Ein Fall für Kay Scarpetta
herablassend!" "Das tue ich nicht."
"Ich werde es auf meine Art machen ..."
"Nein. Tun Sie es nicht auf Ihre Art, Abby. Tun Sie es für Ihre Schwester."
Sie starrte mich mit leeren, geröteten Augen an.
"Ich habe Sie hierhergebeten, weil ich etwas versuchen möchte. Ich brauche Ihre Hilfe."
"Richtig! Sie brauchen meine Hilfe, indem ich die Stadt verlasse und mich hier schön raushalte ... "
Ich schüttelte langsam den Kopf. Sie schien überrascht.
"Kennen Sie Benton Wesley?"
"Der FBI-Mann für Typologie", antwortete sie zögernd. "Ich weiß, wer er ist."
Ich sah auf die Wanduhr. "Er wird in zehn Minuten hier sein."
Sie sah mich lange an. "Was genau wollen Sie von mir?"
"Daß Sie Ihre journalistischen Beziehungen benutzen, um uns zu helfen, den Mörder zu finden."
"Ihn?" Ihre Augen weiteten sich.
Ich stand auf, um nachzusehen, ob es noch Kaffee gab.
Wesley hatte zurückhaltend reagiert, als ich ihm meinen Plan am Telefon erklärte, aber als wir drei jetzt in meinem Büro zusammensaßen, wußte ich, daß er einverstanden war.
"Es ist absolut notwendig, daß Sie uneingeschränkt mit uns zusammenarbeiten", sagte er mit Nachdruck zu Abby. "Ich muß Ihre Zusicherung haben, daß Sie genau das tun, was wir gemeinsam beschlossen haben. Jedes eigenmächtige Handeln Ihrerseits könnte die Ermittlungsarbeiten zum Scheitern bringen. Ihre Diskretion ist unbedingt erforderlich."
Sie nickte, dann sagte sie: "Wenn der Mörder in den Computer einbrechen kann, warum hat er es nur einmal getan?"
"Wir wissen nur von einem Mal", erinnerte ich sie.
"Trotzdem, es ist nicht mehr vorgekommen, seit Sie es entdeckt haben."
Wesley mutmaßte: "Er steht ganz schön unter Dampf. Er hat zwei Frauen in zwei Wochen ermordet, und in den Zeitungen stehen wahrscheinlich genügend Informationen, um seine Neugier zu befriedigen. Er könnte sich sicher fühlen, mit sich selbst zufrieden sein, da wir ja laut den Nachrichten nichts von ihm wissen."
"Wir müssen ihn unter Druck setzen", fügte ich hinzu.. "Wir müssen etwas tun, was ihn so paranoid macht, daß er leichtsinnig wird. Eine Möglic hkeit, wie wir das erreichen können, wäre, ihn glauben zu lassen, daß mein Institut etwas gefunden hat, was die entscheidende Wende bringen könnte."
"Wenn er derjenige ist, der in den Computer einbricht", faßte Wesley zusammen, "dann könnte das Zündstoff genug sein, um es ihn noch einmal versuchen zu lassen, um herauszufinden, was wir angeblich wissen." Er sah mich an.
Tatsache war, daß es keine Wende in dem Fall gab. Ich hatte Margaret für unbestimmte Zeit aus ihrem Büro verbannt, und der Computer sollte im Answer-Mode bleiben. Wesley hatte ein Suchgerät angebracht, das die Anrufe zu ihrem Anschluß an den Ausgangspunkt zurückverfolgen würde. Wir würden den Computer dazu verwenden, den Mörder anzulocken, indem wir in Abbys Zeitung einen Artikel drucken ließen, in dem behauptet wurde, daß bei den forensischen Untersuchungen eine "wichtige Information" gefunden wurde.
"Er wird paranoid werden, beunruhigt genug, um es zu glauben", sagte ich voraus. "Wenn er jemals in einem Krankenhaus hier in der Umgebung behandelt worden ist, dann wird er jetzt befürchten, daß wir ihn mittels der alten Akten aufspüren. Wenn er irgendwelche besonderen Medikamente von einer Apotheke bekommt, dann wird er auch davor Angst haben."
All das bezog sich auf den eigenartigen Geruch, den Matt Petersen der Polizei gegenüber erwähnt hatte. Es gab kein anderes "Beweismittel", auf das wir anspielen konnten. Das einzige Beweismittel, das den Mörder in Schwierigkeiten bringen konnte, war die DNS.
Das gab mir die Möglichkeit, ihn hinters Licht zu führen, und, wer weiß, vielleicht war es am Ende gar kein Trick. Vor einigen Tagen hatte ich Kopien der Berichte von den ersten zwei Fällen erhalten. Ich studierte die vertikale Reihe mit verschiedenen Schatten und Zwischenräumen, Muster, die erstaunliche Ähnlichkeit mit den Computercodes auf den Lebensmittelpackungen hatten. Bei jedem Fall waren drei verschiedene, radioaktive Färbungen vorgenommen worden, und die jeweiligen Positionen der Streifen waren in Patty Lewis und Brenda Steppes Fällen identisch.
"Natürlich haben wir dadurch nicht seine Identität", erklärte ich Abby und Wesley. "Alles, was wir sagen können, ist: wenn er schwarz ist, dann kann theoretisch nur einer von hundertfünfunddreißig Millionen Männern dasselbe Muster haben. Wenn er Kaukasier ist, dann ist es nur einer von fünfhundert
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