Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
mir erzählt hat, zufriedengeben sollen. Können Sie mir verzeihen? Wahrhaftig, nun wünschte ich beinahe, er selbst wäre der Schuldige gewesen.“
Nicholas schob sie vorwärts. Er hatte die Hand unter ihren Ellbogen gelegt, und sein Griff war so fest, dass Serena einen kleinen Schmerzenslaut unterdrücken musste.
„Unsinn!“, rief er ungeduldig aus. „Es gibt nichts, wofür Sie sich entschuldigen müssten. Ich bin es, der Sie um Vergebung bitten muss. Mein Vater trägt die Verantwortung dafür, dass Sie mit Ihrem Papa so lange im Exil leben mussten. Ohne die Tat meines alten Herrn hätten Sie das Leben führen können, das Ihnen als Tochter des Earl of Vespian gebührte. Sie hätten Ihr Erbe ohne irgendwelche Komplikationen antreten können, und es hätte nie einen Anschlag auf Sie gegeben. Im Übrigen war ich derjenige, der Sie gedrängt hat, hierherzukommen und der Geschichte auf den Grund zu gehen.“ Bitter lachte er auf. „Ich habe meinen Untergang selbst herbeigeführt.“
„So etwas dürfen Sie nicht einmal denken! Sie tragen doch überhaupt keine Schuld an allem, was geschehen ist! Mein Vater hat seine Entscheidungen selbst getroffen.“
Müde zuckte er die Schultern. „Was werden Sie jetzt tun?“
Verwirrt erwiderte sie seinen Blick.
„Sie werden doch etwas unternehmen wollen, um den Namen Ihres Vaters reinzuwaschen.“
„Nein“, gab sie entschieden zurück. „Das alles liegt dreißig Jahre zurück. Es interessiert niemanden mehr. Es gibt andere neue Skandale, die die Menschen beschäftigen.“
„Sie brauchen so etwas nicht zu sagen, nur, damit ich mich besser fühle.“
„Hören Sie auf, den Märtyrer zu spielen!“, rief Serena, die jetzt ernsthaft verärgert war. „Glauben Sie etwa, ich sei nicht in der Lage, klar zu denken und eigenverantwortlich zu entscheiden, was ich sage oder tue?“
„Sie sind eine ungewöhnliche Frau, Serena. Es gelingt Ihnen immer wieder, mich in Erstaunen zu versetzen. Ich bewundere Sie. Ja, Sie sind ein ganz besonderer Mensch.“
Sie seufzte. „Im Moment fühle ich mich allerdings gar nicht wie etwas Besonderes. Ich bin erschöpft und verwirrt. Ich möchte nach Hause.“
„Ja, es wird wohl am besten sein, wenn wir morgen in Ruhe über alles reden.“
„Es gibt nichts, worüber wir reden müssten. Ich kenne nun die Wahrheit. Das genügt mir. Die Tatsachen sind denkbar einfach: Papa wollte seinen Freund schützen; der hat das dankbar akzeptiert. Und Sie sollten es auch tun. Ich will nicht, dass Sie sich die Schuld an Ereignissen geben, auf die sie keinen Einfluss hatten. Lassen Sie die Vergangenheit ruhen. Dann können wir Freunde bleiben.“
Nicholas blieb stehen und zog Serenas Hand an die Lippen. „Ich danke Ihnen für Ihre Freundschaft.“ Aber ich wünschte, wir könnten mehr als Freunde sein.
Gemeinsam mit ihrem Cousin Edwin hatte Serena an diesem Abend Melissa und Georgie Lytton ins Theater begleiten wollen. Edwin hatte sich schon mehrfach als durchaus angenehmer Begleiter erwiesen. Das lag allerdings nicht daran, dass er mit den Plänen seines Vaters einverstanden gewesen wäre. Im Gegenteil, Georgies jugendlicher Übermut gefiel ihm viel besser als Serenas Humor, den er oft nicht verstand, und ihre Schönheit, die ihn irgendwie einschüchterte.
Man hatte verabredet, dass Edwin seine Cousine daheim abholen solle. Im Theater würden sie sich dann mit Melissa und Georgie treffen. Doch als Edwin das Haus in der Upper Brook Street betrat, kam Serena ihm nicht wie üblich lächelnd entgegen, sondern man sagte ihm, sie befände sich im Kleinen Salon.
Sie saß in Tränen aufgelöst in einem Sessel vor dem kalten Kamin.
Edwin erschrak. Weinende Frauen waren ihm ein Gräuel. „Cousine Serena, ich möchte nicht stören“, entschuldigt er sich und wollte unverzüglich fliehen.
„Oh!“ Erschrocken sprang Serena auf, fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und rief: „Bitte, warten Sie, Edwin! Keine Angst, ich habe schon aufgehört zu weinen. Es tut mir leid, ich habe unsere Verabredung völlig vergessen. Sie müssen wohl ohne mich zum Theater fahren.“
Beruhigt darüber, dass sie aufgehört hatte zu schluchzen, blieb ihr Cousin an der Tür stehen. „Was ist denn passiert? Hat es etwas mit Georgies Bruder zu tun?“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Georgie hat gesagt …“ Edwin errötete. „Aber bestimmt hat sie sich getäuscht.“
„Was hat sie gesagt?“
„Dass Sie und Mr. Lytton etwas miteinander haben“, stammelte
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