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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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allen Zeitungen gestanden. Er kam zu dem Schluss, dass es ihm eigentlich um eine ganz andere Frage ging. Aus welchem Grund war Katharina Gerhardt heute hier? Wegen des Themas? Oder aus Interesse an ihm? Eine Überdosis Adrenalin schoss durch seine Adern. Hatte sie die erstbeste Gelegenheit genutzt, um ihn wiederzusehen? Pielkötter schaute erneut zu den hinteren Reihen, ohne im Dunkeln wirklich etwas sehen zu können. Eine Flut unterschiedlichster Gefühle stürzte auf ihn ein. Dabei musste er einen kühlen Kopf bewahren. In diesem Moment und vielleicht überhaupt. Der Film lief nur noch wenige Sekunden, wahrlich ein schlechter Zeitpunkt, sich derart weitreichende Fragen zu stellen.

    Mit einem kurzen Knopfdruck tauchte Pielkötter den Saal in helles Licht. Inzwischen hatte er sich wieder etwas gefangen und präsentierte den Teilnehmern doch noch diverse Werkzeuge wie Brechstange und Stemmeisen, die dem fast mühelosen Einbruch dienten. Nachdem noch einige Zuhörer die Hilfsmittel in die Hand genommen hatten, läutete Pielkötter die Diskussionsrunde ein. Scheinbar souverän beantwortete er allerlei Fragen und hoffte, dass keiner merkte, welche Mühe ihn das kostete. Zwischendurch war er immer wieder versucht, in Katharinas Richtung zu schauen, aber das gestattete er sich nicht. Fast wünschte er, auch sie würde das Wort an ihn richten, diese Hoffnung blieb jedoch unerfüllt. Bestimmt war es besser so. Vielleicht würde sie die Veranstaltung einfach verlassen, ohne ein Wort mit ihm gewechselt zu haben. Aber wollte er das? Wollte er das wirklich?
    »Und wie hoch sind die Kosten für die Sicherung einer Terrassentür?«, hörte Pielkötter wie ein Echo aus der Ferne. Hatte der Teilnehmer diese Frage tatsächlich schon zum zweiten Mal gestellt?
    Er versuchte, die Situation mit einem seltenen Lächeln zu überspielen. Nachdem er geantwortet hatte und für wenige Sekunden keine erhobene Hand mehr zu sehen war, bedankte er sich für die Aufmerksamkeit und wünschte den Teilnehmern einen sicheren Heimweg. Während er auf dem Podium verharrte, strömten die Zuhörer aus dem Saal. Sein Blick heftete sich an eine grüne Jacke, die sich nach und nach aus seinen Augen verlor.
    Erst als alle verschwunden waren, packte er mit zitternden Händen den Laptop, den Beamer und die Werkzeuge ein. Einen Vortrag vor so vielen Menschen zu halten war wirklich schon aufregend genug, aber die Anwesenheit von Katharina hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Und nun war sie einfach ohne ein Wort verschwunden und ließ ihn mit seiner Verwirrung allein. Seufzend löschte er das Licht und verließ den Saal.
    Im Treppenhaus stand Katharina Gerhardt und wartete auf ihn.
    »Nett, Sie zu treffen«, begrüßte sie ihn mit leicht rauchiger Stimme. Als sich ihre Hände berührten, durchströmte ihn ein angenehmes Gefühl. »Ich hoffe, es war Ihnen nicht unangenehm, auch vor jemandem zu referieren, den Sie persönlich kennen.«
    »Kennen« hallte es in Pielkötters Gehirnwindungen nach. Nein, das war es nicht. Es gab viele, die er kannte, aber keiner von denen hätte ihn derart aus dem Konzept gebracht.
    »Falls doch, entschuldige ich mich hiermit für mein unangemeldetes Erscheinen«, durchbrach sie seine Gedanken. »Und als Wiedergutmachung gebe ich Ihnen ein Bier im Köpi aus.«
    Pielkötter schoss eine Flut widersprüchlicher Antworten durch den Kopf. Zudem war er unsicher, ob er überhaupt auf ihre Frage nach seiner Verfassung während des Vortrags eingehen sollte oder einfach nur auf ihr Angebot. »Ich nehme die Einladung gerne an«, hörte er sich plötzlich einwilligen. »Allerdings nicht heute.« Dabei konnte er sich hinterher weder erklären, warum er zugesagt hatte, noch weshalb er quasi um Aufschub gebeten hatte.
    In ihren Augen zeigte sich kurz ein Anflug von Enttäuschung. Oder hatte er sich geirrt? Bildete er sich etwa nur ein, sie sei ausschließlich seinetwegen zu dem Vortrag gekommen?
    »Nun, dann eben keine Wiedergutmachung für heute«, entgegnete sie, wobei sie sich offensichtlich um einen neutralen Tonfall bemühte. »Vielleicht klappt es ja ein anderes Mal.«
    »Morgen Abend vielleicht?«, fragte Pielkötter.
    Ihre Augen schienen zu lächeln. »Wann haben Sie denn Dienstschluss? Vom Präsidium bis zum Köpi ist es ja nicht so weit.«
    »Durch unseren aktuellen Fall haben wir einige Außentermine, aber meist kehre ich anschließend noch einmal in mein Büro zurück. Ich denke, um neunzehn Uhr müsste es gehen.«
    »Das passt gut.

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