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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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leise Hoffnung, bei diesem Wetter weniger Leute auf den Straßen anzutreffen, erfüllte sich aber nicht; außerdem ging der Regen in Geniesel über, als Matzbach eben den Bonner Nordverteiler verließ, und lange vor Erreichen des Kölner Südens brach die Sonne durch und erfüllte die sichtbare Welt mit der optischen und thermischen Entsprechung von Blöken und Grölen.
    Kurz nach Vollendung des ersten Kaffees betrat jemand das Antiquariat; es war jedoch kein prospektiver Kunde, sondern ein Fahrradkurier (abgestiegen), der Matzbach einen dicken Umschlag brachte.
    Er enthielt die erbetenen Unterlagen über die mysteriöse Säuglingsentführung in Klitterbach: Kopien, Ausschnitte, grobkörnige Fotos. Nach Abzug der Rhetorik, welcher sich offenbar alle mit dem Fall befaßten Dam- und Herrschaften zu befleißigen verabredet hatten, blieben ein paar nicht gerade sättigende Fakten, die Matzbach sich, um sie halbwegs genießen zu können, aus der Mangelsprache der Unterlagen ins Baltasarische übersetzte:
    Am 1. Juli genas Babette F., Gemahlin von Dr. Albrecht F., eines Knäbleins, dessen sie durch Handreichungen einer Hebamme sowie vermöge der medizinischen Tüchtigkeit des zeugenden Gemahls (und ob eigener Wünsche) zu Hause entbunden ward. »Gebären begehren?« murmelte Matzbach. »Gier gebärdet, Begehr gebiert? Ah, wenn man nur wüßte. Weiter.«
    Solches geschah des Abends. Am nächsten Tage kamen zwei oder etliche Freunde bzw. Nachbarn vorbei, wurden eines schlummernden Bündels ansichtig und genossen mit den Eltern einen muttermilchtreibenden Sekt – Champagner, hieß es in einem anderen Artikel – sowie des heiteren Tages besonnte Anmut. Nachmittags, zur Siesta, stunden dem schönen Wetter Türen und Fenster offen; die junge Mutter schlummerte, den Knaben in der Wiege zur Linken des Pfühles, während der Vater in der Küche größere Kaffeemengen für die erwarteten Besucher bereitete. Nach einiger Zeit bemerkte er, daß sich dräuende Wolken am Himmel ballten und zu balgen begannen; auch erhob sich ein Wind. Das sommerliche Unwetter mit Donner und mehrstündigem Platzregen ahnend, schloß der Hausherr Türen und Fenster, um Zugluft und sonstiger Unbill zu wehren. Als er dabei auf Zehenspitzen, um nicht zu stören, die Zweisamkeit von Mutter und Sohn zu beschauen begehrte, fand er die erschöpfte Mutter schlummernd und die Wiege leer.
    So weit etwa der Hergang. Nun malten die mit fetten Pinseln gerüsteten Journalisten üppig das Entsetzen aus, ließen Nachbarinnen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und die Medien eingreifen. Ein Freund der Eltern, ebenfalls pinseliger Journalist im Dienst eines größeren Privatsenders, und dessen Freundin, die seine Tätlichkeiten durch Verfertigen tränenreicher Prosa für ein Boulevardblatt ergänzte, waren zufällig zum Geburtskaffee angemeldet, erschienen nahezu zeitgleich mit der vom Vater Dr. F. alarmierten Polizei und monopolisierten in den nächsten Tagen die Berichterstattung. Es herrschten Sommer und Überfluß an sauren Gurken, daher genoß man das Wetter und die gesteigerten Quoten bzw. Auflagen. Am Tag nach dem Verschwinden des Säuglings erfuhr man, daß kurz vor Eintreffen der ersten Beamten jemand im Hause F. angerufen habe. Der Säugling sei wohlauf, man verlange von dem zweifellos gutverdienenden Arzt 50.000 Euro und werde sich wieder melden, um Einzelheiten der Übergabe zu erörtern.
    Diese zweite Meldung fand jedoch nicht statt. Zur Verzweiflung der Eltern und zum Entsetzen der Berichterstatter schwelgten die Entführer in ungepflegtem Schweigen, wenn man nicht mehrere anonyme Briefe (zusammengesetzt aus Buchstaben, die jemand ausgerechnet aus der Zeitung geschnipselt hatte, für welche die Freundin des Fernsehmannes arbeitete) als Wortmeldung betrachten wollte. Da die Briefe jedoch nichts an Informationen oder auch nur präzisen Forderungen enthielten, wollte dies keiner.
    Nach zehn Tagen zermürbenden Wartens setzte der Vater die geforderten 50.000 Euro als Belohnung aus für Hinweise, die zum Auffinden des Kindleins führen würden; eine Woche später erhöhte er auf 100.000 – aber nichts geschah.
    Matzbach zog einen Flunsch. Er hatte alles gesichtet, mit teils breitem, teils angewidertem Grinsen die Prosa der Berichte (auch der diversen Transkriptionen von Fernsehsendungen) gekaut und zwischenzeitlich gekichert. Stumm entschuldigte er sich nun bei den Eltern, die das alles sicher nicht lustig fanden; andererseits waren sie wohl nicht ganz

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