Ein endloser Albtraum (German Edition)
Sie war leer und lag im Dunkeln. Das nächste Zimmer war mit B7 beschriftet. Durch den Türspalt auf dem Boden war kein Licht zu sehen. Ich blieb stehen, drehte mich zu Lee um und wies mit erhobenen Augenbrauen auf die Tür. Er zuckte die Achseln und nickte. Ich holte tief Luft, zog die Schultern ein, legte meine Hand auf den Türknopf, drehte ihn und öffnete die Tür.
Im Zimmer war es stockfinster. Nicht nur war kein Licht an, sondern auch die Vorhänge waren fest zugezogen. Dennoch spürte ich auch hier, dass der Raum voller Menschen sein musste. Es schienen viel zu viele Menschen auf viel zu engem Raum zu sein. Schweres Atmen war zu hören, langsames und tiefes und dann wieder zitterndes und langes. Ich versuchte mich an die Dunkelheit zu gewöhnen und wusste nicht, ob ich riskieren sollte etwas zu sagen. Doch Lee klopfte mir leise auf die Schulter und ich folgte ihm zurück in den Flur.
»Das ist verdammt riskant«, sagte er. Er schwitzte stark. Vom unteren Ende des Flurs war plötzlich ein Geräusch zu hören und wir wirbelten erschrocken herum. Die Tür zum Parkplatz wurde geöffnet. Jetzt blieb uns keine Wahl. Mit einem Satz waren wir bei der nächstgelegenen Tür, auf der B8 stand. Ich bemühte mich die Tür möglichst leise zu öffnen, aber für übertriebene Vorsicht blieb keine Zeit. Wir stolperten gleichzeitig in den Raum hinein und waren dabei entsprechend geräuschvoll. Lee schloss sofort die Tür hinter sich und im selben Moment fragte eine aggressive Stimme: »Wer ist da?«
In diesem Moment zählte nur die Erleichterung, dass sie englisch sprach. Es war die Stimme einer Frau, sie klang relativ jung; vielleicht fünfundzwanzig oder dreißig.
»Wir suchen nach einer Freundin«, erwiderte ich rasch.
Es war das erste Gespräch mit einem Erwachsenen seit der Invasion.
»Wer seid ihr?«
Ich zögerte und gab ihr schließlich eine ehrliche Antwort. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen kann.«
Nun trat eine Pause ein, dann sagte sie in einem Ton, der vor Verblüffung zitterte: »Soll das heißen, ihr seid keine Gefangenen?«
»Ja.«
»Ja, darf denn das wahr sein? Ich hatte nicht geglaubt, dass noch irgendwer da draußen ist.«
»Sind wir hier sicher?«, fragte Lee.
»Wie viele seid ihr denn?«
»Zu zweit«, sagte ich.
»Bis zum Morgen wahrscheinlich schon. Seid mir nicht böse, dass ich euch angeschnauzt habe, als ihr reinkamt, aber hier weiß man nie. Manchmal ist Angriff die beste Verteidigung. Hier, die alte Ms Simpson neben mir liegt in einem richtigen Bett – dem einzigen –, kriecht darunter und versteckt euch für den Fall, dass jemand das Licht anmacht. Mein Gott, ich glaube es nicht.«
Wir tasteten uns bis zu dem Bett vor und zwängten uns darunter. Ms Simpson roch ziemlich scharf, aber wir achteten nicht weiter darauf.
»Was ist los?«, fragte ich. »Wer sind Sie? Wer ist sonst noch hier?«
»Mein Name ist Nell Ford, ich habe früher im Friseursalon gearbeitet. Mein Mann Stewart war bei Jack Culvenor beschäftigt. Wir haben das neue Ziegelhaus auf der Sherlock Road gebaut, hinter dem Lkw-Parkplatz.«
»Sind Sie eine Patientin?«
»Das kann man wohl sagen. Um hierherzukommen, muss man schon ganz schön krank sein. Aber morgen, spätestens übermorgen werde ich entlassen. Zurück zum Messegelände.«
»Heißt das, dass alle Patienten hier Gefangene sind?«
»In diesem Trakt schon. Sie stapeln uns hier wie die Sardinen und haben sich selbst die guten Trakte genommen, drüben im Hauptgebäude.«
»Habt ihr Krankenschwestern und Ärzte?«
Sie lachte bitter. »Wir haben eine Krankenschwester. Phylis de Steiger. Kennt ihr sie? Ab und zu erlauben sie den Ärzten, dass sie zu uns herüberkommen. Wenn sie gerade keine Soldaten behandeln. Wenn sie jeden zweiten Tag eine halbe Stunde zu uns dürfen, ist das schon ein großes Glück. Im Grunde müssen wir uns selbst versorgen. Leicht ist es nicht.«
»Wie viele sind in diesem Zimmer?«
»Sieben. Eine Brutstätte für Infektionen. Aber was wollt ihr
hier? Hast du nicht gesagt, dass ihr jemanden sucht?«
Im Staub unter dem Bett an Lee gedrängt und die ganze Zeit flüsternd verkrampfte ich mich und bohrte die Fingernägel in meine Handflächen.
»Kennen Sie Corrie Mackenzie?«, fragte ich. »Und Kevin Holmes?«
»Mit denen wart ihr also zusammen?«, erwiderte sie. »Jetzt passt eins zum anderen. Jetzt weiß ich auch, wer ihr seid. Ihr seid die, die die Brücke gesprengt haben.«
Ich schwitzte am ganzen Körper. Ich hatte nicht
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