Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
ein, is ja klar. Das Einzigste, woran ich mich erinner, is der Tag, wo er mir in den Hintern gekniffen hat, und da war ich ja bloß ’n kleines Mädel.
    Na, dann lass uns mal gehn. Nich, dass noch wer denkt, ich leg die Füße hoch, nur weil deine Mama nett zu mir is. Lass uns runtergehn und schauen, ob’s noch was zu tun gibt ... Und, Stanley, mal ganz ehrlich: Das mit dem Salz und den grünen Bohnen hätt ich nich sagen sollen, oder?«
    »Nein, Ma’am.«
    »Hab ich in dem Moment gewusst, wo’s mir über die Lippen kam. Aber ich konnt’s mir einfach nich verkneifen.«
     
    Sobald das Autokino geschlossen war und Rosy Mae ihren Schlafplatz auf dem Sofa eingenommen hatte, schlich ich, während Nub zusammengerollt auf meinem Bett liegen blieb, aus meinem Zimmer, öffnete Callies Tür und streckte meinen Kopf in ihr Zimmer. »Callie?«
    »Was machst du denn hier?«, fragte sie.
    »Ich will mit dir reden.«
    »In den letzten beiden Tagen hast du mehr mit mir geredet als in den letzten dreizehn Jahren.«
    »Ich hab ein paar Sachen über das alte Haus rausgefunden, das abgebrannt ist.«
    »Oh ... dann komm rein.«
    Ich ließ mich am Fußende ihres Bettes nieder. Callie setzte sich auf und drehte sich zu mir, doch ich konnte sie nicht genau erkennen. Das dunkle Haar fiel ihr offen über die Schultern, und das Mondlicht erhellte einzelne Züge ihres Gesichts und das Pferdemuster auf ihrem Schlafanzug. Im Fenster kämpfte der wassergekühlte Ventilator die warme Luft nieder.
    »Was hast du rausgekriegt?«, fragte sie.
    Ich erzählte ihr, was ich von Rosy Mae erfahren hatte.
    »Das ist irgendwie unheimlich, Stanley. Stell dir mal vor, gleich hinter unserem Haus ist ein junges Mädchen verbrannt!«
    »Das Unheimliche daran ist«, antwortete ich, »dass ein anderes junges Mädchen namens Margret in derselben Nacht, in der Jewel Ellen Stilwind gestorben ist, ermordet wurde, und dass Jewel Ellen einen Bruder hat, der James heißt. Findest du’s nicht eigenartig, Callie, dass die Briefe drüben in meinem Zimmer von M an J geschrieben sind? Von Margret an James, der sie geschwängert hat!«
    »Vielleicht hat das alles auch gar nichts miteinander zu tun. Bis ich es dir erzählt habe, wusstest du ja nicht mal, wie Mädchen schwanger werden.«
    »Aber jetzt weiß ich es. Komm schon, das ist doch wirklich spannend, oder?«
    »Morgen können wir ja mal über die ganze Sache nachdenken. Aber jetzt muss ich schlafen. Ich bin total müde. Zisch ab.«
    Ich erzählte Callie, was Rosy über Margrets Geist gesagt hatte, über den fehlenden Kopf und den Wolfsmenschen.
    »Ach Quatsch. Das glaub ich nicht. Farbige erzählen immer solche Schauergeschichten. Außerdem will ich das jetzt gar nicht hören. Irgendwie finde ich das alles ganz schön gruselig, und ich will keine Albträume kriegen. Jetzt hau endlich ab.«
    »Jedenfalls hat das eher was miteinander zu tun, als dass dir irgendjemand diesen Ballon durchs Fenster geworfen hat, in dein Zimmer unten.«
    »Stanley, du kleiner Scheißer, verpiss dich endlich!«
    Ich verpisste mich reuevoll, denn es war klar, dass ich mir die letzte Stichelei besser verkniffen hätte, wenn mir Callie weiterhin helfen sollte. Aber, verflixt noch mal, ich war nun mal ihr kleiner Bruder; ich konnte einfach nicht anders.
    Statt mich gleich schlafen zu legen, holte ich die Briefe unterm Bett hervor und schaute sie mir an. Auch die Tagebuchseiten las ich sorgfältig durch. An keiner Stelle, weder in den Briefen noch im Tagebuch, wurde Margrets Nachname erwähnt. Aber ich war davon überzeugt, dass diese Briefe an James geschrieben worden waren und dass Margret die Seiten aus ihrem Tagebuch gerissen und sie ihm gegeben hatte. Vielleicht damit ihre Mutter sie nicht sah, oder als besonderes Zeichen für irgendetwas.
    Ich legte die Briefe und Blätter zurück, ging ins Bett und träumte von einem enthaupteten Mädchen, das an den Bahnschienen entlanggeht und nach seinem fehlenden Kopf sucht. Außerdem träumte ich von einem Wolfsmenschen, wie Rosy ihn genannt hatte, der mit Margrets Kopf im Maul durchs Gestrüpp rennt.
     

5
     
    Am nächsten Morgen nahm ich Callie nach dem Frühstück beiseite, und wir gingen hinaus auf den Parkplatz des Autokinos.
    »Hilfst du mir, den Rest auch noch rauszufinden?«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    »Gestern Nacht hast du gesagt, du machst es.«
    »Ich hab mich nicht festgelegt. Gestern Nacht hat es sich noch ganz spannend angehört. Aber jetzt, bei Tageslicht betrachtet, bin ich mir

Weitere Kostenlose Bücher