Ein Fall von Liebe (Baccara) (German Edition)
unternehmen sollen? Immerhin war sie damals erst zwölf gewesen. Sie war kein Kämpfer wie Tanner. Sie tat das, was Tante Emily ihr einschärfte. Sie sagte nichts. Sie schaute niemanden an. Sie arbeitete viel. Als sie ihren Mund im Unterricht zum ersten Mal aufmachte, war der Lehrer regelrecht geschockt, dass Rosebud überhaupt Englisch konnte.
Danach war sie ihren eigenen Weg gegangen. Sie war zwar nicht so aufmüpfig wie Tanner gewesen, aber sie schwieg auch nicht mehr. Als sie das nächste Mal jemand flüstern hörte, ging sie in die Offensive. Sie konnte gut reden, also benutzte sie ihren Mund. Einmal war sie mit einer dicken Lippe nach Hause gekommen, nachdem sie einer der lästernden Mitschülerinnen erzählt hatte, dass ihr Freund sie mit ihrer besten Freundin betrog.
Aber das hier war etwas ganz anderes. Das hier war eine Bar, in der sie nicht willkommen war. Sie schwankte zwischen Panik und dem Bedürfnis, die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Unter Kontrolle? Quatsch! Das hier war die brenzligste Situation, in der sie je gesteckt hatte.
Keine Angst zeigen, sagte sie sich, während sie hoch aufgerichtet zur nächsten offenen Tür ging.
Kaum hatte sie sich niedergelassen, erbebte die Tür von Tritten. Rosebud schaffte es, nicht zu schreien. Es folgten weitere Tritte. Rosebud stemmte die Beine gegen die Tür.
Sie versuchte, ruhig zu atmen, während jede Frau in dem kleinen Raum gegen die Tür trat. Als sie fertig war, lauschte sie. Es war totenstill. Um auf Nummer sicher zu gehen, zog sie einen Kugelschreiber aus ihrer Aktentasche. Sie hätte lieber ihr Gewehr dabeigehabt, aber Gewehre und die Unibibliothek passten nicht zusammen. Ein Kugelschreiber musste reichen.
Langsam öffnete sie die Tür. Der Raum war leer. Sogar die Kellnerin war weg. Rosebud wusch sich schnell die Hände und dachte über eine Rückzugsstrategie nach. Sie musste durch einen langen Flur und dann zu Dan. Sie nahm an, dass er am Tisch auf sie wartete. Wenn sie sich schnell bewegte, würde sie es vielleicht bis zu ihm schaffen, ohne überhaupt bemerkt zu werden.
Wen wollte sie eigentlich hinters Licht führen? Die Hälfte der Gäste wusste, dass sie hier drin war.
Ich habe keine Angst, dachte sie, als könne sie so die Panik niederkämpfen. Sie atmete tief durch und hielt den Kugelschreiber wie ein Messer. Sie würde jeden niederstechen, der sie aufzuhalten versuchte. Manchmal war Selbstverteidigung die beste Verteidigung. Sie konnte es schaffen. Entschlossen trat sie durch die Tür.
Sie kam nicht sehr weit, bevor sie in eine Wand aus Motorradfahrern rannte. Eigentlich war es nur ein Motorradfahrer, aber der schaffte es, wie eine Wand zu wirken. „Na?“, sagte der Mann und grinste anzüglich.
Der überwältigende Geruch von Zwiebeln und Whisky schlug ihr ins Gesicht. Er trug ein Kopftuch, das mit Flammen bestickt war. Wo, zum Teufel, war Dan? Bevor sie an dem Kerl vorbeigehen konnte, ergriff er ihre Hand, die den Kugelschreiber hielt. „Ich hab mit meinem Kumpel um zwanzig Mäuse gewettet, dass ich dich dazu bringe, mit mir zu tanzen, Pocahontas.“
Wenn sie einen Namen nicht leiden konnte, dann diesen. Sie versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu befreien, aber er hielt sie fest und zog sie zur Tanzfläche. Panisch blickte sie sich in der Bar um. Wo, zum Teufel, war Dan?
„Entschuldigung“, sagte sie und zwang sich zu lächeln, während sie ihren Arm zu befreien versuchte. Warum waren Motorradfahrer nur immer so kräftig? „Ich fürchte, Sie werden die Wette verlieren.“
„Nur einen Tanz, kleine Squaw. Ich hab dich vorhin mit dem Cowboy tanzen sehen.“
Squaw. Im Stillen verbesserte sie sich. Das war die Bezeichnung, die sie am meisten hasste. „Lassen Sie mich in Ruhe“, stieß sie hervor und hoffte, dass sie nicht allzu ängstlich klang.
Es klappte nicht. „Hältst du dich für was Besseres? Geht’s darum? Du bist nur eine verdammte Rothaut.“ Der Druck auf ihren Arm verstärkte sich.
„Schluss jetzt!“ Schluss mit dieser Angst! Sie würde sich nicht kampflos ergeben. So fest sie konnte, trat sie dem Rocker zwischen die Beine.
Der Mann fluchte. Er ließ sie zwar nicht los, klappte aber zusammen. Rosebud trat noch einmal zu.
Plötzlich wurde ihr Kopf zurückgerissen. Irgendjemand hielt sie an den Haaren fest. Sie war total hilflos. „Dan! Hilfe! “
Der Motorradfahrer sank auf die Knie und zog sie mit sich. „Du Miststück“, kreischte eine weibliche Stimme. Wieder wurde Rosebuds Kopf
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