Ein Fall von Liebe
jemanden erwarte. Er ging wieder zur Tür. In dem Zimmer drüben brannte noch Licht. Jetzt da Peter so nahe war, konnte er wieder klarer denken. Was hatte ihn eigentlich so wütend gemacht? Peter war mit Jimmy Harvester draußen im Dunkeln gewesen. Das genügte. Aber wenn sie sich nur unterhalten hatten? Das war empörend, aber kein ausreichender Grund, ihn hinauszuwerfen. Als er daran dachte, daß Peter nicht mehr hier sein würde, fühlte er eine solche Leere in seinem Inneren, daß er die Hand nach einem Stuhl ausstrecken mußte, um sich an ihm festzuhalten. Er konnte es C. B. gegenüber mit nichts Vernünftigem begründen. Und darum war es sowieso unmöglich. Er würde nicht zu ihm gehen, aber wenn er wiederkäme, wie er es bestimmt tun würde, dann würde er etwas milder sein.
Zum drittenmal ging er zur Tür. Drüben brannte immer noch Licht. Was zum Teufel machte Peter? Er ging auf und ab und blieb in der Nähe der Tür stehen. Wenn er an das Geschehene zurückdachte, mußte er zugeben, daß Peter sich frei von Schuld gefühlt hatte, sogar, als er die beiden überraschte. »Charlie.« Der Ruf hallte ihm noch in den Ohren. Vielleicht sollte er doch nach ihm sehen. Wenn er noch länger wartete, würde Peter vielleicht schon im Bett liegen und... Das alles war jetzt vorbei, zumindest im Augenblick. Er wollte keinen Jungen um sich haben, der ihn unablässig Liebling nannte. Er zog die Kordel seines Morgenrocks fest, dann öffnete er die Tür, ging schnell durch den Flur und, ohne anzuklopfen in Peters Zimmer. Er hatte das an, worin Charlie ihn seit dem Tage seiner Ankunft nicht gesehen hatte. Sein Koffer stand offen auf dem Ständer, und er packte etwas hinein. Er blickte auf, ohne Überraschung oder ein anderes Gefühl zu verraten.
»Was machst du da?« fragte Charlie.
»Möchtest du etwas?«
»Ja. Ich möchte meine Sachen«, sagte Charlie, hastig improvisierend. »Was denkst du dir eigentlich?«
»Ich wollte deine Sachen nicht stehlen. Du hast mir gesagt, ich solle gehen, und ich gehe.«
»Willst du mitten in der Nacht auf und davon wandern? Du bist wirklich ein Idiot. Wie sollte ich das C. B. erklären?«
»Es wird dir schon gelingen. Es wird dir bestimmt etwas einfallen. «
»Natürlich. Warum rufst du nicht Jimmy Harvester an und bittest ihn, dich zu holen? Die Jungfrau in Bedrängnis!«
Er ging durch das Zimmer, ergriff den Koffer und warf ihn auf den Boden.
»Das ist albern.« Peter hob ihn auf und stellte ihn wieder auf den Ständer. Dann begann er seine Sachen aufzulesen. Charlie ergriff den Koffer von neuem und schleuderte ihn durch das Zimmer.
»Ich glaube«, sagte Peter, »es ist besser, du verläßt dieses Zimmer. Noch ist es meins.« Er packte Charlie am Arm und wollte ihn zur Tür führen. Charlie nahm ihn in den Schwitzkasten und versuchte, ihn auf den Boden zu drücken. Peter befreite sich. Charlie griff ihn von neuem an. Sie schlugen aufeinander ein, taten sich weh, waren aber darauf bedacht, sich nicht ernstlich zu verletzen. Sie rangen. Sie waren beide gleich stark. Wieder schlugen sie sich, und wieder rangen sie. Ein Stuhl fiel um. Peter rutschte aus, und Charlie fiel auf ihn. Er konnte sich wieder befreien und ging rückwärts zum anderen Ende des Zimmers. Sie keuchten beide.
»Hör jetzt auf«, sagte Peter. »C. B. wird uns hören.«
Die kalte Herausforderung in seinen Augen ließ Charlie innehalten. Es sprach nicht mehr das liebevolle Verlangen aus ihnen. Er wirkte männlich und gefährlich zielbewußt. »Dann hör auf mit deinem idiotischen Vorhaben, heute nacht abzuhauen«, sagte er.
Peter wollte etwas sagen, aber seine Augen waren plötzlich wie erloschen, und alle Kraft schien ihn zu verlassen. »Ja. Ich werde alles tun, was du sagst«, antwortete er müde.
»Nun, dann wirst du mir vielleicht erst einmal sagen, was zwischen dir und Jimmy Harvester war.« Durch seinen leichten Sieg aus dem Gleichgewicht gebracht, vermochte Charlie kaum noch seine strenge und kompromißlose Haltung zu bewahren.
»Nichts. Du warst verschwunden, und ich ging umher, und Jimmy sprach mich an, und wir gingen hinaus und setzten uns unter den Baum.«
»Hat er versucht, es mit dir zu treiben?«
»Ach, Liebling – verzeih, ich werde das nie wieder sagen. Nein. Vielleicht hatte er es vor. Ich kenne mich darin nicht aus. Er hat mich nach dir ausgefragt, und ich habe ihm geantwortet, ich sei in dich verliebt, um zu verhindern, daß er sich falsche Hoffnungen machte. Er war sehr nett.«
»Ach,
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