechtes getan.« Paul und Kirstie schauten ihn an und begriffen, dass er
nicht beabsichtigte, etwas über die vorgetäuschte Entführung zu sagen. »Die Sache ist aber die«, fuhr Rebus fort, ohne den Blick von Kirstie zu wenden, »dass du mir einen Gefallen tun müsstest. Ich habe deine Stiefmutter kennen gelernt, und ich kann durchaus verstehen, dass du keine Lust hast, sie wiederzusehen … Aber was ist mit deinem Vater? Wäre es so schlimm, sich fünf Minuten mit ihm zu unterhalten - nur damit er sieht, dass es dir gut geht?«
Es folgte ein langes Schweigen. Mrs. Duggan flüsterte Kirstie etwas ins Ohr.
»Nein, wohl nicht«, meinte Kirstie schließlich. »Jetzt gleich? Heute Abend?«
Rebus schüttelte den Kopf. »Morgen reicht völlig.«
»Morgen könnte es mir schlechter gehen.«
»Das Risiko gehe ich ein. Nur noch eins: Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, wolltest du mir gerade erzählen, warum du dieses Dokument aus dem Arbeitszimmer deines Dads mitgenommen hast.«
Sie nickte. »Ich hatte gehört, wie er
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