Ein EKG fuer Trimmel
er angeblich auch was geleistet. Oder zweimal – wenn auch zweimal nichts Gutes.
Es ist immer dasselbe, wenn er aufkreuzt. Außer den Blumen hat er Campari gekauft; woher er das Geld hat, weiß er wahrscheinlich selbst nicht mehr. Und irgendwann, danach kann man die Uhr stellen, wird er todernst und besteht auf einer Aussprache, wie er das nennt… Jedesmal, seit er eines schönen Tages Jill Biegler kennengelernt hat, die viel hübschere, arrivierte Schwester seiner Freundin Sandra, und seit Jill, drei Tage später, idiotischerweise mit diesem Kiffer und Hochbahnrevoluzzer ins Bett gestiegen ist.
»Das ist jetzt ein Jahr her, Jill, und ich hab dir von Anfang an gesagt, ich würd mich immer für dich entscheiden! Das hat doch mit Sandras Krankheit gar nichts zu tun, Jill – das hat mit dir zu tun und sonst nichts! Ich könnt doch glatt neben dir her leben, Jill, ich würd dich nie anfassen…« – die Stimme, so hört sich’s an, bricht gleich – »… ich möcht nur immer bei dir sein…«
»Ja, ja, ja…«, sagt Jill gottergeben. Bertie ist einunddreißig, und wenn er das Gefühl dafür, wann er einem auf den Wecker geht, bis jetzt nicht hat, kriegt er’s nie. Es gibt einen einzigen Weg, die Sache abzukürzen.
Jill zieht sich aus, geht ins Bett und muß wirklich nicht lange warten, bis er nachkommt und sie anfaßt, trotz seiner Sprüche. Was anderes hat er sowieso nie im Sinn gehabt, abgesehen davon, daß bei Sandra inzwischen nichts mehr läuft.
Trimmel hat Höffgen inzwischen ins Computerzentrum mitgenommen. Zuerst spielt er zum x-ten Mal an den Türschlössern herum und sagt verdrossen wie eh und je: »Raffinierter als jeder Banktresor!« Drei komplizierte Schlösser übereinander, praktisch in einem.
»Die Spurensicherung hat nicht die geringste Beschädigung festgestellt«, erinnert Höffgen. »Der Mörder muß hier so gut wie zu Hause gewesen sein. Wir sollten immer dran denken; so groß ist die Auswahl an Leuten ja nicht…«
In dem Riesenraum, in respektvoller Entfernung, stehen ein paar Sachbearbeiter herum, ein Systemanalytiker, ein Systemprogrammierer, ein Operator. Trimmel zumindest kennt sich bei der Mannschaft langsam aus.
Er winkt den Operator heran. »Ich hätte da mal n paar spezielle Fragen an Ihren Johnny…«
»Sie können ihn heute direkt fragen«, sagt der Angestellte eifrig, »wir arbeiten im Moment mit Mikrofon – eine ganz neue Sache, wird gerade ausprobiert. Notfalls helf ich Ihnen, die Fragen richtig zu formulieren.«
»Einfach losfragen?« sagt Trimmel ungläubig. »Alles?«
»Sicher… Sie wissen doch, daß wir ziemlich viel gespeichert haben…«
»Ja, dann fragen Sie ihn doch mal über Höffgen…«
Der Computermensch nimmt’s ernst, gleichgültig, ob’s ernst gemeint war oder nicht. »Call Kurzinform Name Höffgen!« sagt er ins Mikro.
Auf dem Bildschirm erscheint die Antwort. Höffgen Kurzinform. Höffgen, Edmund, 36, Kriminalhauptmeister, Behörde für Inneres, ledig, Monatseinkommen nach Besoldungsstufe…
»Stop!« schreit Höffgen.
Der Computer stoppt sofort.
»Was ist denn?« fragt Trimmel verwundert.
»Was geht das die Leute an, was ich verdiene? Ist sowieso wenig genug!«
»Gott, du Seelchen!« sagt Trimmel.
Die zweite Frage, die er sich zurechtgelegt hat, diesmal tatsächlich eine ernsthafte Frage, lautet in der Originalfassung: »Haben die Professoren Lachnitz und Friedrich Wolfram Becker irgendwas miteinander zu tun?«
Der Operator übersetzt: »Call Kurzinforms Namen Lachnitz, Helmut, und Becker, Friedrich!«
Der Computer fragt über seinen Bildschirm zurück: Wollen Sie erst einzeln? Specify?
Trimmel nickt. »Specify!« Wie ein alter Hase.
»Call Kurzinform Name Lachnitz, Helmut!«
Lachnitz Kurzinform. Lachnitz, Helmut Erwin, Professor der Medizin, 54, Behörde für Gesundheit Hansestadt Hamburg, Ärztlicher Direktor – (Chirurgie) – im Krankenhaus Hamburg-Lehnberg, Grundmonatseinkommen (in freier Vereinbarung) brutto DM 6000… Alles in Sekundenschnelle. Und gleich noch die Inform dazu:… Nierentransplantate von Lachnitz, Helmut Erwin, angeboten am…
»Stop!« sagt Höffgen, abermals verärgert. Das muß ja nicht sein: ausgerechnet jetzt wird Trimmel daran erinnert, daß die Patientenliste immer noch nicht fertig ist. »Das kennen wir auch schon…«
»Weiter!« sagt Trimmel.
»Call Kurzinform Name Becker, Friedrich!«
Der Bildschirm: Becker Kurzinform. Becker, Friedrich Wolfram, Professor der Medizin, 58, Bad Wildungen.
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