Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
ihrer Hand und drückte einen Kuss darauf. „Da Sie es wünschen, werde ich Sie jetzt allein lassen. Doch zuvor muss ich Ihnen noch etwas sagen. In einem Punkt liegen Sie völlig falsch. Sie haben mich nicht enttäuscht. Nein, ganz gewiss nicht! Sie waren wunderbar!“
Ehe sie ihre Gedanken ordnen und eine Antwort formulieren konnte, verschloss er ihr den Mund mit einem Kuss. „Sie waren wunderbar“, wiederholte er, sprang aus dem Bett, schlüpfte in seine Hose und verließ, die restlichen Kleidungsstücke in den Händen haltend, in aller Eile den Raum.
Selbst wenn Nicholas nicht unter Gewissenbissen gelitten hätte, wäre er in dieser Nacht wohl nicht zur Ruhe gekommen. Sein Zimmer lag nämlich so, dass er jede ankommende oder abfahrende Kutsche und jeden Reiter hören konnte. Außerdem bereitete sein Körper ihm ungeahnte Qualen. Obwohl er das Zusammensein mit einer Frau noch nie so intensiv erlebt hatte wie an diesem Abend, obwohl er nie zuvor ein so grenzenloses Glück, eine so allumfassende Befriedigung erfahren hatte, erfüllte ihn eine unstillbare Begierde nach mehr. Er brauchte nur an Serenas verzückten Gesichtsausdruck, an ihr goldblondes Haar, ihre schmale Taille, an ihre herrlichen Brüste oder ihre langen schlanken Beine zu denken, und schon regte sich neues Verlangen in ihm. Stöhnend warf er sich von einer Seite auf die andere.
Als am frühen Morgen das Horn der Postkutsche die Reisenden zum Aufbruch rief, erhob Nicholas sich von seinem zerwühlten Lager. Er war völlig übermüdet und zugleich total überreizt. Aber er wusste, dass es absolut sinnlos war, auf Schlaf zu hoffen.
Auch Serena erwachte früh. Sie blieb allerdings noch ein wenig liegen, presste das Gesicht in die Kissen und rief sich jede Einzelheit ihres Zusammenseins mit Nicholas in Erinnerung. Ihr war, als röche die Bettwäsche noch ein wenig nach ihm. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Sie wünschte sich so sehr, er wäre bei ihr geblieben. Wie wundervoll war ihre Vereinigung gewesen, wie unglaublich wundervoll! Doch nun erfüllte sie ein schreckliches Gefühl der Einsamkeit.
Es tut weh, jemanden zu lieben, der diese Liebe nicht erwidert …
Natürlich würde sie sich ihren Schmerz nicht anmerken lassen. Er sollte nicht wissen, was sie für ihn empfand. Sie musste nach vorn schauen. Irgendwann würde sie ihren Kummer überwinden. Ja, daran musste sie ganz fest glauben!
Als sie den Privatsalon betrat, in dem Nicholas bereits auf sie wartete, bemühte sie sich um ein Lächeln.
„Guten Morgen“, sagte er kurz. „Das Frühstück steht schon bereit.“ Er rückte ihr den Stuhl zurecht und nahm dann selbst Platz. Scheinbar gelassen füllte er seinen Teller mit Brot, Eiern und Schinken, ehe er einen großen Schluck von dem Ale trank, das er bestellt hatte.
Serena hatte sich für Toast mit Butter und heißen Tee entschieden. Sie hatte keinen rechten Appetit, zwang sich aber, ein wenig zu essen, denn der Tag würde sicher lang und anstrengend werden. Ob Nicholas ihr noch zürnte? Ob er sich entschlossen hatte, sie mit Schweigen zu strafen?
Tatsächlich empfand er das Schweigen im Gegensatz zu Serena nicht als bedrückend. Er zweifelte nicht daran, dass sie, obwohl sie ausgeglichen wirkte, noch unter den aufregenden Erlebnissen des Vortags litt. Vermutlich hatte sie nicht viel besser geschlafen als er selbst. Sie würde also Ruhe brauchen. Und es war erstaunlich leicht, sie ihr zu gewähren. Nie zuvor hatte er die Gesellschaft einer Frau als so angenehm empfunden. Serena konnte humorvoll und schlagfertig sein. Sie konnte angeregt plaudern, interessante Geschichten zum Besten geben und herzhaft lachen. Sie war mutig, tapfer und ausdauernd. Außerdem war sie die leidenschaftlichste Geliebte, die er je gehabt hatte. Ihr Lebenshunger wirkte ansteckend. Aber sie konnte sich auch ganz ruhig und zurückhaltend geben. Ohne sich in den Vordergrund zu drängen, war sie immer da.
Als er mit seinen Überlegungen bis hierhin gekommen war, seufzte Nicholas unwillkürlich auf. Vielleicht war sie wirklich die perfekte Frau. Aber wenn er sie sicher nach London gebracht hatte, würde er trotzdem Abschied von ihr nehmen. Alles andere wäre dumm gewesen.
Er leerte den Ale-Krug und erhob sich abrupt. „Ich gehe die Rechnung bezahlen. In Kürze können wir aufbrechen.“
„Ja“, sagte Serena nur.
Stunden vergingen, ehe die erschöpften Pferde vor dem Pulteney Hotel in London zum Stehen kamen. Nicholas stieg aus der mit Lehm
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