Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
provisorisches Testament unterzeichnet, um es später noch mal neu aufzusetzen. Und dann ist er zu Phoebe nach Hause gefahren.“
Es dauerte eine Weile, bis Grace verstanden hatte, was das zu bedeuten hatte. „Oh, nein!“, rief sie aus. Ihre Knie gaben nach, gerade noch rechtzeitig stützte Josh sie. „Sie hat ihm die Wahrheit gesagt, oder?“, fuhr sie fort. „Deshalb sind sie an diesem einen Wochenende schon so früh morgens nach Hause gefahren.“ Entsetzt sah sie ihn an. „Darum sind sie von der Fahrbahn abgekommen.“
„Nein …“
„Doch! Michael war eigentlich immer ein sehr vorsichtiger Fahrer, aber die Polizei meinte nachher, er hätte sich wohl nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten und die matschige Straße deswegen nicht richtig im Blick gehabt.“
„Das kann niemand wissen … auch du nicht!“
„Michael und Phoebe sind gleich nach dem Frühstück losgefahren … und ich bildete mir ein, das hätte nur daran gelegen, dass sie so schnell wie möglich nach Hause zu Posie wollten. Ich dachte, sie wären in diesem Moment wenigstens glücklich gewesen. Aber wenn sie ihm die Wahrheit gesagt hat …“
„Grace, hör doch bitte auf damit! Tu dir das nicht an!“
„Wenn sie ihm wirklich alles erzählt hat … wie muss es den beiden danach wohl gegangen sein?“
„Wenn es denn so gewesen sein sollte – vielleicht waren sie ja sogar erleichtert darüber, dass die Wahrheit endlich auf dem Tisch war?“ Er fasste Grace an den Schultern und schüttelte sie leicht. „Jetzt hör mir mal bitte zu“, sagte er. „Und guck mich dabei an.“
Sie folgte seiner Aufforderung. An ihren langen Wimpern hingen Tränen, in ihren Augen stand tiefe Trauer. Ihm zog sich das Herz zusammen.
„Was immer auch passiert ist – du hast keine Schuld daran. Du hast ihnen geschenkt, was sie sich mehr als alles andere auf der Welt gewünscht haben. Wir haben beide das getan, was wir für richtig gehalten haben.“
Grace richtete sich auf und trat einen Schritt zurück. „Na ja, immerhin hast du noch deine Tochter.“
„Posie ist nicht nur meine Tochter, sondern auch deine.“
„Das sagst du immer wieder. Und trotzdem bist du derjenige, der alle wichtigen Entscheidungen für ihre Zukunft fällt. Wo sie wohnen und wer sich um sie kümmern soll …“
„Phoebe wollte, dass du dich um sie kümmerst. Und das will ich auch.“
Ihre Augen leuchteten auf. „Dann übertrag mir bitte das Sorgerecht“, bat sie ihn. „Als ihr Vormund kannst du das doch in die Wege leiten, oder?“
„Ja“, bestätigte er. „Aber …“
„Du darfst sie auch sehen, so oft du willst“, fuhr sie fort. „Und später kann sie dich in Australien besuchen. Wenn sie erst mal …“
„Ja, ich könnte dir das Sorgerecht übertragen“, unterbrach Josh sie, bevor sie weiter ausführen konnte, für wie gefühlskalt sie ihn hielt. Anzunehmen, dass er seine eigene Tochter einfach so aufgeben würde. „Aber das werde ich nicht tun.“
Er wandte sich zu Posie um. Seit Michaels Anwalt ihm erzählt hatte, dass sein Bruder ihm die Vormundschaft übertragen hatte, hatte er nicht aufhören können, an sie zu denken.
Zuerst war er noch davon ausgegangen, dass er sie Grace ohne Weiteres würde überlassen können. Hin und wieder hätte er das Mädchen kurz besucht, hätte mit Rat und Tat zur Seite gestanden und wäre für die beiden da gewesen, wenn sie ihn brauchten. In erster Linie hätte er aber Distanz gehalten.
Sein Bruder hatte sich das anders vorgestellt: Michael hatte sich gewünscht, dass sein kleines Mädchen eine enge Beziehung zu ihrem leiblichen Vater aufbaute. Und auf dem Weg zu Graces Atelier war ihm Posie nicht mehr aus dem Kopf gegangen: ihr Lächeln, ihr Babyduft und ihr fröhlicher, neugieriger Blick auf die Welt.
„Ich bin Posies Vater, und sie hat es verdient, dass ich richtig für sie da bin.“ Er betrachtete Grace. Sie war aschfahl geworden, als er ihr ihre Bitte ausgeschlagen hatte. „Sie hat verdient, dass wir beide für sie da sind“, schloss er.
8. KAPITEL
Grace beobachtete Josh, wie er zum Kinderwagen ging und sich neben Posie auf den Boden kniete. Er hielt ihr die Hand hin, und sie umschloss seinen kräftigen, gebräunten Zeigefinger mit ihrer kleinen hellrosafarbenen Hand. Sie gluckste aufgeregt und strampelte mit den Beinen.
„Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, uns um Posie zu kümmern“, sagte er. Als Grace darauf nichts erwiderte, drehte er sich zu ihr um. „Ich glaube, dir ist klar, dass ich
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