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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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Hände gefallen sei. Diese Neuigkeit war eine gute und nach vielen Seiten hin verwertbare Nachricht, weshalb unser schlauer Fuchs, sobald er sie in der Tasche hatte, frohlockend auf die Piazza hinuntereilte.
    Doch kaum hatte er einen Fuß vor den Dogenpalast gesetzt, stieß er auf den Cappanera Formianis.
    « Guten Tag, Exzellenz!», sagte dieser.
    « Oh, werter Bernardino!», antwortete der Bernabotto mit strahlender Miene.«Heute verdiene ich mir mein Salär; hört dies ...», und er erzählte ihm die Sache mit Carmini.
    « Schöne Geschichte!», rief Bernardino.«Aber eigentlich sind das Dinge, die wir Euch erzählen müssten. Man denke nur! Als ob wir nicht wüssten, was in unseren Gefängnissen geschieht!»
    « Ach, hört mir doch auf, alter Schlaumeier»versetzte der andere, und wandte sich zum Gehen.« Die Rapporte des Kerkermeisters sind keineswegs so prompt wie die meinen, und außerdem ist es manchmal gar nicht schlecht, wenn man sagen kann: ‹Das habe ich nicht gewusst, weil es mir niemand erzählt hat.›»
    Bernardo zuckte die Achseln und steuerte auf ein kleines Cafe zu, wo er stets um die Mittagszeit ein Stündchen zu verbringen pflegte. Aber, o Wunder, da, unter den Arkaden, sah er den pechschwarzen Chirichillo sitzen; was konnte ihm nur zugestoßen sein, dass er aus dem Haus gegangen war? Der schlaue Sekretär hatte da vielleicht eine Idee, denn händereibend ging er auf ihn zu; als er dann aber dicht bei ihm war, nahm er seine natürliche würdevolle Haltung wieder ein:«Du hier?», sagte er.«Aber Gevatter, das ist ja unerhört! »
    « Ja... wie du siehst... bin ich hier», antwortete der Gerichtsschreiber, indem er seine Blicke zwischen Bernardo und der Lagune hin- und herwandern ließ, wobei er in Letztere geradezu verliebt zu sein schien.«Ich bin hier... zu meinem Vergnügen!», und gähnte von einem Ohr zu anderen.
    « Da, nimm eine Prise!», sagte der Cappanera.« Und die Signorina...? Geht es ihr besser heute?»
    « Nun ja...! Sie wollte um jeden Preis aufstehen!», erwiderte Chirichillo und drehte den Kopf bald nach rechts, bald nach links, um sowohl den Freund als auch das Ufer im Auge zu behalten.
    « Umso besser!», versetzte Bernardo, sich die Hände reibend, sooft der andere den Kopf abwandte.
    « Umso besser, umso besser...! Ich weiß nicht!», entgegnete dieser, indem er die Lippen schürzte.« Wenn Sie sehen könnten, wie blass sie ist...! Aber warte, warte ...»Bei diesen Worten sprang er auf, und mit seinen ellenlangen Beinen über Stühle und Bänke hinwegsetzend, rannte er geradewegs aufs Ufer zu. Just in diesem Augenblick legte da eine Gondel an, der ein erlauchter Herr ganz in Spitzen und Schleifen entstieg; Chirichillo aber schien nicht angetan von dieser Pracht und kehrte bedrückt ins Cafe zurück.
    « Und was weißt du denn Neues vom Podestà?», fragte Bernardo kurz darauf.
    « Ich...? Von ihm weiß ich wahrhaftig nichts», antwortete der Schreiber.«Außer dass er sehr lang schläft und dann zum Meister hinaufsteigt und es sich dort gemütlich macht; und die Gläser, die er beim Essen leert, die zähle, wer kann!»
    « Das ist ein ausgezeichneter Herr!», rief der Cappanera.
    « Ja!», antwortete Chirichillo.«Aber von bestimmten Dingen versteht er nichts, und das ist schade; stellt Euch vor, heute Morgen ist er gegen zehn ins Zimmer der kleinen Herrin gekommen und wollte mit allen Mitteln, dass sie als Herzstärkung ein Gläschen Malaga trinken solle...! Die Ärmste, die an Herzweh leidet!»
    « Herzweh hat sie?»
    « So sagte jedenfalls der Arzt gestern Abend!», versetzte Chirichillo knapp.
    « Ach, die Ärmste! Aber wenn sie aufgestanden ist, so ist das ein gutes Zeichen, und das Herzweh wird ihr im Schlaf vergangen sein.»
    « Ach, es schlägt halb eins!», rief Bernardo.«Entschuldige mich, aber ich muss in den Senat hinauf und dort die Akten für Seine Exzellenz holen.»
    « Addio, addio», beeilte sich Chirichillo zu antworten, und die Befriedigung darüber, sich dieser zu jedem anderen Zeitpunkt hochwillkommenen Gesellschaft zu entledigen, stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    « Auf Wiedersehen», sagte der andere und wandte sich zum Palast.
    Der arme Schreiber blieb noch zwei Stunden dort; und bei jeder Gondel, die sich den Stufen näherte, sah man ihn so eilig zum Ufer rennen, als erwarte er sich seine Ernennung zum Kaiser. Doch zehn- oder zwanzigmal kehrte er enttäuscht an seinen Platz zurück, bis er es leid war, unter den Arkaden auszuharren, wo das

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