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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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die Verfasserin nicht nach Frankfurt wechseln wolle. Im Oktober sollte ich mich in Frankfurt vorstellen und zum Ausbildungshalbjahr Januar/Februar nach Frankfurt wechseln.
    In unserer Filiale herrschte nach diesem Anruf große Aufregung. Mein Personalleiter vergaß sämtliche Kleidungsvorschriften, ignorierte geflissentlich meine Hose und schwelgte in höchsten Tönen von meinem Talent. Sicherlich würde ich dort in der Werbeabteilung prima aufgehoben sein und ganz bestimmt würde mir auch die Niederlassung gefallen, denn diese sei mit unserer Filiale größenmäßig und karrieremäßig in nichts zu vergleichen.
    »Glückwunsch, Frau Al-Farziz! Wir sind sehr stolz auf Sie!«, sagte er zum Abschluss des Gespräches, und ich platzte vor Stolz.
    Das war meine große Chance, dem Kleinstadtmief, Jürgen und meiner Mutter endlich zu entkommen. Innerlich schwor ich mir feierlich, diesen beiden Leuten zu beweisen, dass ich niemals in der Gosse landen würde, sondern eine glänzende berufliche Karriere hinlegen würde.
    Es dauerte nicht lange, und eines Abends klopfte es urplötzlich an meiner Tür. Als ich öffnete, traute ich meinen Augen nicht. Meine Mutter und ihre tolle Freundin Uta, die Mutter von Arndt und Werner, standen im Türrahmen und sahen ganz so aus, als wollten sie tatsächlich in mein Zimmerchen kommen.
    »Ich muss mit dir reden«, sagte meine Mutter, und schon waren beide Frauen eingetreten. Uta pflanzte sich breit auf mein kleines Sofa, und meine Mutter setzte sich mit angewidertem Gesicht auf den einzigen Stuhl und betrachtete mit Herablassung meine spärlichen vier Wände.
    »Mir ist zugetragen worden, dass du nach Frankfurt willst. Stimmt das?« Der Ton meiner Mutter verhieß, wie immer, nichts Gutes.
    »Ich WILL nicht nach Frankfurt, ich WURDE ANGEFORDERT. Von der Werbeabteilung der Niederlassung«, antwortete ich nicht ohne Stolz in der Stimme.
    Uta und meine Mutter schien das alles nicht zu beeindrucken. Weder nahmen sie Notiz von meinem offensichtlich existierenden Talent, noch honorierten sie meine Leistung. Es war wie verhext. In der Bank feierten sie mich, und meine eigene Mutter erzählte mir mal wieder, wie unerträglich ich doch für sie sei. In einer solchen Stadt würde ich verkommen und vergammeln, als Nutte in der Gosse landen und natürlich nur auf die schiefe Bahn geraten. Hier in unserer Stadt sollte ich gefälligst bleiben.
    »Kannst du, verdammt noch mal, nicht ein einziges Mal in deinem verkommenen Leben irgendetwas SO machen, dass es NORMAL ist?«, schnauzte mich meine Mutter an.
    »Ich bin es so leid mit dir. Ich hatte gedacht, dass du deine Banklehre ordentlich zu Ende bringst, dann irgendwann heiratest und von mir aus Kinder bekommst und dass endlich mal Ruhe einkehrt! Du machst mich krank!«
    Beide Frauen erhoben sich in größtem Einvernehmen, und selbst Uta gab jetzt ihren Senf dazu. »Es wird Zeit, dass du normal wirst, Christine.«
    Ich stand in meinem kleinen Zimmerchen und war vollkommen sprachlos. Den ganzen Abend heulte ich wie ein Schlosshund, stopfte mich zwischendurch mit Pfannkuchen voll (das war am billigsten), kotzte, heulte und stopfte mich wieder voll. Ich spürte, wie ich fast gänzlich die Kontrolle über mich verlor, und lag irgendwann in der Nacht heulend und würgend auf den Fliesen meines kleinen Badezimmers. Mein Kreislauf machte nicht mehr mit, und meine Seele schrie vor Schmerz. Am Morgen ging ich wie betäubt zur Bank und versuchte, so gut es ging, meine Arbeit zu verrichten. Etwas in mir war in dieser Nacht zerbrochen. Ich konnte keine Gefühle mehr einordnen und keinen klaren Gedanken fassen. Ich wusste nur eines: In dieser Stadt würde ich nicht bleiben, und nach Frankfurt würde ich auch nicht gehen. Ich hatte jeden Ehrgeiz verloren, und alles in mir war auf die bloße Existenzerhaltung reduziert worden.
    In der Mittagspause schlich ich mit hängendem Kopf durch die Stadt und wurde auf einmal von der Seite angesprochen.
    »Darf ich dich zum Kaffee einladen?«, fragte eine männliche Stimme.
    Vor mir stand ein braungebrannter Mann, Typ Schimanski, offensichtlich locker zehn bis fünfzehn Jahre älter als ich und mit perlweißen überkronten Zähnen im Mund. Ein dickes Goldkettchen zierte seinen Hals. Dieser Mann lachte mich charmant an und zwinkerte mit den Augen.
    »Ich möchte gerne mit dir einen Kaffee trinken. Gib mir jetzt keinen Korb, ja?«
    »Gerne«, strahlte ich zurück und verbrachte eine Stunde mit Timo im Café in der Altstadt. Ich erfuhr,

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