Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
schwer machen? Ihr Leben in Frankreich hatte sie nicht darauf vorbereitet, in England die Rolle der Lady Serena zu spielen. Sie beneidete Nicholas ein wenig um sein sicheres Auftreten. Natürlich hatte auch sie selbst eine gute Erziehung genossen. Doch ab und zu überkamen sie Zweifel daran, dass sie sich in der vornehmen Welt zurechtfinden würde, zu der sie nach dem Willen ihres Vaters bald gehören sollte.
Nicholas hatte sich in die Ställe begeben, um das Satteln der Pferde zu überwachen. Auch er dachte über die Unterschiede zwischen London und Knightswood Hall nach. Früher hatte er die Ruhe des Landlebens nur schwer ertragen können. Er hatte sich einsam gefühlt und den Mangel an Unterhaltung beklagt. Diesmal war das anders. Er hatte gelernt, manches durch Serenas Augen zu sehen. So hatte er die Schönheit des alten Familienbesitzes neu entdeckt. Ja, er empfand sogar ein wenig Stolz darauf, Eigentümer von Knightswood Hall zu sein.
Von jeher hatte er sich verantwortungsbewusst um all das gekümmert, was mit der Verwaltung seines Besitzes zusammenhing. Doch es war eine ungeliebte Pflicht gewesen, und die Früchte seiner Bemühungen hatte er kaum wahrgenommen. Jetzt freute er sich an den grünen Wiesen, den bestellten Feldern und den gut instand gehaltenen Cottages, in denen seine Pächter lebten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren genoss er es, sich auf dem Lande aufzuhalten. Dabei war er sich durchaus darüber im Klaren, dass der Reiz dieses Lebens irgendwann verfliegen würde. Auch Serenas Anziehungskraft würde irgendwann nachlassen. Aber noch war es nicht so weit. Nicholas war entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen.
Er gab sich keinen Illusionen über Serenas Charakter hin. Sie war eine eigenwillige junge Frau. Und da sie es sich in den Kopf gesetzt hatte, baldmöglichst nach London zu reisen, würde sie Knightswood sicher bald verlassen. Vielleicht blieb ihm nur noch dieser eine Tag, um sie zu erobern. Er würde sie küssen, streicheln, überall liebkosen und sie schließlich zu der Seinen machen. Die Vorstellung ließ sein Herz schneller schlagen und jagte ihm einen heißen Schauer über den Rücken. Nie zuvor hatte er dem Zusammensein mit einer Frau so entgegengefiebert.
Titus wieherte. Und Nicholas stellte fest, dass alles für den Ausritt bereit war. „Ich bringe die Tiere selbst nach vorn“, sagte er zu dem Stallburschen und griff nach den Zügeln der beiden Pferde.
Er traf auf Serena, noch ehe er das Haus umrundet hatte.
Als sie Nicholas mit den beiden Reittieren bemerkte, stockte ihr der Atem. Wie attraktiv und männlich er aussah! Ein warmes Lächeln spielte um seine Lippen. Seine leicht gebräunte Haut wirkte dunkel im Kontrast zu dem weißen Krawattentuch. Der einfach, aber perfekt geschnittene braune Rock ließ seine Schultern besonders kräftig erscheinen. Die Reitstiefel waren auf Hochglanz poliert. Die muskulösen Beine steckten in engen Wildlederbreeches.
Serena schluckte. Nie zuvor hatte ein Mann sie so beeindruckt. Fasziniert stellte sie fest, dass sie durch das wie eine zweite Haut sitzende Leder hindurch das Spiel seiner Muskeln beobachten konnte.
Sie musste sich Mühe geben, ihn nicht anzustarren. Himmel, sie benahm sich ja wie ein verliebtes Schulmädchen! Es kostete sie einige Überwindung, ihre Aufmerksamkeit auf die Pferde zu richten. Nicholas würde zweifellos den großen Hengst reiten, was bedeutete, dass die kleine, sehr lebhafte graue Stute mit den großen klugen Augen für sie gedacht war.
Serena trat näher, holte eine Möhre aus der Tasche ihres weiten Rocks und reichte sie dem Tier. „Du bist ja eine richtige Schönheit“, sagte sie leise.
„Sie sind es aber auch“, hörte sie Nicholas murmeln. Er zog ihre Hand an die Lippen und hauchte einen Kuss darauf. Seine Augen verrieten, dass dieser Kuss ihm längst nicht genügte. Voller Verlangen waren sie auf Serenas Lippen gerichtet. Ihr wurde heiß. O Gott, wie sehr sie diesen Mann begehrte!
Titus schnaubte, und die Stute begann unruhig zu tänzeln. „Sie heißt Belle“, erklärte Nicholas, als er Serena die Zügel reichte. „Werden Sie mit einem so temperamentvollen Tier fertig?“
„Aber ja! Wir werden uns wunderbar vertragen. Vermutlich sehnt sie sich – genau wie ich – nach einem ordentlichen Galopp.“
„Halten Sie sie bitte zurück, bis wir uns im freien Feld befinden. Und nun lassen Sie sich von mir in den Sattel helfen.“
Gleich darauf ritten sie los. Serena, die sehr aufrecht im
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