Ein Elefant im Mückenland
Finnlands einzukalkulieren. Aber es würde sich garantiert lohnen! Es erwartete sie das schönste Abenteuer, das man sich denken konnte.
Lucia und Paavo waren begeistert. Sie gingen hinüber in die Fabrikhalle, um Emilia zu erzählen, dass die Reise bereits vor Mittsommer losginge. Die Feldarbeiten waren erledigt, der Mietvertrag für die Glasfabrik lief aus, der finnische Sommer wartete.
Emilia begriff natürlich nicht, was Lucia und Paavo ihr da so eifrig erklärten, aber die Stimmung verstand sie gut. Ihr schien, als befände sie sich wieder im Zir-kus.
DER SCHAUKELSTUHLMEISTER
FERTIGT EINEN ELEFANTENSATTEL Meister Eljas Leistilä entwarf einen zweisitzigen Elefan-tensattel. Er bestellte in der nahen Lederfabrik von Friitala zehn Meter Riemen, drei Zoll breit und vier Millimeter dick, aus denen er gleich in der Fabrik das Sattelgeschirr anfertigen ließ. Das Gerippe des Sattels machte er aus Eberesche, denn das war ein festes, zugleich aber elastisches Holz. Für das Geländer holte er sich trockene Birke. Als eigentlichen Sitz wählte er die zweisitzige Schlafcouch Rondo aus einem Einrichtungs-geschäft in Pori, ein leichtes Möbel, das für Studenten-buden gedacht war. Die Rechnungen für all diese Ein-käufe ließ er an Landwirt Paavo Satoveräjä auf Gut Köylypolvi schicken.
Paavo bezahlte die Rechnungen ohne zu murren, wusste er doch, dass es sich um Materialkosten für den Elefantensattel handelte. Aber als er die Rechnung des Möbelgeschäftes für die Schlafcouch öffnete, konnte er nicht gleich die Verbindung zum Sattelmacher herstel-len. Er glaubte, seine Frau Kaarina sei in ihrer Unver-schämtheit so weit gegangen, dass sie ihn sogar das Lotterbett bezahlen ließ, das sie für ihren unsittlichen Lebenswandel benötigte. Bei den Eheleuten herrschte nämlich schon seit Jahren ein gewisses Misstrauen hinsichtlich der ehelichen Treue des jeweils anderen. Paavo hielt sich für einen halbwegs anständigen Partner, der sich nur selten von seinem Trieb auf den Weg in die hoffnungsvollen Betten fremder Damen leiten ließ. Seine Frau verdächtigte er dagegen schon lange des außerehe-lichen Beischlafs, obwohl er bisher noch keine Beweise gefunden hatte. Nun, einiges sagte vielleicht doch die Tatsache aus, dass Kaarina am nahen Waldrand ein kleines Gästehaus hatte errichten lassen, an einem Ort also, der abseits lag und vom Haupthaus her nicht eingesehen werden konnte und an den der passende Gespiele unauffällig direkt von der Landstraße her ge-langte. Aber jetzt war die untreue Gattin zu weit gegan-gen! Kaarina war frech genug gewesen, ein Bett für ihr Liebesnest zu bestellen! Feuerrot im Gesicht und mit der Rechnung in der Pranke stürmte Paavo ins Esszimmer, wo seine Frau scheinbar nichtsahnend den Mittagstisch deckte.
Paavo knallte die Rechnung auf den Tisch und wetter-te heftig, wie es ein Bauer aus Satakunta nur äußerst selten tat, er warf seiner Frau Untreue, Arglist und Frechheit sowie noch viele andere Sünden vor, die wir hier nicht unbedingt wiederholen wollen. Wütend pro-phezeite er unter anderem, dass der jahrhundertealte Familienbesitz unaufhaltsam den Bach hinuntergehen würde, weswegen sich all die Leichname der aufopfe-rungsvollen Vorväter bis zur absehbaren Zwangsverstei-gerung im Grabe umdrehen würden.
Kaarina prüfte übertrieben ruhig die Sofarechnung und bemerkte dann trocken, dass Meistertischler Eljas Leistilä offenbar in einem Möbelgeschäft in Pori eine Schlafcouch bestellt habe. Sie gab ihrem Mann die Rechnung zurück, und er las sie genauer. Als er Eljas' Unterschrift entdeckte, verschwand die Röte der Eifer-sucht von seinem Gesicht, und an ihre Stelle trat das düstere Grau der Reue.
»Du hast das ganze Frühjahr hindurch deine Zirkus-clownexpedition planen dürfen, und ich habe kein Wort dazu gesagt, und jetzt kommst du daher und brüllst wegen einer Rechnung herum, von der ich überhaupt nichts weiß«, sagte seine Frau, ohne die Stimme zu heben.
Paavo stürzte verwirrt aus dem Zimmer. Im Flur hörte er noch Kaarinas lakonischen Schlusssatz:
»Du hättest dir statt des Elefanten eine Sommerkatze nehmen sollen.«
Paavo fuhr im Aufruhr der Gefühle zur Glasfabrik, öffnete die Halle und trat zu Emilia. Sie begrüßte ihn, inzwischen ein vertrauter Gefährte, indem sie freundlich brummte. Paavo erzählte ihr, wie er vorhin grundlos seine Frau beschimpft hatte, er sprach mit ihr wie mit einem Pferd, denn die verstehen ihren Herrn bekannt-lich oft besser als die
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