Ein Elefant im Mückenland
Müllentsorgungsbetrieb in Riihimäki zum Schrottpreis kaufen können. Der Bau eines U-Bootes war letzten Endes gar nicht so teuer, wie die finnische Marine glaubte.
Am Abend nach der Sauna saßen sie auf der Terrasse des Häuschens, tranken Bier und plauderten. Lucia erzählte von ihren Erfahrungen im Großen Moskauer Zirkus und von ihren Reisen durch den Kaukasus und Sibirien. Paavo fand, dass Leo sein Bauprojekt öffentlich vorstellen sollte. Wenn sich die Menschen für Elefanten interessierten, warum dann nicht auch für den Bau eines U-Bootes. Beide waren groß und ungewöhnlich. Laut Friedensvertrag war der finnischen Marine der Einsatz von U-Booten verboten, und jetzt hatte die Europäische Union den Einsatz von Elefanten in Zirkus-vorstellungen untersagt.
EMILIA HILFT TIINA VOM BAUM
Leo Valkama begann, sein Projekt näher zu erläutern. Das U-Boot war eine direkte Kopie des finnischen Vesikko, das seinerzeit zur Unterwasserflotte der Marine gehört hatte und heute in Suomenlinna zu besichtigen war. Leo hatte die Maße übernommen: Länge 41 Meter, Durchmesser 4 Meter. Die Wasserverdrängung des Vesikko beim Tauchen hatte 250 Tonnen betragen, beim Fahren an der Oberfläche 50 Tonnen mehr. Leos Boot, Vesikko II, war leichter, nur 200 Tonnen Wasserver-drängung. Im ursprünglichen Vesikko waren zwanzig Mann Besatzung gefahren, aber Leo glaubte mit fünf Mann auszukommen. Die technische Entwicklung er-laubte heute den Einsatz zuverlässiger Elektronik, von der sich während des Zweiten Weltkriegs nicht einmal die Großmächte hatten träumen lassen. Die Motoren würden ziemlich kostspielig werden, aber Leo glaubte auch diese Hürde mit der Zeit nehmen zu können. Wenn die Geschwindigkeit von Vesikko an der Oberfläche 13 Knoten und unter Wasser 8 Knoten gewesen war, so veranschlagte Leo für sein Boot 15 Knoten an der Ober-fläche, unter Wasser jedoch nur 5 Knoten. Als Maschi-nenstärke hatte er zwei Diesel mit je 300 PS und zwei Elektromotoren mit je 700 kW/h von Strömberg vorge-sehen. Die Letzteren hatte er bereits besorgt.
Sie zogen sich an und gingen in den Schuppen hinter dem Haus. Dort lagerten tatsächlich zwei gewaltige Elektromotoren. Leo erzählte, dass seine Firma einst Komponenten für die Elektromotoren und für andere Anlagen der Firma ABB geliefert hatte. Er erläuterte: Vor dem Krieg hatte die schwedische Asea den Hauptanteil an der finnischen Firma Strömberg erworben. Wahrend des Krieges hatte Strömberg seine Selbstständigkeit wiedererlangt, denn in der Kriegsindustrie kam eine ausländische Aktienmehrheit nicht in Frage. Aber jetzt, vor etwa zehn Jahren, hatten Asea und die schweizeri-sche AG Brown Boverie &. Cie fusioniert, und das Er-gebnis war die heutige ABB. Gerade für diese Riesenfir-ma hatte Leos Metallwerkstatt als Zulieferer gearbeitet, und deshalb hatte er diese beiden Elektromotoren zum Spottpreis kaufen können, denn es waren veraltete Modelle, die sich auf dem freien Markt nicht mehr ver-kaufen ließen. Für das U-Boot eigneten sie sich natür-lich ausgezeichnet. Alte Geschäftsbeziehungen waren eben manchmal buchstäblich Gold wert.
Lucia musterte die starken Motoren nachdenklich und konnte sich die Frage nicht verkneifen, wo Leo mit seinem Boot tauchen wollte, wenn es dereinst fertig war.
Zunächst würde er es im Kulovesi und vielleicht auch im Näsijärvi ausprobieren. In beide Seen käme er per Oberflächenfahrt, sodass keine Frachtkosten anfallen würden. Später, wenn das U-Boot die Seeklassifizierung bekäme, könnte er es mit einem Sattelschlepper entwe-der in die Ostsee oder im besten Falle in die Barentssee transportieren. Für den Transport müsste das Boot in drei Teile zerlegt werden, aber das wäre kein Problem. Der aus Blechfässern zusammengeschweißte Rumpf ließe sich leicht zerschneiden und am Ziel erneut zu-sammenschweißen.
»Alles ist berücksichtigt, ich hatte ja genug Zeit, die Baupläne zu entwerfen.«
Mit dem glühenden Eifer des ganz in seinem Hobby aufgehenden Menschen erzählte Leo von seiner Idee. Er war keineswegs total bekloppt, obwohl dieser Eindruck vielleicht bei der ersten Begegnung entstand, sondern er war ein arbeitsloser Unternehmer, der ein tolles Hobby gefunden hatte und damit schon jahrelang einigerma-ßen glücklich war.
»Ich kann sagen, dass dieses Projekt fast einer Ehe entspricht, nur dass das U-Boot nicht streitet und nicht eifersüchtig ist.«
Leo baute sein U-Boot keineswegs für einen privaten Seekrieg, nein, Vesikko
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