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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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wenn nicht sogar fünfzehn waren zerstört.
    Paavo hörte zwangsläufig alles mit an und wurde furchtbar wütend. Stehenden Fußes marschierte er zu den Fischern hin und verlangte eine Erklärung. Ob sie denn nicht begriffen, dass es sich um ein reines Unglück handelte, das hätte vermieden werden können, wenn die Netze richtig gekennzeichnet und wenn zwischen ihnen entsprechende Abstände zum Beispiel für die Schwimmbahn eines Elefanten gewesen wären.
    »Seht ihr diese Fäuste?«, bullerte er. Es kam zu einem heftigen Wortwechsel, der in Hand-
    greiflichkeiten endete. Lucia eilte zu Hilfe. Sie schwenkte drohend das Filiermesser und verkündete, sie werde die Fischer skalpieren, wenn sie ihren Reisegefährten nicht in Ruhe ließen. Sie sagte, sie könne es durchaus mit Männern aufnehmen, habe ihre Erfahrungen aus Sibi-rien, und sogar die Kraftmenschen des Großen Moskau-er Zirkus hatten sich einst vor ihr gefürchtet.
    Auch Emilia erwachte, sie drehte ihren gewaltigen Kopf zu den Streithähnen um, und als sie auch Lucia und Paavo im Lichtkreis des Feuers entdeckte, entrang sich ihrem Rüssel ein qualvolles Geheul, und aus ihren Augen rannen große Tränen. Sie betrachtete hilflos die streitenden Menschen. Sie stand nicht auf, hatte nicht die Kraft dazu, sie konnte nur noch weinen. Die Schlä-gerei endete auf der Stelle. Am Johannisfeuer breitete sich verblüfftes Schweigen aus. Niemand hatte zuvor eine unschuldige Kreatur weinen gesehen, es war ir-gendwie unbegreiflich rührend.
    Betreten boten die Fischer Lucia und Paavo die Ver-söhnung an. Die beiden brauchten die Netze auf keinen Fall zu bezahlen, es war klar, dass es sich um ein bloßes Versehen gehandelt hatte. Auch Paavo beruhigte sich schließlich, man reichte sich die Hand, schloss Frieden. Lucia und Paavo gingen zu Emilia, tätschelten ihr den Hals und die Stirn, redeten sanft auf sie ein, Lucia trocknete ihr mit einem Handtuch die Tränen. Emilia seufzte tief und schloss wieder die Augen. Jetzt ging es allen wieder gut, Paavo, Lucia, Emilia und den einheimi-schen Fischern – zumal jene mehrere Eimer voller fri-scher Brachsen hatten, die sie die ganze Nacht hindurch in der Glut des Lagerfeuers rösteten.
    TURBULENTES JOHANNISFEST
    IN DER FINNISCHEN WILDNIS
    Am Johannistag verlor die Königin des Waldes, eine wackere Bärin, zweimal ihre Krone, und um ein Haar wären auch noch ihre beiden Jungen dabei ums Leben gekommen. Es ergab sich, dass sie deutlich einen gro-ßen Elchbullen witterte, der in der Nähe Birkenschöss-linge abfraß, und beschloss, ihm den Garaus zu ma-chen.
    Bevor sie sich auf den Weg machte, schickte sie ihre beiden Jungen, die die Größe von Lämmern hatten, auf eine hohe, mit Flechten bewachsene Kiefer. Die beiden Wollknäuel fanden das lustig und beäugten neugierig die Waldlandschaft, die sich unter ihnen ausbreitete. Mit besonderem Interesse beobachteten sie allerdings ihre liebe Mutter, die in scharfem Trab zu dem Elch unterwegs war, der nichtsahnend im Gebüsch stand. Bald jedoch wurden sie auf ein lautes, dröhnendes Geräusch aufmerksam, das von einer großen gelben Universalmaschine, einer Ponsse, ausging. Diese Forst-maschine bekam einst ihren Namen nach einem streu-nenden Hund, der sich dem im Maschinenbau tätigen Waldarbeiter Einari Vidgren angeschlossen hatte. Einari gab der von ihm entwickelten Maschine den Namen des schönen und treuen Tieres.
    Zwar war Johannistag, aber der Fahrer war trotzdem zu seinem Arbeitsplatz hinausgekommen. Er wollte die Maschine vor Beginn der Feiern noch umsetzen, und zwar zu der neuen Einschlagstelle, wo er für einen Bau-ern sechs Hektar Kiefernwald fällen sollte, die dieser an die Holzfabrik verkauft hatte. Auf dem Weg dorthin fällte er ein paar Kiefern nur so zum Spaß. Bald war er unten an jenem Baum angelangt, in dessen dichtem Wipfel die beiden Bärenjungen auf Geheiß ihrer Mutter in schein-barer Sicherheit saßen.
    Mit eisernem Griff packte die Ponsse den dicken Stamm, schnitt ihn durch, saugte ihn in ihren Schlund, entästete und zerstückelte ihn. Zweige und kleine Bären flogen durch die Gegend, und das war die Rettung für den Elch. Die Bärenmutter bemerkte, welche Zerstörung da im Gange war, sie kam zurück, und das in zweimal schärferem Trab. Ohne zu zögern stürzte sie sich auf die Maschine, um so ihre Jungen zu schützen, die im Un-terholz hockten und jaulten.
    Obwohl ein Bär die Kräfte von neun Männern hat – und eine Bärin die von zehn –, ist er gegen eine

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