Ein EKG fuer Trimmel
besprochen werden?« fragt Trimmel so behutsam wie möglich. »Wo ich immer noch diese Kopfschmerzen hab?«
»Nein, sicher nicht heute«, sagt Gaby tapfer. »Aber einmal wirst du dir die Zeit nehmen müssen…«
Telefon – laut wie eine Schiffsglocke. Selten war Trimmel so erleichtert. »Hallo?«
»Höffgen!« Wenn’s bei Trimmel unverhofft klingelt, ist es in aller Regel Höffgen. »Professor Lachnitz hat gestern abend schon wieder ne Niere verschenkt!«
»Woher weißt du das?«
»Fällt quasi in unseren Amtsbereich«, meint Höffgen. »Der Spender starb nach einer Messerstecherei in Wandsbek. Als wir der Sache nachgingen, waren wir plötzlich ganz von selbst bei Lachnitz in Lehnberg. Da hatt er diesen Jakobs schon ausgeschlachtet…«
»Jakobs?« fragt Trimmel.
»Ja, so hieß er. Walter Jakobs, n ziemlicher Schläger; war vorauszusehen, daß der nicht im Bett stirbt. Den Täter haben wir schon; wenn er Glück hat, kommt er mit Notwehrüberschreitung davon, denn Jakobs hat ihn vorher übel zugerichtet, bevor er das Messer…«
»Und die Niere?« fragt Trimmel nervös. Sein Herz macht einen Sprung.
»Nee, nee, auch diesmal nicht Bad Wildungen!« sagt Höffgen und wundert sich einmal mehr. »Die ist nach München geflogen und sofort verpflanzt worden. Eine Frau Herta Blitter; keine Beziehungen zu Lachnitz!«
»Wieso hast du eigentlich damit zu tun?« will Trimmel wissen. »Hatt ich dich nicht weggeschickt?«
»Na ja…« Höffgen macht eine stolze Kunstpause. »War ja kein so ganz großer Fall. Und bei Ihnen zu Hause hat sich zu der Zeit keiner gemeldet; also hat man mich…«
Daß Trimmel die halbe Nacht im Büro gesessen hat – darauf sind die Idioten offenbar nicht gekommen. »Ich ruf gleich zurück«, sagt er. »War gestern ziemlich spät…«
Gaby sitzt mit großen Augen, die längst keine Fragen mehr stellen, am Tisch. Sie streicht ein Honigbrötchen. »Soll ich dir was packen? Fährst du weg?« Im Grunde wäre sie wirklich eine gute Polizistenfrau.
»Ich weiß nicht«, sagt Trimmel ratlos. »Vor allem weiß ich nicht, wohin…«
Zehn Minuten lang denkt er dann mit wirrem Kopf darüber nach, ob er Lachnitz – mit dem nötigen Nachdruck – bitten soll, gemeinsam mit ihm zu Becker nach Bad Wildungen zu fahren. »Dieser Lachnitz eskaliert!« sagt er zu Gaby, wenngleich die den Fall nur in Umrissen kennt. Aber was bringt’s? sagt er sich – entweder der eine oder der andere. Gemeinsame Sache haben die beiden ja bestimmt nicht gemacht, als es um die Ausschaltung von Tennessy ging; ein derart gigantisches Komplott war’s im Endeffekt sicher nicht.
»Ich fahre nach Wildungen!« sagt er unvermittelt; ein für allemal, er glaubt, er hat erst wieder Ruhe, wenn er den Exoten unter Kontrolle hat. »Allein!«
»Was heißt das?« wundert sich Gaby. »Wolltet ihr ursprünglich zu mehreren fahren?«
»Ach, ist mir nur so rausgerutscht…«
Während Gaby seine Reisetasche packt, bestellt er telefonisch einen Dienstwagen mit neutralem Kennzeichen. Zweck der Reise: Ermittlungen im Mordfall Tennessy – zwangsläufig einigermaßen pauschal. Zur Zeit, sagen sie daraufhin, haben sie nur einen bereits recht betagten Mercedes 200. »Ist ja gut«, sagt Trimmel ungeduldig, »schickt ihn mir nach Hause, ich komm bestimmt heil wieder zurück…«
Warum sagt er das? denkt Gaby.
Der Wagen kommt; Trimmel nimmt Kfz-Schein und Schlüssel in Empfang. Und ist schon fast weg, als er zurückläuft, weil er ja Höffgen anrufen wollte. »Hör zu – wenn ich mich bis um elf nicht aus Wildungen melde, laß dir meinen Schreibtisch aufmachen; dann tu das, was du für richtig hältst!«
»Ja, ja…«, sagt Höffgen. Er hat schon Bauklötze gestaunt, als er von der Fahrbereitschaft hörte, was da läuft; er hält die Tour für komplett blödsinnig. »Soll ich nicht wenigstens mitkommen?«
»Nee, nee – das heißt… für den Fall, daß… Also, warum Lachnitz… soll aber rechtzeitig sagen, wenn er wieder Nieren auspuhlt…« Schrecklich ungereimtes Zeug.
Dann, endlich, startet Trimmel durch. Er fühlt sich hundsmiserabel, jetzt ganz eindeutig vom Kopf her. Er muß sich unheimlich zusammenreißen, zu den Elbbrücken und zur Autobahn nicht wie ein total Betrunkener zu fahren. Vielleicht liegt’s daran, daß er selten Mercedes gefahren ist.
Die Autobahn nach Kassel, dann noch an die vierzig Kilometer über die Dörfer. Jeder einzelne Kilometer tut ihm weh, in jedem Dorf möchte er in die nächste Kneipe
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