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Ein fabelhafter Lügner: Roman (German Edition)

Ein fabelhafter Lügner: Roman (German Edition)

Titel: Ein fabelhafter Lügner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Pásztor
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meine eigene Mutter klang.
    »Happy Birthday, Grandfather«, sagte sie und kicherte. »Zehn Laternen sind immer noch neunzig zu wenig. Alles Gute für dich.«
    Als ich wieder auf der Straße stand, hörte ich, wie das Manga-Mädchen hinter mir die Ladentür abschloss. Ich drehte mich um und winkte ihr noch einmal zu. Dass die Laternen in Wirklichkeit für die Toten waren, glaubte ich ihr nicht, aber ich fand es nett von ihr, dass sie sich diese Lüge extra für mich ausgedacht hatte. Meine Laune wurde immer besser. Vielleicht klappte es ja doch noch mit meinem Fest.

12
    DIE TÜR UNSERES HOTELZIMMERS war verschlossen, aber meine Mutter hatte ein »Bitte nicht stören«Schild an den Türknauf gehängt und »Bin bei Hannah« darübergeschrieben. Ich steckte es ein, weil auf seiner Rückseite »Bitte Zimmer aufräumen« stand und ich mir immer schon so ein Schild gewünscht hatte. Dann machte ich mich auf den Weg in den ersten Stock.
    Hannah riss bereits nach meinem ersten Klopfen die Tür auf. Sie war in ein großes Handtuch gehüllt und trug ein zweites wie einen Turban auf dem Kopf. Bei mir halten solche Aufbauten keine zwei Minuten, aber Hannahs Wickeltechnik war perfekt. Sie kam mir vor wie ein Filmstar aus den Sechziger Jahren, und in ihrem Zimmer sah es aus wie in einer Künstlergarderobe; ob vor oder nach dem Auftritt, konnte man nicht genau sagen. Nicht einmal der obligatorische Blumenstrauß fehlte, ein bombastisches Gebinde aus weißen Lilien und dunkelroten Rosen. Sie steckten in einem Champagnerkübel, und ich glaube, es hätte kein weiterer Stiel mehr hineingepasst.
    »Dieser Edgar ist ein alter Angeber!«, rief meine Mutter mir zu. Sie saß auf dem Geländer von Hannahs winzigem Zimmerbalkon, der höchstens eine Handbreit schmal war, und rauchte.
    »Er ist ein echter Gentleman«, sagte Hannah und streichelte zärtlich über eine Lilienblüte.
    Ich ließ das Laternenpaket und meinen Rucksack neben der Tür stehen und nahm vorsichtig ein paar Blusen und Schals vom Sessel, bevor ich mich setzte.
    »Deine Mutter klärt mich gerade darüber auf, warum auf ihrem Firmenlogo ein Schaf mit einem abgebissenen Ohr ist. Weißt du ’s?« Hannah wand sich wie eine Tempeltänzerin aus ihren Handtüchern und warf sie aufs Bett. Dann begann sie sich anzuziehen.
    Natürlich wusste ich es. »Das Ohr hat der ungarische Schafhütebär gefressen. Joschi hat Mami Zeichenunterricht gegeben und ihr dabei weisgemacht, in Ungarn hätten sie Bären, die auf die Schafe aufpassen.«
    »Sind Familientreffen nicht wunderbar?«, rief Hannah enthusiastisch. »Man lernt sich besser kennen und erfährt Dinge, von denen man nicht zu träumen wagte.«
    »Ich zum Beispiel erfahre gerade, dass du orangefarbene Spitzenunterwäsche trägst«, sagte meine Mutter und beugte sich nach vorn, um besser sehen zu können, während sie sich gleichzeitig bemühte, die Hand mit der Zigarette draußen im Freien zu lassen. Es war genau die Art von Herumturnerei, die sie mir früher immer verboten hatte.
    »Gefällt sie euch?«, fragte Hannah.
    »Also ich finde sie toll«, sagte ich.
    »Ich natürlich auch«, sagte meine Mutter. »Aber dass dich die Geschichte von meinem Schaf so umhaut, überrascht mich etwas.«
    »Ich meinte eigentlich auch etwas anderes«, sagte Hannah und zog einen leuchtend gelben Pullover aus dem Schrank. »Ich spreche von Alfreds Verschwörungstheorie, die Gabor uns heute präsentiert hat.« Sie blieb mitten im Zimmer stehen und sah meine Mutter an. »Ich weiß, es ist völlig bescheuert, aber seit er davon angefangen hat, sucht ein Teil meines Gehirns fieberhaft nach Beweisen, um ihn zu widerlegen. Habe ich das etwa nötig? Was für ein Schwachsinn, einfach zu behaupten, Joschi wäre kein Jude gewesen!«
    »Und wenn’s so wäre?«, fragte meine Mutter. »Würde das denn groß was ändern?«
    »Im Prinzip alles, ja«, sagte Hannah. Und nach einer Pause: »Es wäre eigentlich das Schlimmste, was mir passieren könnte.«
    »Jetzt wirst du aber pathetisch«, sagte meine Mutter.
    »Ach, halt die Klappe«, sagte Hannah und stieg in einen grünen Wollrock.
    »Wollt ihr lieber allein sein?«, fragte ich, obwohl ich sehr ungern gegangen wäre.
    »Bleib bloß hier, Lily«, sagte Hannah. »Ich könnte sonst deine Mutter vom Balkongeländer stoßen.«
    »Wenn ihr zu laut werdet, kann ich ja meine Kopfhörer aufsetzen.« Einen Teufel würde ich tun.
    »Ich verstehe dich nicht, Hannah«, sagte meine Mutter und warf ihre Kippe im hohen Bogen auf

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