Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
bekommen und sich ein Bild vom Umfang dieser ganzen Bautätigkeit zu machen: neue Straßen, neue Siedlungen... Es war sogar eine neue Autobrücke über den Forth im Gespräch. Aber wo kam das Geld dafür her? Tief in Gedanken versunken, setzte er seinen Weg fort und betrat den HMSO Bookshop. Er hatte noch kaum ein paar Worte gesagt, als der Verkäufer, der
ihn nach seinen Wünschen gefragt hatte, anfing den Kopf zu schütteln.
»Ich bin noch nicht fertig«, schnauzte Rebus ihn an.
Der Mann hörte also weiter schweigend zu, und als Rebus fertig war, meinte er: »Sie könnten es direkt bei Scottish Enterprise versuchen.« Er schlug das Telefonbuch auf, um die Adresse herauszusuchen. Die Zentrale befand sich in Glasgow, aber es gab eine Zweigstelle in Edinburgh: die LEEL, Lothian and Edinburgh Enterprise Limited, eine staatliche Beschäftigungsagentur, mit Sitz auf der Haymarket Terrace - was gemessen an dem Marsch, den er heute schon zurückgelegt hatte, auch nicht mehr allzu weit entfernt war.
Das elegante neue Gebäude, in dem sich die Geschäftsstelle der LEEL befand, wartete mit zwei äußerst gelangweilt aussehenden Empfangsdamen und keinerlei Wachmann am Eingang auf. Rebus erklärte, er brauche allgemeine Hintergrundinformationen.
»Agatha bringt Ihnen alles, was wir haben«, teilte ihm die eine der beiden mit einem professionellen Lächeln mit. »Wenn Sie so lange Platz nehmen möchten...«
Er setzte sich und schmökerte in dem Wust von Faltblättern, die den niedrigen Tisch bedeckten. Er spürte, dass ihm die Waden wehtaten. Das, dachte er, nennt man »Walking«. Manche Leute machten das jeden Tag.
Die Fahrstuhltür öffnete sich, und eine junge Frau kam auf ihn zu. Mit einem nicht minder gekonnt unverbindlichen Lächeln überreichte sie ihm eine aufwändige Mappe, in der sich mehrere Hochglanzprospekte befanden.
»Das ist alles, was wir momentan haben«, erklärte sie.
»Danke, Agatha, sehr schön.«
Da er schon mal in der Nähe war, schaute er im Revier Torphichen auf einen Kaffee vorbei. Davidson war nicht da, dafür aber D.C. Robert Burns. Also unterhielt er sich
mit ihm ein bisschen und kostete das Gefühl aus, wieder unter seinesgleichen zu sein. Dann bat er Burns um einen Gefallen.
»Ich brauche eine Mitfahrgelegenheit nach Haus, Rab«, sagte er. »Aus medizinischen Gründen.«
Zu Hause angelangt, las Rebus das Wenige durch, das er besaß. Er fand nichts über Gyle Park West oder jemanden oder etwas namens Mensung. Die Summe seiner bisherigen Erkenntnisse wies nicht den geringsten Zusammenhang mit Councillor Gillespie auf. Aber immerhin wusste er jetzt, dass Kirstie Kennedy irgendetwas mit Willie und Dixie zu tun gehabt hatte: Wie sonst ließe sich erklären, dass ein Dokument aus dem Besitz des Lord Provost in Willies Schlafzimmer gelandet war? Was er nicht wusste, war, was es dort zu suchen gehabt hatte. Er nahm an, dass Kirstie es aus dem Haus ihrer Eltern mitgenommen hatte, aber warum? Hatte es für sie irgendeine Bedeutung gehabt? Und warum hatte Willie es versteckt?
Sein Telefon klingelte. Es war Siobhan Clarke. »Wo waren Sie die ganze Zeit?«, fragte sie.
»Spazieren.«
» Spazieren? «
»Wie läuft’s in St. Leonard’s?«
»Farmer Watson lässt Brian und mich nicht aus den Augen, und er sorgt dafür, dass wir uns nicht langweilen.«
»Sie sind also zu nichts gekommen?«
»Im Gegenteil, ich hab interessante Neuigkeiten. Councillor Gillespie hat den Aktenvernichter nicht gekauft, sondern gemietet. Es gibt so eine Firma in Stockbridge, die die verschiedensten Büromaschinen verleiht. Wobei mir einfällt, dass Sie, wenn Sie wieder zurückkommen, eine kleine Überraschung erwartet.«
»Was?«
»Die neuen PCs sind angekommen.«
»Gut, ein paar mehr Constables auf der Straße können nicht schaden.«
»Wahnsinn« - ihre Stimme troff von Sarkasmus - »den hatte ich heute noch gar nicht gehört. Wie auch immer, er steht auf Ihrem Schreibtisch, angeschlossen und betriebsbereit.«
»Wann hat Gillespie den Schredder gemietet?«
»Letzten Mittwoch. Er erklärte dem Mann, der ihn bediente, er hätte mehrere Tage lang nach einem geeigneten Gerät gesucht, aber die seien einfach zu teuer in der Anschaffung. Und noch etwas, ich bin endlich beim Konsulat durchgekommen und hab gefragt, ob ich Haldayne sprechen könnte.« Sie schwieg einen Moment. »Die Sekretärin sagte, Mr. Haldayne sei momentan nicht in seinem Büro. Mit Vornamen heißt er übrigens Richard. Ich habe sie gebeten,
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