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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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wieder herauskam, unterhielt Callie sich gerade mit James Stilwind. James hatte ein breites Grinsen im Gesicht, und sein Gebiss glänzte wie eine Klaviertastatur.
    »Jim will mir den Filmprojektor zeigen «, sagte Callie.
    »Wir haben auch einen zu Hause«, erwiderte ich. »Den zeige ich dir gerne.«
    »Der hier funktioniert ein wenig anders«, sagte James. »Geht ganz schnell. Lauf du doch mal zum Imbissstand und hol dir was, egal was. Sag einfach, ich weiß Bescheid. Willst du auch was, Schätzchen?«
    »Nein, danke.«
    Schätzchen? Das ging ja schnell. Er redete mit ihr, als wären sie bereits ein Paar.
    »Dauert nur eine Minute«, sagte Callie.
    »Ist gut«, antwortete ich.
    Auf dem Weg zum Imbissstand merkte ich, dass ich gar keinen Appetit hatte. Mein Magen war immer noch ziemlich voll, und zu Hause im Autokino stand dieses ganze Zeug ebenfalls körbeweise herum. Ich stellte mich ans Fenster in der Nähe des Ausgangs und schaute hinaus.
    Draußen war es ziemlich hell, und nach der Dunkelheit im Kinosaal traf mich die gleißende Sonne fast wie ein Schlag. Ich kniff die Augen zusammen, bis ich wieder etwas sah.
    Es hatte leicht genieselt, während wir uns die Filme angeschaut hatten. Inzwischen war der Himmel wieder blau, aber die Straßen dampften, und die vorbeifahrenden Autos schienen wie auf Watte oder auf Wolken zu schweben.
    Als mir das zu fade wurde, ging ich schließlich doch zum Imbissstand, um wenigstens irgendetwas zu tun zu haben. Ich fragte das Mädchen, das dort arbeitete, ob ich eine Coke kriegen könnte. James habe mich geschickt und es gehe aufs Haus, fügte ich hinzu.
    Sie zapfte die Cola so rasch, als wäre es das Schlimmste, was sie je hätte hinter sich bringen müssen. Als sie das Glas vor mir auf den Tresen knallte, stellte ich fest, dass es dasselbe Mädchen wie beim letzten Mal war.
    »Hat er deine Schwester dabei?«, fragte sie und ließ eine Kaugummiblase platzen.
    »Er zeigt ihr den Projektor.«
    Sie schnaubte. »Das und noch viel mehr.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Sie schnaubte wieder. »Dafür bist du noch zu jung.«
    Ich war nicht so jung, wie ich aussah. Nicht mehr. Nicht nach diesem Sommer. Mich durchlief ein Prickeln wie von tausend heißen Nadeln. Ich ließ die Cola stehen, wo sie war, und ging zu der Tür, die zum Vorführraum führte.
    »Willst du die Cola jetzt oder nicht?«, rief mir das Mädchen hinterher.
    Ich öffnete die Tür und stand in einem kurzen, dunklen Flur, von dem eine Treppe abging. Im Licht einer schwachen Lampe konnte ich gerade so die Stufen erkennen.
    Ich stieg hinauf. Rechts von mir war eine Wand, links ein kleiner Durchgang und an dessen Ende der Vorführraum. Vom Durchgang aus konnte ich einige Leute auf den hinteren Rängen sehen. Selbst im Dunkeln erkannte ich, dass es alles Farbige waren. Dann schweifte mein Blick nach vorn zu den Reihen, wo das weiße Publikum saß, bis hin zur Leinwand. Nebenan hörte ich den Projektor rattern. Im Vorführraum erklang ein dumpfes Geräusch, und irgendetwas schlug gegen die Wand.
    Da stand ich also, wusste nicht genau, was tun – und fällte eine grundlegende Entscheidung. Ich ging hinüber zum Vorführraum und drückte die Klinke, doch es war abgeschlossen.
    »Callie«, rief ich.
    »Hau ab«, sagte James. »Wir kommen gleich.«
    Ich konnte ihn kaum verstehen. Seine Stimme klang gedämpft, als spräche er in ein Kopfkissen. Der Raum war so gut wie schalldicht isoliert.
    Ich trat mit aller Macht gegen die Tür.
    »Hol Daddy her«, hörte ich Callie sagen. »Hol ...«, und dann erstickte ihre Stimme.
    Ich rammte mit der Schulter gegen die Tür und fing an, Callies Namen zu rufen.
    Nach dem zweiten oder dritten Mal öffnete sich plötzlich die Tür, James packte mich, zog mich hinein und schloss die Tür wieder.
    »Halt’s Maul. Du störst nur alle. Ich sollte dir den Arsch versohlen.«
    Ich schaute zum Projektor, der vor sich hin ratterte; sein kleiner Lichtstrahl leuchtete blau hier drin, und in diesem Blau sah ich Callie an der Wand stehen. Ihrer Bluse fehlten oben zwei Knöpfe. Dann sah ich, dass James Schrammen im Gesicht hatte, vom Auge bis zum Kinn.
    »Was macht ihr hier?«, fragte ich.
    »Dafür bist du noch zu jung«, sagte er.
    Callie huschte zu mir herüber. Als sie an der Tür stand, sagte sie zu ihm: »Wehe, wenn du mich noch einmal anrührst, kapiert? Wenn mein Daddy das erfährt, dann bricht er dir jeden einzelnen Knochen im Leib!«
    James kam näher und lachte kurz auf. »Wäre wahrscheinlich

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