Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
schmecken. Emilia lag am Seeufer und schlief. Sie schien irgendeinen Elefanten-traum zu haben, ihr Rüssel vibrierte, und die Ohren wedelten im Takt der Wellenbewegungen. Lucia schluchzte und sagte, dass sie es nie fertig bringen würde, aus diesem rührenden Tier Fleisch machen zu lassen. Sie wunderte sich über sich selbst, dass sie in Luvia versucht hatte, Emilia an den Schlachthof zu verkaufen. Jahrelange Freundschaft konnte man un-möglich durch einen Totschlag beenden. Paavo sagte darauf, dass sich die Leute in den Viehzuchtbetrieben jedes Jahr von den Rindern trennen mussten, die sie aufgezogen hatten. Der Tod lieb gewordener Zöglinge, das war das Leben der Bauern.
    »Gerade aus dem Grund halten Kaarina und ich kein Milchvieh. An das Schlachten von Tieren gewöhnt man sich nie.«
    Lucia fragte, ob Kaarina eine eifersüchtige Frau sei. Wie konnte sie es nur fertig bringen, ihren Mann wo-chenlang mit einer anderen durch Finnland stromern zu lassen? Sie konnte doch bestimmt ahnen, dass zwei erwachsene Menschen dabei nicht ganz tugendhaft blieben, zumal sie noch Tag und Nacht gemeinsam im selben Sattel reisten.
    Paavo vermutete, dass Kaarina sich bereits vor Jah-ren an den Gedanken gewöhnt hatte, dass ihr Ehepart-ner nicht hundertprozentig treu war. Außerdem hatte sie vielleicht selbst einen Liebhaber, wer weiß. Aber der Besitz hielt die Bauernehepaare zusammen. Eine Schei-dung bedeutete die Teilung des Hofes, und zugleich auch den Verlust des Berufes oder zumindest eine Hal-bierung der Einkünfte.
    »Bauern lassen sich nicht scheiden.« »Würdest du mich heiraten, falls Kaarina sich schei-
    den lässt?«
    »Würde ich, wenn du hundert Hektar Feldfläche hät-test.« Die Sonne ging erst um Mitternacht unter, es war ja Mittsommer. Der melancholische Schrei eines Pracht-tauchers war aus dem Kieferngehölz am Ufer zu hören. Vom Wasser stieg Nebel auf, im See sprang ein Fisch. Ein paar matte Sterne erschienen am Himmel. Lucia und Paavo legten sich in Emilias Sattel schlafen. Die Nachtluft war frisch, die Laken dufteten nach Heu. Lucia murmelte mit schläfriger Stimme:
    »Dies ist ein herrlicher Sommer, auch wenn ich keine Felder besitze.«
    Das Paar schlief fest bis zum Morgen. Als sie erwach-ten, stand die Sonne schon hoch am Himmel, es war zehn Uhr. Emilia watete bereits im flachen Wasser.
    Paavo entzündete ein Feuer und fütterte den Elefan-ten. Lucia kochte den Morgentee. Von der abendlichen Mahlzeit war eine ganze Räucherbrachse übrig, die Lucia in der Pfanne wärmte. Gleichzeitig machte sie Brot warm, auf dem die Butter schmolz. Kaum jemand kann sich vorstellen, wie lecker gewöhnliche Räucherbrachse auf Pelmeni draußen in der Natur schmeckt.
    EINE U-BOOTS-WERFT
    IM HERZEN VON HÄME
    Als Lucia und Paavo in die Seenlandschaft von Häme kamen, gerieten sie eines Morgens auf eine Zufahrts-straße, auf der jemand Dutzende leerer Zweihundert-Liter-Blechfässer abgestellt hatte. Genau gezählt waren
    es hundertvierzehn Stück. Für welchen Zweck waren die wohl vorgesehen? Der Gedanke, eine Fabrik könnte all die leeren Fässer in die Einöde geschafft haben, erschien abwegig. Der Ort befand sich am westlichen Ende des Tupurlanjärvi, an einer langen, fjordähnlichen Bucht mit steilen Ufern, die zum großen Kulovesi gehörte. Es war kaum vorstellbar, dass ein klar denkender Mensch hierher diese riesige Anzahl leerer Blechfässer schaffte.
    Lucia und Paavo ritten auf der schmalen Straße wei-ter, bis sie ans Seeufer gelangten. Dort standen mehrere Sommerhäuser, und eines davon bot einen Anblick, dass die Reiter ihren Augen nicht trauten. Auf dem Hof des Hauses stand ein halbfertiges fünfzig Meter langes U-Boot im Bau.
    Das Sommerhaus war recht bescheiden, Stube mit Sauna. Dahinter lag ein kleiner Kartoffelacker, und am Waldrand stand ein Schuppen. Der Hof war übersät mit allerlei Baumaterial, es gab eine Schweißmaschine und einen Stapel dicker Stahlstangen. Etwa ein Dutzend Blechfässer waren seitlich aufgeschnitten und die Ble-che säuberlich aufgestapelt worden. Es war sofort er-kennbar, dass all die Blechfässer an der Straße als Material für die Außenhaut des U-Bootes dienen sollten. Der Rumpf lag auf stabilen Böcken unmittelbar am Ufer. Am Bug war bereits auf etwa fünfzehn Metern ein eini-germaßen glatter Mantel aus Blechen aufgeschweißt. Die Form des Bootes war gut zu erkennen, es sah sehr imposant aus. Aus dem Inneren war dumpfes Dröhnen zu hören, dort ging jemand mit harter Hand zu

Weitere Kostenlose Bücher