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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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gegen die sie nichts ausrichten konn-ten. Dasselbe traf laut seiner Interpretation auch auf die Frauen zu, die Angst vor Schlangen hatten. Ameisen, Schlangen und Filzläuse waren ein Horror für weibliche Säuger, zu denen Emilia und die Frauen gehörten.
    Die Frage nun, warum sich an den Ameisennestern Gänge befanden, sogar von mehreren Seiten, bedurfte erst mal einer gründlichen Klärung. Nach anderthalb Stunden klingelte Paavos Handy, und die Erklärung kam:
    »Es war kein Bär, keine Schlange und kein Dachs, sondern der Schwarzspecht.«
    Sorjonen hatte es von den Hobbyornithologen des Be-zirkes Pori erfahren. Außerdem berichtete er, dass ihm Spritzmeister Tauno Riisikkala von der Freiwilligen Feuerwehr Ulvila in der Angelegenheit geholfen habe.
    Die Schwarzspechte drangen im Frühjahr ins Innere der Ameisennester ein, um sich mit den für die Ernäh-rung wichtigen Proteinen zu versorgen. Sie näherten sich verstohlen den vom Schnee befreiten Nestern, schoben ihren gierigen Schnabel und oftmals sogar den ganzen Körper hinein und schleckten nach Art der Bären Ameiseneier. Die Erfahrungen zeigten, dass ihre Stimmen nach solcher Mahlzeit noch schriller wurden und dass das Nisten bestens klappte.
    Als interessantes Detail erwähnte Sorjonen noch, dass die Pelikane, die einst im Donaudelta zu Hause gewesen waren, ebenfalls gern Ameiseneier geschleckt hatten. Da es aber in den Niederungen nicht genügend Ameisen gegeben hatte, hatten sie sich angewöhnt, in die Ukraine zu fliegen, um sich dort den Bauch mit den Eiern voll zu schlagen. Sie hatten manchmal bis zu drei, vier Flugrei-sen monatlich von Baku nach Kiew unternommen, und das aus rein kulinarischen Gründen.
    Diese bemerkenswerte Information hatte Sorjonen dem Werk eines estnischen Wissenschaftlers entnom-men. Er war gründlich wie kein Zweiter und ein Tierarzt, dem die Insektenphobie der Elefanten direkt zur Her-zenssache wurde.
    Schließlich hatten Reiter und Elefant die Ameisenwäl-der hinter sich und kamen an den kleinen Kiimajärvi, den Brunstsee. Emilia schwamm hinüber. Der See war zwei Kilometer lang, aber nur einen halben Kilometer breit. Während der Überfahrt praktizierten Lucia und Paavo so viel nackte Nähe, dass der Name des Sees voll gerechtfertigt war.
    Gegen Abend erreichten sie Häme in der Gegend von Kylmäkoskenmaa. Am Ritajärvi schlugen sie ihr Lager auf. Es war ein wunderschöner kleiner See. Am Ufer wuchsen Ebereschen und, weiter landeinwärts, schöner
    schlanker Kiefernwald. Nach Westen hin schimmerte ein zweiter, kleinerer See, und auf der Landzunge zwischen beiden ließen sie sich nieder.
    Sie hängten ihre Ausrüstung, die bei dem Schwimm-abenteuer nass geworden war, an den Bäumen zum Trocknen auf. Lucia machte Essen, Paavo führte Emilia ins Wasser. Er zog sich nackt aus und wusch sie sorg-fältig von oben bis unten. Es war ein hartes Stück Ar-beit. An ihren Vorderbeinen waren keine Einschnitte von den Leinen der Fischernetze mehr zu sehen. Die Haut eines Elefanten hat wahrhaftig keine Ähnlichkeit mit der einer Frau. Sie ist vier Zentimeter dick, und auch wenn sie sensibel auf die Angriffe feindlicher Insekten reagiert, verträgt sie durchaus schlimme Verletzungen. Der Ele-fant hat sich auf seine Weise dem Leben in der großen Natur angepasst, und er führt nicht Buch darüber, ob seine Pfade durch Afrika, Sibirien oder Pirkanmaa füh-ren.
    Nach der Reinigungsprozedur brachte er sie wieder ins Lager. Lucia hatte bereits ein kräftiges Abendessen fertig, und Paavo hatte schon großen Hunger, trotzdem öffnete er zunächst Emilias Futtersack und gab ihr von den Kartoffeln, die aus dem Keller der Riekkinens stammten, außerdem Frischfutter, duftendes Grummet, das Tauno extra als Reiseproviant gemäht hatte und von dem noch fünfzig Kilo übrig waren. Emilia schlang ihren elastischen Rüssel um Paavos Taille und hob ihn zwei Meter in die Höhe, um ihm so ihre tierische Freund-schaft zu beweisen.
    Lucia hatte am Feuer Pelmenis gebraten, sie hatte die Zubereitung in Sibirien von Igor gelernt, der ein guter Koch gewesen war. Wo mochte er sich wohl jetzt herum-treiben? Lucia erwähnte, dass Igor ihr Witwer sei.
    Außer den Pelmenis aßen sie Brachsen, die ihnen die Fischer vom Sääksjärvi beflissen für die Reise geräu-chert hatten. Sie waren letztlich ganz anständige Kerle gewesen, auch wenn sie anfangs für ihre Netze eine Entschädigung verlangt hatten.
    Lucia und Paavo ließen sich die Pelmenis und Räu-cherbrachsen am Feuer

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