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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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hatte.
    »Über andere, private Gründe kann ich natürlich keine exakte Aussage treffen«, fuhr Dr. Gerstenschneider fort. »Aber das Verhältnis zu seiner Tochter muss ziemlich problematisch gewesen sein. Falls mich mein Gedächtnis nicht trügt, hat der Patient mehr als einmal davon erzählt, dass ihn der Streit belaste.«
    »Aber bei seinem letzten Termin hat er nicht zufällig darüber gesprochen oder einen depressiven Eindruck auf Sie gemacht?«
    »Nein, da muss ich Sie leider enttäuschen.«
    »Erst einmal vielen Dank«, erklärte Pielkötter und erhob sich mit einem kurzen Blick auf seine Uhr. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte.« Er übergab dem Arzt seine Karte und reichte ihm zum Abschied die Hand.

    »Und?«, fragte Pielkötter an der Anmeldung. »Hat Frau Kraschnitz mein dreistes Vorfudeln überlebt?«
    »Kann man so sagen. Die war so handzahm wie noch nie. Am besten Sie leihen mir immer Ihre Dienstmarke aus, wenn sie den nächsten Termin bei uns hat. Die Wirkung war einfach genial. Bin gespannt, wie sie sich verhält, sobald sie aus dem Sprechzimmer kommt.«
    Du setzt dich auch ohne meine Hilfe ganz gut durch, dachte Pielkötter im Stillen, dann verabschiedete er sich schnell. An der Tür drehte er sich noch einmal um. Sandra Sölles Miene hatte sich inzwischen verdunkelt. Dabei hatte sie doch eben erst mit ihm gescherzt. Anscheinend war die Trauer oder der Schock über den Tod des Patienten zurückgekehrt.

8. Kapitel
    Pielkötter blieb nicht gerade viel Zeit bis zum angesetzten Termin für die Durchsuchung von Erwin Lützows Wohnung in Ruhrort. Leider war der Verkehr immer noch ziemlich dicht, und es kostete ihn einige zusätzliche Minuten und Nerven, um sich in den Kreisverkehr einzureihen, aus dem man nach Norden zu den Häfen gelangte. Wo kamen nur all diese LWKs her? Pielkötter hatte das Gefühl, sie wären ausschließlich hier, um ihn zu ärgern. Endlich hatte er es geschafft, und er passierte auf der Oberbürgermeister-Lehr-Brücke erst die Ruhr, dann den Hafenkanal. Als er den Kopf nach rechts drehte und im Hafengebiet unzählige Container aus aller Welt erkannte, wurde ihm das hohe Verkehrsaufkommen wieder einmal klar.
    Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sich wirklich beeilen musste. Mit unangemessenem Tempo brauste Pielkötter über den Vinckekanal. Am liebsten wäre er direkt in die Krausstraße eingebogen, obwohl das von dieser Seite verboten war. Schweren Herzens hielt er die Verkehrsregeln ein und nahm den Umweg vorbei am Tausend-Fenster-Haus. Noch ein Verkehrsgau und er müsste Barnowski wohl oder übel bitten, die Spurensicherung etwas länger aufzuhalten. In diesem Fall wäre der Ärger vorprogrammiert.
    Punkt zwei Minuten vor elf Uhr hatte er das Haus erreicht, in dem Erwin Lützow in der ersten Etage zur Miete gewohnt hatte. Die Spusi hatte ihre Arbeit noch nicht aufgenommen, aber er war der Letzte, der vor Ort eingetroffen war. Barnowski grinste, was Pielkötter äußerst unpassend fand. Da hetzte er sich den ganzen Morgen ab, und sein Mitarbeiter hatte nichts Besseres zu tun, als ihn frech anzugrinsen.
    »Ich brauche einige Minuten für den Gesamtüberblick«, erklärte Pielkötter Jochen Drenck ohne eine Begrüßung.
    »Vielleicht auch noch ein paar Sekunden für ein kurzes Hallo?«, fragte der Leiter des Spurensicherungsteams eher amüsiert als brüskiert.
    »Verzeihung, ich war in Gedanken schon halb in der Wohnung«, entschuldigte sich Pielkötter. »Nehmen Sie es mir nicht übel. Im Moment strömt einfach zu viel auf mich ein.«
    »Geht in Ordnung.« Barnowski grinste immer noch.
    Offensichtlich ist der Bursche nicht ausgelastet, dachte Pielkötter. Es wurde Zeit, dem Abhilfe zu schaffen.
    Während die Kollegen von der Spurensicherung ihre Ausrüstung nach oben transportierten, sahen er und Barnowski sich schon einmal in der Wohnung um. Die Luft roch abgestanden, als ob länger nicht mehr gelüftet worden wäre. Dabei hatte Erwin Lützow hier vor Kurzem noch gelebt. Das kleine fensterlose Bad wirkte auf den ersten Blick recht sauber. Neben der Toilette hing eine frische Rolle Toilettenpapier.
    »Spricht nicht gerade dafür, dass er den Allerwertesten in der nächsten Zeit für immer zukneifen wollte«, bemerkte Barnowski.
    Pielkötter brummte über diesen üblen Scherz. Insgesamt aber stimmte er seinem Mitarbeiter zu, auch wenn er das sicher vornehmer ausgedrückt hätte. Schweigend liefen sie zur Küche, den dunklen Flur mit altmodischer

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