Ein EKG fuer Trimmel
Urne aus braunem Ton sortiert werden. Immerhin hat ABS im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt eine Belohnung von fünftausend Mark für Hinweise zur Ergreifung des Mörders ausgesetzt: man hat sich immer schon was darauf zugute gehalten, daß man ein wirklich ungewöhnlich sozialer Betrieb ist.
Mit der offiziellen Belohnung von dreitausend sind das jedenfalls achttausend Mark. Ziemlich genau der Betrag, den der verblichene und verbrannte Leiter der Datenverarbeitung des Hamburger Computerzentrums in zwei Monaten netto verdiente.
Die Leiterin des ABS-Rechenzentrums wird ebenfalls an diesem Mittag aus St. Georg entlassen; es hat letztlich doch einen Tag länger als geplant gedauert, denn Jill Biegler wird den Leuten auch hier nicht nur als zartes, sondern auch als sehr hübsches Mädchen in Erinnerung bleiben, und der Stationsarzt hatte sie gern bei sich. »Die Woche über bleiben Sie auf jeden Fall bitte noch zu Hause und schön brav im Bett!« ordnet der Stationsarzt an.
Was der sich so unter Bett vorstellen mag, denkt Jill träge. Dann kommt eine Schwester und sagt: »Draußen wartet ein Herr auf Sie.« Und Jill Bieglers denkt: Bertie! Dieser Idiot!
Im Moment allerdings ist noch nicht Berti der Idiot, sondern der Kriminalmeister Laumen. »Herr Trimmel meint, es wär ganz gut, wenn ich Sie n paar Tage…«
»Daddy«, sagt Jill wütend, wenngleich Laumen kaum ein paar Jahre älter ist, »das schminken Sie sich ja mal besser gleich ab! Ich und n Bulle, ich lach mich krank!«
»Herr Trimmel will’s so«, sagt Laumen.
»Dann soll er gefälligst selbst kommen! Sie jedenfalls beschützen mich nicht gegen meinen Willen!«
»Na schön«, sagt Laumen. Scheinbar geht er weg. In Wirklichkeit beobachtet er von einem Auto aus, wie sie ein Taxi besteigt. Er fährt hinterher und postiert sich dann mit seiner grauen Ente vor ihrer Tür. Es gibt schlimmere Jobs, denkt er relativ heiter.
Kurze Zeit später werden dann oben ein paar Gardinen aufgezogen, und sekundenlang erkennt er Jill am Fenster.
Bertie saß auf dem Bett, als sie ins Zimmer kam, und auf dem Tisch stand ein unheimlich dicker Strauß roter Rosen, den er gekauft hatte, obgleich er nur sehr ungern in öffentliche Läden geht. Da stehen die Blumen jetzt noch und duften vor sich hin, und Jill sitzt im Sessel und sagt sich, daß manche Herrschaften lästig sind wie die Fliegen.
»Also, was ist?« fragt Bertie.
»Du kannst nicht bleiben!« sagt Jill, endgültig entschlossen. »Sie können mich jederzeit wieder zur Vernehmung holen, wegen dem Gas, mein ich! Abgesehen davon, wie soll ich’s der blöden Wirtin beibringen?«
»Die hat mich doch selber reingelassen«, sagt Bertie. »Was da so n paar Blumen ausmachen; n paar Tulpen hab ich ihr auch mitgebracht! Die Alte ist super – ich hab sie gefragt, ob sie was dagegen hat, wenn ich n paar Tage hier bin; da meint sie, sie wär heilfroh, daß endlich mal einer auf dich aufpaßt! Alle alten Leute sind scharf darauf, daß n paar Jüngere im Haus sind – weißte das nicht?«
»Interessiert mich nicht. Du kannst nicht bleiben!«
»Doch!« grinst er. »Wetten?«
»Ich kann’s mir nicht leisten, einen zu verstecken, hinter dem die Bullen her sind!«
»Scheiße!« sagt er daraufhin heftig. »Hab ich dir n Gefallen getan oder nicht? Wußte nicht, daß ich momentan auf dich angewiesen bin?«
»Draußen hängt einer von den Bullen in Lebensgröße rum!«
»Was will der denn?« fragt Bertie entsetzt.
»Mich beschützen… was weiß ich…«
Mit weichen Knien geht Bertie zum Fenster. »Da der Typ mit der alten Ente?«
Sie nickt. Sie hat Laumen unterwegs natürlich keine Minute aus den Augen verloren.
»Aber das ist doch sogar super!« sagt Bertie. Er zieht den Spalt der Tüllgardine sorgsam wieder zu und schließt die Vorhänge. »Unter Polizeischutz sucht mich doch keiner!« Er lacht sich scheinbar halb krank. Dabei steht ihm die helle Angst im Gesicht.
Das lange Haar fällt ihm auf die Schulter. Ein verrückter Typ, denkt Jill, einmal macht er auf abgerückt und knallhart, mit allen Wassern gefixt, gleich danach, als habe er Werthers sämtliche Leiden auf einmal. Großkotzig wie jene Stadtguerilla, die sich sämtliche Cocktails nur aus Kerosin mixt, und im nächsten Augenblick schnappt ihn der Weltschmerz. Vor dem Abi abgehauen, logo auch keine Zulassung zum Studium – Azubi aber oder sonstwas macht er auch nicht. Aber der hübscheste Junge weit und breit, eine Art schöner Jesus, und einmal hat
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