Ein EKG fuer Trimmel
Brauer so lange am Leben gehalten hat, oder ob’s echt bloß n Fall für sich ist, sozusagen n umgekehrter Mord…«
»Am heiligen Samstag!« murmelt Petersen.
»Gerade wir können uns die Feiertage nicht aussuchen!« erwidert Höffgen. Er entwickelt sich schnell zu einem Bündel an Autorität. »Ruf mich von unterwegs an. Ich bleibe hier, falls Trimmel sich meldet…«
»Hoffentlich wartest du, bis du schwarz wirst!« mault der Kollege mit dem schwarzen Anzug und macht die Tür hinter sich zu. Allzu böse hat er’s gar nicht mal gemeint, aber in Höffgens Ohren klang’s wie ein Bannfluch.
Trimmel, hilf!
Er geht für alle Fälle nochmals zur Kriminalwache. »Sobald ihr Trimmel in der Leitung habt, stellt ihn zu mir durch oder gebt mir Bescheid…«
Irgendwie ahnt er, daß er lange warten muß.
Es ist alles ein bißchen wie ein Löwe ohne Kopf. Höffgen ist kein Trimmel, noch lange nicht; weiß der Himmel, ob er jemals einer werden wird. Immerhin jedoch hat der Praktiker Höffgen seinem Meister einiges abgeguckt; so schlecht also ist es nun auch wieder nicht, was er hier veranstaltet.
Laumen hat Sandra Biegler nicht angetroffen; weiß der Kuckuck, wo eine angeblich derart kranke Person sich dauernd rumtreibt! Und weil heute sogar nicht mal diese widerliche Nachbarin da ist, startet er gleich durch und parkt schließlich vor dem Haus in der Wiedestraße, in derselben Lücke, in der er nachts geparkt hat. Er läutet bei Biegler, überlegt noch, wie er’s diesmal am besten anstellt mit Jill – aber da öffnet Frau Herzog.
»Tag, Frau Herzog, mein Name ist Laumen… ich hätte gern Fräulein Biegler gesprochen.«
»Die ist nicht da!« sagt Frau Herzog.
»Dann würd ich Sie ganz gern sprechen«, sagt Laumen.
»Mich? Wer sind Sie denn überhaupt?«
Laumen sieht diskret hinter sich – im Treppenhaus ist weit und breit kein Mensch. Trotzdem sagt er’s flüsternd: »Kriminalpolizei!«
»Um Gottes willen!« sagt Frau Herzog erschrocken. »Was wollen Sie denn nun schon wieder?«
Laumen folgt ihr in die Diele; sie verschließt sorgsam die Wohnungstür. »Es geht noch mal um den schwarzen Handschuh bei dieser Gasgeschichte mit Fräulein Biegler. Zeigen Sie mir am besten erst mal… was haben Sie denn?«
»Im Augenblick können wir schlecht stören«, sagt Frau Herzog zögernd.
»Wieso denn?«
»Fräulein Biegler hat Besuch«, flüstert Frau Herzog, »sie ist nicht da, aber sie hat Besuch…«
»Ja, und?«
Da lächelt Frau Herzog ausgesprochen verschämt.
Laumen kommt dahinter: es handelt sich um einen Mann!
»Na schön, aber warum kann ich nicht trotzdem mal reingehen?« Er klopft an Jills Tür. Es passiert nichts. »Hallo!« sagt er. Es bleibt immer noch mucksmäuschenstill.
Frau Herzog mischt sich ein. »Ich bin’s – machen Sie bitte mal auf! Hier ist ein Herr von der Polizei, der will bei Ihnen und im Bad was nachgucken!«
Gleichzeitig drückt Laumen die Klinke runter, und die Tür geht auf – sie war gar nicht verschlossen. Im selben Moment aber schleudert er die Klinke erschrocken so heftig von sich, als sei es eine Schlange; die Tür kracht gegen die Wand und macht dort ein ziemliches Loch.
Auf dem Sims des offenen Fensters steht ein gutaussehender, langhaariger junger Mann. »Hauen Sie ab, sonst spring ich!« zetert er dramatisch.
»Mach keinen Scheiß!« sagt Laumen fassungslos. »Ich will doch überhaupt nichts von… von Ihnen!« Zu Frau Herzog sagt er: »Was hat er denn?«
Aber sie steht da bloß herum und starrt an ihm vorbei und weiß es auch nicht.
Laumen geht wie in Zeitlupe auf den Mann zu. »Komm runter, das bringt doch nichts! Ich freß Sie doch nicht… Liegt doch gar nichts an…«
Der klettert der Junge – sehr ernst war’s ihm offenbar doch nicht mit seinem Freitod – tatsächlich zögernd vom Fensterbrett und drückt sich an die Zimmerwand.
»Wovor haben Sie den eigentlich Angst?« fragt Laumen, dem plötzlich die Knie zittern.
»Vor Ihnen sicher nicht!« sagt der Mann pampig.
»Kann ich mal Ihren Ausweis sehen?«
»Hab ich nicht hier!«
»Führerschein? Irgendwas…?«
»Liegt alles am Hauptbahnhof«, sagt der Typ, »im Schließfach. Bin gestern erst angekommen.«
Laumen, der schließlich anderes im Kopf hat, hätte die Geschichte unter Umständen sogar auf sich beruhen lassen, aber Frau Herzog ist jetzt erkennbar entrüstet. »Also, das stimmt nicht!« sagt sie. »Seit zwei Tagen ist er schon hier! Außerdem ist er mir sowieso langsam verdächtig
Weitere Kostenlose Bücher