Ein Ende des Wartens
Jahre alt gewesen sein.
Sie brauchte eine Weile, ehe sie zu verstehen glaubte, warum diese Bilder ausgerechnet in dieser Situation in ihren Kopf zurückkamen: sie waren aus dem Urlaub. Einem Urlaub, in dem sie auch eine Ferienwohnung bewohnt hatten, und Annika die Aufgabe erhielt, mit auf die zwei kleinen Geschwister aufzupassen, während Erik die ehrenvolle Aufgabe bekam, mit seinem Vater unterwegs zu sein.
War das vielleicht der Zeitpunkt, an dem das Verhältnis zu den Eltern kippte? Weil sich Annika in dieser Situation zurückgesetzt fühlte? War es eine Konsequenz aus dem Verhalten des Vaters, dass sie sich mit der Mutter anlegen musste?
Solche Gedanken waren Annika noch nie gekommen. Bisher hatte sie immer ihrer Mutter die volle Schuld dafür gegeben, dass sie ihre Beziehung und damit die Beziehung zu den Eltern zerstört hatte. Was aber, wenn die ganze Situation weitaus vielschichtiger war? Und warum war sie bisher nicht darauf gekommen, dass mehr dahinterstecken konnte, als sie vermeintlich zu sehen dachte?
Bevor sie ihre Gedanken weiterspinnen konnte, wurde Annika dermaßen von Tammy erschreckt, dass sie einen weiten Satz zur Seite machte.
Ob alles in Ordnung sei, fragte Tammy und entschuldigte sich für ihre Berührung. Sie habe nicht gewusst, dass Annika so tief in ihre Gedanken versunken sei.
Alles in Ordnung, antwortete Annika, fasste sich und trat zum Tresen, um die Teebeutel aus dem Teewasser zu nehmen. Der Tee dampfte nur noch leicht, und Annika fragte sich, wie lange sie wohl in ihre Gedanken versunken gewesen war. Doch sie ließ sich nichts anmerken, suchte in den Hängeschränken nach Teegläsern, fand welche und goss Tammy und ihr je eines ein.
Was sie mit den Kondomen plane, meinte Tammy plötzlich aus dem Nichts und fixierte ihre Freundin mit einem interessierten Blick. Annika verschluckte sich und hüstelte, ohne antworten zu können.
Sie habe die Kondome beim Ausräumen der Koffer gefunden, erklärte Tammy, und erst jetzt sah Annika, dass ihre Tasche, die sie im Flur abgestellt hatte, nicht mehr an ihrem Platz stand.
Nur zur Sicherheit, gab Annika verlegen zurück. Man könne ja nie wissen, was passieren würde.
Anstatt zu antworten sah Tammy sie durchdringend an und Annika wich ihrem Blick aus.
So, so, sagte Tammy nach einer Weile, nahm ihren Tee und ging aufreizend langsam aus der Küche in Richtung Veranda.
Sie sei eine dumme Schnepfe, rief Annika ihr lachend hinterher und holte ihre Freundin an der Tür zur Veranda wieder ein, auf die sie beide traten und gemeinsam die Schönheit des späten Nachmittags genossen.
15
Irgendwann zogen dunkle Wolken am Himmel auf und Regen kündigte sich an. Da Annika und Tammy auf der Veranda vor dem Nasswerden geschützt waren, mussten sie sich nur Decken von drinnen besorgen, um gegen den auffrischenden Wind ausreichend geschützt zu sein. Mit angezogenen Beinen und eingewickelt in den Stoff saßen sie auf der Bank und sahen den ersten Regentropfen beim Fallen zu. Sie konnten zusehen, wie der Regen stärker wurde und nach einer Weile war es den beiden zu kühl, sodass sie nach drinnen gingen.
Als sie in die Küche traten, fiel ihnen auf, dass sie seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatten, und da sie wussten, dass sie in dem Ferienhaus nichts zu essen finden würden, entschieden sie sich, einen Supermarkt zu suchen. Ihnen fiel der Supermarkt an der Bäckerei vom Morgen ein, und Tammys Vorschlag wurde angenommen, dorthin zu fahren, um sich für den Rest des Wochenendes einzudecken.
Sie zogen sich an und wollten schon aus dem Haus gehen, als der Kamin in Annikas Blick geriet. Sie hieß Tammy zu warten und trat ins Wohnzimmer. Die Vermieterin hatte den Kaminofen kurz erwähnt, aber so richtig hatten die beiden nicht zugehört, da das Wetter draußen nicht nach einer sinnvollen Nutzung aussah. Nun aber, da es draußen nass und unangenehm kühl geworden war, konnte sich Annika schon sehr gut vorstellen, den Kamin anzuzünden. Tammy hingegen wollte einkaufen, doch da sich Annika schon daran machte, die notwendigen Sachen zusammenzusuchen, half sie mit der Suche. Hinterm Haus fanden sie in einer vom Regen geschützten Ecke, direkt an der Häuserwand, das Kaminholz. Sie füllten einen beistehenden Korb mit größeren Holzstücken, den Tammy hineintrug, während Annika das Anmachholz aufsammelte. Drinnen angekommen, schauten sie sich nach Papier um, doch nur eine Illustrierte wollte ihnen in den Blick geraten.
Sie müssten wohl noch
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