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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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werden begeistert sein."
    "Hölle! Wenn es nur plätschert - völlig egal. An manchen Tagen bin ich so verzweifelt, daß ich phantasiere und denke, der Wasserbehälter draußen vor meiner Tür sei voller Gin."
    "Klingt nach verschwendeter Phantasie."
    "Aber nein. Nur eine der Phantasien, die ich einer Dame erzähle."
    Wesley war ein Spezialist für die Typisierung von Tätern beim FBI. Er hatte sein Büro, in der Zweigstelle in Richmond, wo er allerdings nicht allzuviel Zeit zubrachte. Wenn er nicht gerade unterwegs war, hielt er sich normalerweise in der Polizeiakademie in Quantico auf, wo er Vorlesungen hielt und alles mögliche unternahm, um dem VICAP auf die Sprünge zu helfen. VICAP ist die Abkürzung für Violent Criminal Apprehension Program, ein Programm zur Aufklärung von Gewalttaten. Eines der aktuellsten Konzepte der VICAP waren regionale Teams, die sich aus einem Spezialisten für Typologie und einem erfahrenen Beamten der Mordkommission zusammensetzten. Das Polizeidepartment von Richmond hatte nach dem zweiten Mord des Würgers um Unterstützung durch das VICAP nachgesucht. Marino war außer Detective Sergeant der Stadt auch noch Wesleys Partner im regionalen Team.
    "Ich bin zu früh", entschuldigte sich Wesley und folgte mir in den Korridor. "Bin direkt von meinem Zahnarzt hierhergekommen. Macht mir nichts, wenn Sie essen, während wir reden."
    "Mir macht es aber was", sagte ich.
    Er sah mich verblüfft an, dann grinste er dämlich, als er begriff. "Ich vergaß. Sie sind ja nicht Doc Cagney. Sie wissen sicher, daß er immer Käsekräcker auf dem Schreibtisch im Leichenschauhaus stehen hatte. Mitten in der Arbeit machte er eine Pause und aß etwas. Es war unglaublich."
    Wir gingen in einen Raum, der so klein war, daß er eher ein Erker war, und in dem ein Kühlschrank, ein Getränkeautomat und eine Kaffeemaschine standen.,
    "Er kann froh sein, daß er keine Hepatitis oder Aids bekommen hat", sagte ich.
    "Aids." Wesley lachte. "Das wäre eine Ironie des Schicksals gewesen."
    Wie viele Männer, die ich kannte, galt Dr. Cagney als absolut schwulenfeindlich.
    "Aids..." Wesley amüsierte sich immer noch über diesen Gedanken, während ich meinen Salat in den Kühlschrank stellte. "Ich würde wirklich zu gern hören, wie er sich da rausreden würde."
    Ich hatte nur sehr langsam zu Wesley Kontakt bekommen. Das erste Mal, als ich ihm begegnete, war ich sehr zurückhaltend. Er war vom Scheitel bis zur Sohle ein FBI-Beamter, ein Mann mit scharfen Gesichtszügen und vorzeitig ergrautem Haar, das ihn reifer wirken ließ, als er war. Er war hager und muskulös und sah aus wie ein Richter in seinem perfekt geschnittenen Anzug und der blauen Seidenkrawatte. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn je in einem Hemd gesehen zu haben, das nicht weiß und leicht gestärkt war. Er hatte Psychologie studiert und war Rektor an einer High-School in Dallas gewesen, bevor er beim FBI anfing. Dort war er zunächst im Außendienst tätig gewesen, arbeitete dann als Undercover-Agent, um an Mitglieder der Mafia heranzukommen, bevor er wieder dort landete, wo er angefangen hatte. Typologie-Spezialisten sind Akademiker, Denker, Analytiker. Manchmal glaube ich, sie sind Magier. Wir nahmen unsere Kaffeetassen mit hinaus, gingen nach links und betraten einen Konferenzraum.
    Marino saß an dem langen Tisch und las in einer dicken Akte. Ich war ein bißchen überrascht. Aus irgendeinem Grund hatte ich angenommen, er würde zu spät kommen. Noch bevor ich mir einen Stuhl heranziehen konnte, platzte er los und verkündete lakonisch: "Ich bin gerade im Serologielabor gewesen. Ich dachte, es könnte Sie interessieren, daß Matt Petersen die Blutgruppe A positiv hat und Nonsekretor ist."
    Wesley sah ihn scharf an. "Das ist wohl der Ehemann, von dem du mir erzählt hast?"
    "Ja. Ein Nonsekretor. Genau wie der Typ, der diese Frauen erwürgt."
    "Zwanzig Prozent der Bevölkerung sind Nichtausscheider", konstatierte ich nüchtern.
    "Ja", sagte Marino. "Zwei von zehn."
    "Oder beinahe vierundvierzigtausend Menschen in einer Stadt von der Größe Richmonds. Zweiundzwanzigtausend, wenn die Hälfte dieser Leute Männer sind", fügte ich hinzu.
    Marino zündete sich eine Zigarette an und warf mir einen kurzen Blick über die Flamme des Feuerzeuges zu. "Wissen Sie was, Doc?" Die Zigarette hüpfte bei jeder Silbe. "Sie klingen langsam wie so ein verdammter Verteidiger."
    Eine halbe Stunde später saß ich am Kopfende des Tisches, die zwei Männer saßen links

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