Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
Keuchen gehört. »Finden Sie nicht?«
Celestine erwies sich der Herausforderung gewachsen.
»Es steht Ihnen parfaitement . Und weil Sie gerade da sind, möchte ich bitten, dass Sie auch das Kleid aus waldgrünem Satin anprobieren.« Sie trat vor und deutete auf die Stelle hinter der Abtrennung.
Clarice machte Anstalten, sich zurückzuziehen, blieb aber im letzten Moment stehen und schaute wieder die beiden Harpyjen an. »Vielleicht interessiert es Sie, dass bezüglich der Angelegenheit, die Sie eben so angeregt diskutiert haben, ich gestern erst beim Bischof von London vorgesprochen habe. Seine Absichten stehen in seltsamem Widerspruch zu dem, was Sie ihm unterstellen.« Sie machte eine Pause, erwiderte ihre erstaunten Blicke und fügte in eisig hochmütigem Ton hinzu: »Vielleicht sollten Sie berücksichtigen, auch wenn Sie sicher Experten auf dem Gebiet sind, wenn es um Skandale geht, kenne ich mich besser aus als die meisten.«
Mit dieser Schlussbemerkung verschwand sie wieder hinter der Abtrennung.
Celestine folgte ihr.
»Chérie, es tut mir so leid.«
»Das muss es nicht. Es ist sehr nützlich, dass ich so früh von den Gerüchten erfahren habe.« Mit einer Handbewegung gab Clarice der Assistentin zu verstehen, sie möge sich mit dem Aufschnüren des Kleides beeilen. »Ich nehme das hier auf jeden Fall. Bitte schicken Sie es ins Benedict’s. Ich komme morgen früh wieder, um zu sehen, was Sie sonst noch haben.«
Celestine seufzte.
»Es tat mir nicht wegen der beiden Damen leid.«
Im Spiegel schaute Clarice Celestine an.
»Weswegen sonst?«
»Nun, dass ich den waldgrünen Satin erwähnt habe.« Celestine
stellte sich anders hin, um in den Verkaufsraum zu schauen. »Die beiden sind gegangen, aber es sind noch sechs weitere Damen hier, die alles gesehen und mit angehört haben. Wenn Sie dieses Gerücht im Keim ersticken wollen, müssen Sie jetzt den grünen Satin probieren, nicht wahr?«
Jetzt war es Clarice, die seufzte.
»Ja, Sie haben recht.« Sie senkte die Schultern, ließ sie kurz kreisen und hob sie dann wieder. Die pflaumenfarbene Seide glitt an ihr herab und sammelte sich zu ihren Füßen. Zweifellos interessant; wenigstens war sie der Ansicht, Jack würde es ebenso sehen. »Bringen Sie den waldgrünen Satin, aber dann muss ich wirklich gehen.«
Wie es gewöhnlich bei jedem Kleid der Fall war, das Celestine einem persönlich empfahl, stand ihr der waldgrüne Satin ganz ausgezeichnet. Daher konnte die Zeit, die sie dafür benötigte, es anzuprobieren, wirklich nicht als Verlust gewertet werden.
Aber sie hatte die Wahrheit gesagt: Sie wusste alles, was es über Klatsch und Tratsch in der guten Gesellschaft zu wissen gab. Zwar war es ihr vielleicht gelungen, zwei der schlimmsten Vertreterinnen ihrer Zunft vorübergehend zum Schweigen gebracht zu haben, aber damit war die Sache noch lange nicht erledigt. Wenn Grimwalde und Raleigh die Neuigkeiten bereits gehört hatten, dann wussten auch andere davon. Die Lage zwang sie zu sofortigem und entschiedenem Handeln.
Und zudem legte Grimwaldes Schadenfreude über den Niedergang »dieser grässlichen Frau« die Vermutung nahe, dass ihre Stiefmutter Moira in den letzten Jahren nicht liebenswerter geworden war oder größeres Ansehen gewonnen hätte.
Die Verteidigung der Familienehre konnte ebenso Clarice zufallen. Sie musste auf jeden Fall ihren Teil dazu beitragen und sich in der guten Gesellschaft bewegen, was wiederum hieß, dass ihre neuen Kleider so wesentlich waren wie eine
Rüstung auf dem Schlachtfeld. Nichtsdestotrotz verließ sie so schnell wie möglich unauffällig den Modesalon und ging die Stufen zur Straße hinunter.
Keine Ausflüchte, keinen Aufschub mehr. Selbst wenn Melton noch im Bett lag, würde sie einfach die Anweisung geben, ihn aufzuscheuchen, und dafür Sorge tragen, dass er ihr zuhörte.
Sie hoffte, dass er nicht unter den Nachwirkungen einer ausschweifenden Nacht in der Stadt litt.
Eine der Assistentinnen war vor ihr die Eingangstreppe hinabgelaufen, um ihr die Tür aufzuhalten. Mit einem geistesabwesenden Lächeln trat Clarice auf den Gehsteig. Sie blieb einen Augenblick stehen, bis ihre Augen sich an das grelle Sonnenlicht gewöhnt hatten.
»Da bist du ja, Liebchen. Wir warten schon auf dich.«
Sie blinzelte und hätte einen Schritt zurück gemacht, wenn nicht die Tür direkt in ihrem Rücken gewesen wäre. Vor ihr standen zwei große Männer, der eine rechts, der andere links, und schnitten ihr sehr wirkungsvoll
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