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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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über Harveys Heroes nach und dass ihr Problem darin bestand, dass sie am liebsten so getan hätten, als gebe es keinen Krieg. Unter der militärischen Tarnung verbarg sich eine Gruppe ganz gewöhnlicher Stadtmenschen mittleren Alters, die hier draußen im Busch genauso weiterleben wollten wie in ihren Einfamilienhäusern in Risdon. Der Klatsch war derselbe; sie tauschten Tipps über Gartenarbeit aus und redeten über ihre Kinder; sie machten sauber oder kochten oder gingen allen möglichen sinnlosen Beschäftigungen nach. Erst gestern hatte mich jemand gefragt, ob ich Bridge spielte. Nur Major Harvey war anders. Ihn trieb eine Lust an, die den anderen fehlte. Ich glaube, er genoss es, Macht über sie zu haben; zugleich frustrierte es ihn, dass sie keine kampfgestählte Truppe waren, die er an vorderster Front in die große Schlacht schicken konnte.
    Mit diesen Gedanken im Kopf und innerlich angeekelt und wütend begann ich sauber zu machen. Dieses Abstauben und Kehren schien einfach zu lächerlich. Außerdem fand ich es erniedrigend, dass ich, Ellie, die Brücken in die Luft sprengte, vor dieser Hitlerimitation kuschen sollte. Aggressiv fegte ich die Blätter aus dem Zelt, die der Wind hereingeblasen hatte, entfernte ein Spinnennetz aus der linken hinteren Ecke des Zelts und wischte die beiden Besucherstühle ab. Das Bett sah ich nicht einmal an; keine zehn Pferde würden mich dazu bringen, es auch nur anzufassen.
    Als Nächstes ging ich um seinen Schreibtisch herum, um dort weiterzumachen. Auf dem Tisch lag ein Stoß Papier und obenauf befand sich eine Pappkartonmappe mit dem Vermerk Vertraulich. Ich zögerte keine Sekunde. Ich schlug die Mappe nicht auf, weil ich meinte etwas Spannendes zu entdecken, sondern weil ich so eine Ahnung hatte, ich würde etwas zum Lachen bekommen. Das oberste Blatt, eine A4-Seite mit der Überschrift Bericht über Anschlag auf Kraftwerk, war in einer kleinen Schrift voll geschrieben. Um besser sehen zu können, musste ich mich vorbeugen, doch kaum hatte ich die erste Zeile gelesen, als ich spürte, dass noch jemand im Zelt war. Ich hob rasch den Blick. Es war der Major; er stand im Zelteingang, den Kopf leicht zur Seite geneigt, und starrte mich mit einem wilden Blick in seinen dunklen Augen an.
    Herausreden konnte ich mich natürlich nicht. Ich war im Unrecht, wenigstens dachte ich das damals. Außerdem wusste ich bereits, dass er völlig humorlos war und es sinnlos gewesen wäre, eine witzige Bemerkung zu machen.
    »Entschuldigung«, sagte ich einlenkend. »Wollte nur mal einen Blick draufwerfen.«
    Er verschränkte die Arme und schwieg. Eine unerträgliche Angewohnheit. Ich war rot geworden, konnte aber nichts dagegen tun. Schließlich zuckte ich mit den Achseln und wandte mich wieder dem Tisch zu, um ihn abzuwischen. Nun begann er zu sprechen.
    »Es scheint, unser Gespräch von gestern Abend ist völlig spurlos an dir vorbeigegangen.«
    Ich erwiderte nichts, sondern schrubbte einfach weiter.
    »Du musst eine Menge über Disziplin lernen, junge Dame.«
    Schrubb. Schrubb.
    »Lass das Saubermachen. Geh zu Ms Hauff zurück. Ich will dich in diesem Zelt nicht mehr sehen.«
    Mein Gesicht glühte. Ich nahm meinen Kram und ging auf ihn zu. Als ich vor ihm stand, gab es ein Problem: Major Harvey verstellte den Eingang und machte keinerlei Anstalten, einen Schritt zur Seite zu tun. Nichts in der Welt, das wusste ich, würde mich dazu bewegen, mich an ihm vorbeizuzwängen. Ich blieb stehen und wartete. Nach einer Minute wandte er sich zur Seite, stand aber immer noch mit verschränkten Armen da. Dass er keinen Zentimeter mehr nachgeben würde, war offensichtlich, also schlüpfte ich an ihm vorbei und ins Freie, an die frische Luft, ohne ihn noch einmal anzusehen.
    Ich war froh, als ich wieder bei Sharyn war. Sie konnte grob und rechthaberisch und launisch sein, aber wenigstens machte sie mir keine Angst. Sie hatte nichts Drohendes.
    An diesem Nachmittag hatte ich keine Zeit, den Antrag wegen Chris zu schreiben, und als ich Homer davon erzählte, meinte er, das hätte noch einen Tag Zeit und bis dahin hätte sich der Major vielleicht wieder beruhigt. Ich ließ den Antrag also liegen und ging stattdessen zur Versammlung.
    Major Harveys Versammlung war mit unseren in der Hölle nicht vergleichbar. Seine bestand aus einer langen Ansprache, die selbstverständlich er hielt. Der erste Teil drehte sich um die Gefahr für unser Land und die Notwendigkeit, Mut zu zeigen.
    »Wir erleben schreckliche

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