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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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Buben?«
    »Keine Sorge«, erwiderte Pielkötter, wobei er sich seltsam unwohl fühlte. Dabei brauchte er doch wirklich nicht zu befürchten, dass man ihm das Treffen mit Katharina an der Nasenspitze ansah. Trotzdem machte er sich besser schnell aus dem Staub, ehe der Nachbar unangenehme Fragen stellen konnte.
    »Und?«, ließ sich Alfons nicht so leicht abschütteln. »Weilt Marianne noch immer in Mailand?«
    »Ja, ja«, antwortete Pielkötter im Gehen. »Ich muss sofort los. Bin wirklich spät dran.«
    »Na dann, einen schönen Abend«, rief der Nachbar ihm hinterher, was einen Hauch ironisch klang. Oder war er jetzt einfach nur zu empfindlich?

    Pielkötter fühlte er sich in seine Jugendzeit zurückversetzt, als er vor dem Köpi stand. Dabei war er doch ein abgeklärter Kriminalkommissar, dachte er. Rein privat befand er sich heute Abend auf dünnerem Eis als jemals zuvor, versuchte er, sich seine Stimmung zu erklären. Pielkötters Herz pochte lauter, und er beendete abrupt den inneren Dialog. Schräg gegenüber, neben der Stadtbibliothek hatte er Katharina Gerhardt wahrgenommen. So schnell es ihre hochhackigen Pumps erlaubten, lief sie direkt auf ihn zu.
    »Ich hoffe, Sie warten noch nicht allzu lange«, begrüßte sie ihn mit einem Lächeln, das ihn wieder an Inken, seine erste Liebe, erinnerte. Ein Hauch von Katharinas exotischem Parfüm wehte zu ihm herüber und mischte sich mit dem Duft seines neuen Rasierwassers.
    »Nein, ich bin gerade gekommen«, erwiderte Pielkötter und gab ihr die Hand. Der Druck ihrer langen, schmalen Finger traf ihn unerwartet und beflügelte unwillkürlich seine Fantasie. Zurück auf den Teppich, rief er sich zur Räson. Das war ein einfacher Händedruck und weiter nichts. Da etwas hineinzuinterpretieren, was allenfalls seiner Wunschvorstellung entsprach, war völlig absurd.
    »Eigentlich ist es viel zu schön, um drinnen zu sitzen«, durchbrach sie den inneren Zwist. »Vielleicht können wir auf der Königstraße spazieren gehen.«
    »Eine gute Idee«, pflichtete Pielkötter ihr bei.

    Nebeneinander liefen sie in Richtung des Lifesaver-Brunnens.
    »Was machen Sie jetzt beruflich? Hat sich inzwischen schon etwas Neues ergeben?«
    »Es könnte besser sein, ich bin jedoch zufrieden«, antwortete Katharina Gerhardt. »Ich arbeite als selbstständige Übersetzerin. Wenn alles gut läuft, kann ich sehr gut davon leben. Leider gilt das nicht für jeden Monat.«
    »Und wie kommen Sie in diesem Fall zurecht?«
    »Nun, ich besitze ja die Abfindung von meiner früheren Arbeitsstelle. Zudem habe ich einiges gespart.«
    »Ich glaube, diese Unsicherheit wäre nichts für mich«, gab Pielkötter zu. »Es tut mir sehr leid, dass Sie bisher keine Arbeit mit geregeltem Einkommen gefunden haben.«
    Katharina Gerhardt strich sich eine vorwitzige Strähne ihres rotblonden Haars aus der Stirn. »Als so schlimm empfinde ich das nicht«, erwiderte sie. »Tendenziell geht es bergauf. Bisher ist das Auftragsvolumen stetig gewachsen.«
    Trotzdem hatte Pielkötter in diesem Moment den Wunsch, sie zu beschützen. Als er seinen Kopf etwas zur Seite drehte, trafen sich ihre Augen. Er hatte das Gefühl, in diesem Meergrün zu versinken. Die Unterhaltung stockte. Als das Schweigen langsam unangenehm wurde, überlegte er fieberhaft, worauf er das Gespräch bringen sollte, aber ihm gingen einfach zu viele Gedanken durch den Kopf.
    »Wenn ich mich in der Innenstadt so umschaue, hat sich Duisburg ganz schön gemacht«, kam Katharina ihm zuvor. Sie betrachtete die gelben wellenförmigen Linien auf der Fassade der Königsgalerie. »Immerhin besitzen wir inzwischen sogar drei Einkaufszentren auf engem Raum. Okay, nicht alle sind so groß wie das Forum, aber jedes hat eine eigene Atmosphäre. Finden Sie nicht auch?«
    »Ja doch«, brummte Pielkötter, obwohl ihm das ziemlich gleichgültig war. Shopping war nicht gerade sein Ding, und im Moment ging ihm wirklich anderes durch den Kopf. Aber er bemühte sich. »Ich war seit der Eröffnung vor zwei Jahren erst einmal dort; wenn ich mich recht erinnere, habe ich damals einen Kaffee getrunken. Nach einem Außentermin mit Barnowski.«
    Wieder schwiegen sie eine Weile.
    »Ich glaube, manchmal machen Sie es sich und anderen unnötig schwer«, bemerkte Katharina unvermittelt.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun ja, ich habe das Gefühl, ich komme überhaupt nicht an Sie heran.«
    »Wollen Sie mir denn nahekommen?«, fragte Pielkötter zum ersten Mal mit dem Anflug eines

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