Ein Engel fuer Emily
würde er den Fall Todd aufklären. Ich frage mich, ob sie mit Mary Todd Lincoln irgendwie verwandt war. Die Frau war auch verrückt. Hey! Vielleicht sollte ich mit Donald darüber sprechen, dann könnte er Nachforschungen anstellen. Da drüben gibt’s Kaffee und Doughnuts - bedienen Sie sich. Im Moment schaut niemand her.«
Emily war wie vom Donner gerührt und konnte sich kaum bewegen, geschweige denn etwas essen. Sie blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf das Aufnahmegerät, als wäre es der faszinierendste Apparat, den sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Also war sie tot für diese Welt, und noch dazu hielten sie jetzt alle für ein durch und durch verdorbenes Subjekt, das den Mafiosi geholfen hatte, durch die Maschen des Gesetzes zu schlüpfen.
»Das kann nicht sein«, redete sie sich ein. »Ich brauche nur die Wahrheit zu sagen und alles zu erklären.« Entschlossen hob sie die Hände, um den Helm abzunehmen, aber gerade in diesem Augenblick entdeckte sie die FBI-Agenten, die sie nachts im Hotelzimmer vernommen hatten. Wenn sie jetzt zu ihnen ging, musste sie gestehen, dass sie einen Mann bei sich aufgenommen hatte, der als gesuchter Verbrecher galt, und dass sie bei der Vernehmung gelogen hatte. Und in der letzten Nacht die Frau des gesuchten Mannes mit ihrem Wagen in die Luft gegangen war, und statt den Vorfall unverzüglich der Polizei zu melden, war sie in den Wald gelaufen und hatte sich mit einem Mann vergnügt, der nicht ihr Verlobter war.
»Das alles wird immer schlimmer«, murmelte sie.
»Was?«, fragte eine Frau, die in der Nähe stand. »Dieses Chaos oder das Leben im allgemeinen?«
»Dieses Chaos«, sagte Emily und senkte den Kopf, um ihr Gesicht zu verbergen. »Ich bin gerade erst eingetroffen. Wieso glauben alle, Miss Todd hätte in dem Auto gesessen?« Sie dachte, wenn sie von »Miss Todd« sprach, könnte sie die Verdächtigungen, die der Tontechniker von sich gegeben hatte, ein wenig abmildern.
»Es war ihr Wagen, und man hat ihre Handtasche gefunden. Natürlich ist das kein eindeutiger Beweis, und so viel ist von ihr auch nicht mehr übrig, aber Donald hat seine frühere Verlobte identifiziert.«
»Wie konnte er das?«
Die Frau zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber er muss es am besten wissen, ob sie es ist, und dies hier könnte die größte Story seiner Karriere werden. Wie’s scheint, hatte Miss Emily Jane Todd eine ganze Menge Dreck am Stecken. Die Rede ist von Drogen, Geldwäsche und weiß der Himmel was noch allem. Mann! Stellen Sie sich vor, Donald hätte eine solche Frau beinahe geheiratet! Das zeigt mal wieder, dass sogar jemand, der jahrelang beruflich mit Ganoven zu tun hatte, hinters Licht geführt werden kann. Hey! Sind Sie okay? Sie sollten was essen. Das Feuer zu bekämpfen muss ein schönes Stück Arbeit gewesen sein.«
Emily versuchte, ruhig durchzuatmen, aber es fiel ihr nicht leicht. Unter der dicken Jacke brach ihr der Schweiß aus allen Poren. Es war, als würde sie ihre eigene Zukunft erleben und das beobachten, was geschehen wäre, wenn sie selbst in dem Auto gesessen hätte. Dann wäre sie jetzt tot, und ihr guter Name wäre für immer besudelt. All die Jahre hatte sie sich bemüht, Gutes zu tun, rechtschaffen zu leben und mehr zu geben, als sie bekam - und das alles wäre ganz umsonst gewesen. Stattdessen würden sich die Leute nur an sie als Helfershelferin der Mafia erinnern. Als jemanden, der Verbrecher bei sich aufnahm und das FBI nach Strich und Faden belog.
Sie schwankte und stand kurz vor einer Ohnmacht, rappelte sich aber gerade noch rechtzeitig auf. Nein, sie würde nicht zusammenbrechen. Wenn sie diese Ungerechtigkeit tatenlos hinnahm und sich geschlagen gab, würde sie sich von diesem Schlag nie wieder erholen. Man würde sie, sobald sie sich zu erkennen gab, ins Hauptquartier des FBI schleppen und vermutlich bis an ihr Lebensende hinter Schloss und Riegel halten.
Nein, sie musste sich einen Plan zurechtlegen. Allein, dachte sie bitter, jedenfalls ohne die Hilfe eines Engels. Wo war ihr Schutzengel, wenn sie ihn am meisten brauchte? Übte er, seine Flügel zu benutzen - überließ er es ihr deshalb, allein aus diesem Schlamassel herauszukommen?
Als sie sich umdrehte, sah sie, dass ein Notizbuch in der Tasche der Frau steckte. Himmel, vielleicht war sie eine Reporterin! Ein falsches Wort, und Emily würde sich im Gefängnis wiederfinden.
Emily spähte zu der Frau hin. Die Wut hatte ihr die Röte ins Gesicht getrieben, aber sie
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