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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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vornherein verloren war? Wie konnte man Hoffnung vermitteln und dem Leben bis zum Ende einen Sinn geben?
    »Nein, es ist wirklich nicht einfach, das rechte Maß zu finden«, wiederholte Goodrich wie zu sich selbst.
    Dann herrschte lange Zeit Schweigen.
    Schließlich bat Nathan:
    »Wie wäre es, wenn Sie mir jetzt von Candice Cook berichteten?«
    Ein großer Bogengang verband die Küche mit dem Wohnzimmer. Die Bodenfliesen aus gebranntem Ton waren in allen Zimmern gleich und machten den Übergang vom einen Raum in den anderen fließend.
    Das Wohnzimmer war eindeutig einer der angenehmsten Räume des Hauses.
    Nathan gefiel es auf Anhieb. An einem solchen Ort hätte er gern einen Abend mit Bonnie und Mallory verbracht.
    Alles war dazu da, eine freundliche Atmosphäre zu schaffen, sichtbare Deckenbalken und eine Wandverkleidung machten den Raum gemütlich. Auf dem Kaminaufsatz stand das Modell eines Dreimasters neben einem alten Sextanten. In einer Ecke des Zimmers befanden sich mehrere geflochtene Körbe, die eine ganze Sammlung von Anglersouvenirs enthielten.
    Nathan nahm auf einem honigfarbenen Korbsessel Platz, während Garrett vorsichtig mit einer alten, fein geriffelten Kaffeekanne hantierte.
    »Sie haben sie also gesehen?«
    Nathan seufzte.
    »Sie haben mir keine echte Wahl gelassen.«
    »Sie ist ein hübsches Mädchen, nicht wahr?«
    Ein Schleier der Trauer umschattete Goodrichs Blick. Del Amico bemerkte es:
    »Was wird mit ihr geschehen?«
    Kaum hatte er diese Bemerkung gemacht, bedauerte er sie, denn sie erweckte den Anschein, als glaube er an die Macht des Arztes.
    »Das Unvermeidliche«, erwiderte Goodrich und reichte ihm eine Tasse Kaffee.
    »Nichts ist unvermeidlich«, betonte der Anwalt nachdrücklich.
    »Sie wissen genau, dass das nicht stimmt.«
    Nathan nahm eine Zigarette aus der Packung und zündete sie an einer flackernden Kerze an. Er tat einen tiefen Zug und fühlte sich friedfertiger, aber auch schwächer.
    »Das ist ein Nichtraucher-Haus«, erklärte Goodrich.
    »Sie scherzen wohl: Gerade haben Sie ungefähr zwei Liter Alkohol geschluckt, also ersparen Sie mir Ihre Moralpredigten und berichten Sie mir lieber von ihr. Erzählen Sie mir von Candice.«
    Garrett ließ sich auf ein Segeltuchsofa fallen.
    Dann verschränkte er seine kräftigen Arme vor der Brust.
    »Candice stammt aus einem der Arbeiterviertel Houstons, aus ärmlichen Verhältnissen. Ihre Eltern ließen sich scheiden, als sie drei war. Sie ging mit ihrer Mutter nach New York, sah aber ihren Vater regelmäßig bis zu ihrem elften Lebensjahr.«
    »Eine alltägliche Geschichte«, bemerkte der Anwalt trocken. Goodrich schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht, dass Sie einen guten Arzt abgegeben hätten: Jedes Leben ist einzigartig.«
    Von einer Minute auf die andere entstand Spannung. Nathan reagierte schlagfertig.
    »Ich bin ein guter Anwalt. Das genügt mir.«
    »Sie sind ein effizienter Verteidiger der Interessen einiger Großunternehmen. Das macht Sie nicht zwangsläufig zu einem guten Anwalt.«
    »Ihre Meinung ist mir egal.«
    »Es fehlt Ihnen an Menschlichkeit …«
    »Aber sicher doch.«
    »… und an Demut.«
    »Ich habe keine Lust, mit Ihnen zu streiten, Garrett, aber fahren Sie fort. Candice hat also ihren Vater bis zu ihrem elften Lebensjahr gesehen, und dann …?«
    »… und dann hat sie plötzlich nichts mehr von ihm gehört.«
    »Warum?«
    »Aus dem einfachen Grund, weil er . im Gefängnis saß.«
    »Ist das der Mann, den ich gesehen habe und der mit ihr in einem Haus wohnt?«
    »Genau, er ist ein alter Knastbruder. 1985 wurde er verhaftet, wegen eines Einbruchs, den er vermasselt hatte.«
    »Hat man ihn freigelassen?«
    Goodrich stellte seine Tasse auf eine polierte Holztruhe, die als Beistelltisch diente.
    »Ja, er ist vor zwei Jahren entlassen worden. Er hat eine Stelle im Wartungsdienst des Flughafens von Houston gefunden und wohnt in dem kleinen Apartment, das Sie im Film gesehen haben.«
    »Haben Sie ihn gefunden?«
    Goodrich nickte zustimmend.
    »Er hatte nicht den Mut, Kontakt zu seiner Tochter aufzunehmen. Im Gefängnis hatte er Briefe an sie geschrieben, sich aber nicht getraut, sie abzuschicken.«
    »Und Sie haben die Rolle des Schutzengels übernommen?«
    »Ersparen Sie mir dieses Wort. Ich bin in seiner Abwesenheit lediglich in seine Wohnung eingedrungen, um seine Briefe zu stehlen, die ich seiner Tochter zusammen mit meinem kleinen Film geschickt habe, damit Candice ihn aufsuchen konnte.«
    Nathan warf ihm

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