Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Erzfeind zum Verlieben

Ein Erzfeind zum Verlieben

Titel: Ein Erzfeind zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alissa Johnson
Vom Netzwerk:
jedenfalls nicht unmittelbar.
    Sie hielt die Schachtel in beiden Händen, aber diese waren feucht geworden, und der Schweiß war durch den billigen Stoff ihrer Handschuhe gedrungen. Sie war zu begierig gewesen, den Knoten wieder zu binden, und es war eine äußerst heikle Angelegenheit, die Schachtel gleichzeitig zu halten und zu verschnüren. Hinterher sah sie ein, dass sie die Schachtel zuerst hätte abstellen müssen – denn auf einmal fiel diese langsam zu Boden.
    Und es geschah wahrhaftig langsam. Mirabelle wusste, dass es eine Ewigkeit dauerte, denn ihr blieb genug Zeit, im Geiste jedes Schimpfwort wiederzugeben, das sie je gehört hatte; darunter einige, von denen sie sich bis zu diesem Moment gar nicht erinnerte, sie zu kennen. Seltsamerweise schien ihr Körper, während ihre Gedanken sich überschlugen, wie erstarrt. Sie konnte gerade noch nach der Schachtel haschen und einen kleinen Schrei ausstoßen, dann schlug der Schachtelboden auf dem Pflaster auf. Ganz kurz hob sich durch den Aufprall der Deckel und gab einen leuchtend blauen Farbtupfer preis, bevor er wieder herabsank und die Schachtel verschloss.
    Süßer, barmherziger Himmel. Danke.
    Das Blut rauschte ihr in den Ohren, und sie warf Whit einen verzweifelten Blick zu. Er betrachtete etwas auf der anderen Straßenseite. Er hatte es nicht gesehen.
    Danke, danke, danke.
    Verstohlen blickte sie sich um, ob jemand den Unfall mit angesehen hatte. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass ihr Ruf keinen Schaden genommen hatte, entschuldigte sie sich im Geiste für jedes garstige Wort, das ihr in den Sinn gekommen war. Dann verschnürte sie die Schachtel mit einem Dreifachknoten, ergriff sie mit beiden Händen und steuerte auf die Kutsche zu. Dort würde sie auf die anderen warten. Vom Einkaufen hatte sie wahrhaftig genug.
    Whit konnte sich nicht daran erinnern, dass der Ritt von Benton nach Haldon jemals so lange gedauert hatte. Es war nicht so, dass die Pferde langsamer liefen als sonst, die Kutsche ein Rad verloren hätte oder dass ihnen sonst ein Missgeschick widerfahren wäre.
    Er fühlte sich nur so verflixt unwohl.
    Er blickte zur Kutsche hinüber, wie er es in der letzten Viertelstunde wohl ein Dutzend Mal getan hatte. Offenbar konnte er damit nicht aufhören. Offenbar war er zu nichts anderem in der Lage, als sich unablässig zu erinnern, wie sich der Deckel von Mirabelles Schachtel gehoben und ihm einen kurzen Blick auf etwas Blaues, Glänzendes und offensichtlich Duftiges gewährt hatte.
    Er war entsetzt gewesen.
    Er war fasziniert gewesen.
    Er hatte so getan, als hätte er nichts gesehen. Im Nachhinein betrachtet war das vielleicht nicht die beste Reaktion – wie konnte er sie nach etwas fragen, geschweige denn mit etwas aufziehen, das er nicht gesehen hatte? Aber während der ersten Sekunden, nachdem sich der Deckel geöffnet hatte, war er sprachlos vor Verblüffung gewesen. Und seither wurde er unablässig und auf höchst unwillkommene Weise durch die Vorstellung des Kobolds in duftiger blauer Unterwäsche heimgesucht.
    Unterwäsche, die ganz nach Satin aussah, wenn er es genau bedachte.
    Wobei er nicht beabsichtigte, weiter darüber nachzudenken. Auf gar keinen Fall. Er würde gewiss nicht darüber nachsinnen, wie der Stoff sich wohl anfühlte … vermutlich wie die Haut, die er gewiss nur unzulänglich bedeckte – weich und kühl, bis seine Hände ihn wärmten. Ganz langsam würde er den Satin hochschieben, Stück für Stück, quälend langsam, und die glatte Haut darunter freilegen. Zuerst würde er nur die Hände gebrauchen und sie beide erregen, während sein Mund diesen reizenden Schönheitsfleck über ihrer Lippe fand. Wenn sie kurz davor war zu betteln und sich unter ihm wand, würde er … würde er …
    Tod und Verdammnis.
    Er rückte seine Haltung im Sattel zurecht; jetzt fühlte er sich in mehr als einer Hinsicht unbehaglich.
    Das musste aufhören.
Er
musste aufhören. Er war kein fünfzehnjähriger Knabe, der schon beim kleinsten Blick auf die Unaussprechlichen einer Frau zu keuchen begann. Selbst wenn sie blau und weich und duftig waren.
    Verflucht.
    Erneut blickte er zur Kutsche und fragte sich, was Mirabelle im Schilde führte, dass sie etwas Derartiges kaufte.
    Und er fragte sich, warum er nicht aufhören konnte, darüber nachzudenken.

5
    Die Dinner in Haldon Hall standen schon seit Langem im Ruf, ungewöhnlich zwanglos zu sein. Es gab lebhafte Gespräche, und den Kindern war es bereits mit acht Jahren erlaubt worden, daran

Weitere Kostenlose Bücher