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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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würde. Barnowski trat aufs Gaspedal. Hoffentlich war die Achse nicht so voll. Die Baustelle zwischen Ober- und Untermeiderich verschärfte natürlich die Verkehrssituation, besonders kurz nach Feierabend.
    Zum Glück stellten sich seine Befürchtungen als unbegründet heraus, und er schaffte die Fahrt nach Marxloh in rekordverdächtiger Zeit, auch wenn er dafür gezwungen war, einige Verkehrsregeln außer Kraft zu setzen. Immerhin war fast so etwas wie Gefahr im Verzug, dachte er, da konnte man sich nicht sklavisch an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.
    Nachdem er auf der B 8 noch eine haltende Straßenbahn überholt hatte, bog er links in eine Seitenstraße ein. Sein Wagen rollte durch das Viertel in Richtung Bruckhausen. Die Häuser präsentierten sich in schmuddeligem Einheitsgrau und wirkten zum Teil sehr heruntergekommen. Die wenigen parkenden Autos am Bordstein hatten wohl auch schon bessere Tage gesehen. Das Geld für den Strukturwandel schien hier nicht angekommen zu sein. Vielleicht würde es anders werden, sobald man ein weiteres Industriegelände in einen riesigen Park umgewandelt haben würde. Wo hatte er noch gleich über dieses Projekt gelesen? Nicht wichtig, er hatte jetzt andere Probleme.
    Was, wenn Olli wirklich der Mörder von Erwin Lützow war und sich in die Enge getrieben fühlte? In diesem Fall wäre er wirklich besser nicht mit Olaf Stratenschulte allein. Pielkötter würde ihm ganz schön die Ohren lang ziehen, sofern er zu dem Umgehen der Dienstvorschriften auch noch die Ermittlungen vermasselte. Aber Olli ein Mörder? Nein, das traute er dem kleinen Ganoven nicht zu. Der hatte sich auf Einbruch in Spielhöllen spezialisiert und sonst nichts.
    Abrupt stoppte Barnowski vor einer Wohnungstür, die zu einer ganzen Häuserzeile gehörte. Während er ausstieg, wanderten seine Augen an den Fenstern mit zum Teil schmutzigen Gardinen entlang. Im ersten Stock schaute eine leicht füllige Frau mit blond gelockten Haaren neugierig auf ihn hinab. Ihre Arme ruhten auf einem Kissen, das auf dem Fensterbrett lag. Als Barnowski ihren Blick erwiderte, lächelte sie und entblößte dabei eine Reihe fast makelloser Zähne.
    Er lächelte kurz zurück und wandte sich dann zur Tür. Während er die Namen auf den Klingeln von unten nach oben durchging, kontrollierte er den Sitz seiner Dienstwaffe. Markus Mahlzahn, Yüksel Tahsin, Lazarek, Yilmaz, Üstünel, Stratenschulte las er. Offensichtlich wohnten jeweils zwei Parteien auf jeder Etage, und Olli hauste im dritten Stock. Der Summer ertönte, noch ehe er auf eine der Klingeln gedrückt hatte. Verwundert stieß Barnowski die Tür auf und stieg die Stufen hinauf, seine Rechte immer an der Dienstwaffe. Im ersten Stock stand die linke Wohnungstür offen, und die Frau vom Fenster hatte sich gegen den Rahmen gelehnt.
    »Son leckeret Bürschchen will wohl nich zu mir«, gurrte sie mit einem Augenaufschlag, den sie bestimmt lange geübt hatte, oder sie war einfach ein Naturtalent. »Sowat wie Sie kriech ich sons nich zu Gesicht, dat können Se mir glauben.«
    »Vielleicht beim nächsten Mal«, erwiderte Barnowski schlagfertig, während er sie mit seinem strahlenden Lächeln bedachte. »Aber heute wollte ich zu Herrn Stratenschulte. Der wohnt doch noch hier?«
    »Klar, Mann. Über Tach ist der auch fast immer inne Bude, nur nachts isser meist auf Jück. Oder der hat ne Maloche mit Nachtschicht. Keine Ahnung. Von Haus aus hab ich ja nix von Neugierde wech. Ich frag ja nich so schnell nach. Geht mich ja auch nix an, wat die Nachbarn so machen.«
    Barnowski stieg zwei weitere Stufen hoch, aber die Frau kümmerte es nicht, sie redete weiter.
    »Ich sach ja immer, jeder kehre vor seine eigene Tür«, fuhr sie mit lauter Stimme fort. »Dat mit der Schwarzarbeit von dem muffeligen Lazarek is mir ja auch schnurz. Ja nu, dat der einfach Arbeitslosengeld abkassiert, wo der fast ne Ganztagsstelle bei dem Schrotthändler in der, ja wie heißt die Straße noch gleich … eigentlich egal. Is jedenfalls ne Sauerei anne Allgemeinheit, geht mich im Speziellen aber nich direkt wat an.«
    Barnowski nutzte ihre kurze Atempause, um seinen Finger auf den Mund zu legen und dann mit einem vielsagenden Blick nach oben zu schauen.
    Die Frau nickte. Verschwörerisch ahmte sie seine Geste nach. »Hab direkt geahnt, dat se vonne Bullen, äh, ich mein Polente sind«, flüsterte sie. »Sybille hat dafür nen Riecher.«
    Mit seinem gestreckten Daumen gab ihr Barnowski zu verstehen, dass sie voll

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