Ein Elefant im Mückenland
ließen sie Emilia in der Nähe des Hauses auf einem Feld fressen und ausruhen. Bäuerin Kaarina war bereits aufgestanden, sie bereitete ein Frühstück für alle. Anschließend wünschten Eljas
und der Kaufmann Lucia und Paavo eine gute Reise und fuhren zur Glasfabrik zurück, um sauber zu machen.
Lucia machte sich ein Bett auf Emilias Sattel. Sie schlief darin wie in einer Wiege, denn der Sattel schau-kelte sacht, während Emilia am Waldrand Erlenzweige fraß. Paavo kroch drinnen im Haus in seine Hälfte des Ehebettes. Der Wortwechsel des Ehepaars um die Schlafcouch war inzwischen vergessen, dennoch kam Kaarina nicht mehr ins Schlafzimmer, sondern erklärte, sie wolle sich waschen und anziehen. Außerdem wolle sie letzte Reisevorbereitungen treffen. Lucia und Paavo sollten zum Mittagessen ins Speisezimmer kommen, bis dahin sei alles fertig, versprach sie.
Während Lucia und Paavo schliefen, rief Kaarina bei einer Versicherungsgesellschaft in Pori an und schloss für beide eine Reiseversicherung ab. Emilia versicherte sie nicht, denn das wäre viel zu teuer geworden. Ein Elefant wurde in diesen Fragen einem Rennpferd gleich-gestellt, und wenn man sein Gewicht mit dem eines normalen Pferdes verglich, ergab sich eine Versiche-rungssumme von fast tausend Mark. Kaarina entschied, wenn der Elefant sich das Genick brechen und sterben würde, so wäre das kein großer Schaden für die Besitze-rin, sondern Lucia wäre höchstens erleichtert. Ein toter Elefant wurde in den afrikanischen Savannen nicht gebraucht.
Paavo hatte bereits früher in vielen Ortschaften ange-rufen, die an der geplanten Wegstrecke lagen, und Ver-einbarungen für Emilias Fütterung getroffen. Nun war noch zu klären, welche Schiffe im Sommer und speziell gegen Ende des Sommers im Kanal unterwegs waren. Ebenso die Frage, ob man bereits jetzt den Frachtraum bestellen oder noch ein paar Wochen warten sollte, wenn der genaue Ankunftstermin feststand.
Kaarina rief ihren Verwandten Armas Toivonen an, der als Skipper den Kanal befuhr, und er sagte, dass er den Elefanten eigentlich jederzeit an Bord nehmen könnte. Sein Schiff Marleena transportierte einmal pro Woche Stückgut nach Rostock, und von dort gab es gute Verbindungen nach überall in der Welt. Man könnte den Elefanten also zunächst nach Deutschland bringen, und von dort könnte er mit einem Ozeanliner nach Indien oder Afrika fahren.
»Die Tour nach Deutschland kostet nicht viel, unter Verwandten gebe ich Rabatt«, versprach Armas.
Kaarina packte saubere Kleidung in Paavos Koffer. Sie überlegte, ob sie den Overall einpacken sollte, den er bei der Feldarbeit benutzte, oder lieber leichte Freizeitklei-dung, und entschied sich für Letzteres. Sicherlich würde der Elefantenmarsch für Aufsehen sorgen, nicht nur bei der gewöhnlichen Landbevölkerung, sondern auch in der lokalen Presse, vielleicht sogar bei Funk und Fern-sehen. Es wäre übertriebene Bescheidenheit, den Bau-ern in Arbeitskleidung und lehmigen Stiefeln auf Reisen zu schicken. Die Leute würden denken, dass sie, Kaarina, unfähig war, ihren Mann zweckentsprechend auszustatten.
Kaarina hatte rechtzeitig zwei Kühltaschen besorgt, außerdem mehrere Fahrradtaschen und Wasserbehälter aus Kunststoff. Nun packte sie deftige Wegzehrung für eine ganze Woche und natürlich für zwei Personen ein und füllte die Behälter mit Wasser. Dazu kamen noch die beiden Kühltaschen voller Aufschnitt, Fisch und Käse. Für all das ging der ganze Vormittag drauf, aber nebenbei wurde auch das Mittagessen fertig. Als Lucia und Paavo aufstanden, jeder von seiner Lagerstatt, war alles fertig.
Vor dem Essen duschte sich Paavo und karrte Kartof-feln, Möhren und leicht vertrocknete Äpfel, die aus Taisto Ojanperäs Laden stammten, vor Emilias Rüssel.
Als sie gegessen hatten, gingen sie daran, Emilia zu beladen. Paavo konnte nicht begreifen, wie Kaarina all die Vorbereitungen geschafft hatte. Er schämte sich, wenn er daran dachte, wie er sie der Untreue bezichtigt hatte und wie sie ihn jetzt für die lange Wanderung mit einem Elefanten und einer jungen Frau ausstattete. Das zeigte doch ganz deutlich, dass sie eine reizende und vertrauensvolle Frau war, die ihren Mann liebte und niemandem etwas Böses wollte.
Am unteren Rand des Sattels waren Haken ange-bracht, hier wurden die Taschen eingehängt. Die Last wurde auf beide Seiten gleichmäßig verteilt, damit der Sattel im Gleichgewicht blieb. In den Bettkasten der Couch kam die Bettwäsche, die
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