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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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gegenüber, dahin, wo Göring noch vor wenigen Minuten gesessen hatte.
    »Mein Name ist Hansen«, sagte er und deutete eine Verbeugung an. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Wenn Oda von seiner Erscheinung irritiert war, so verstörte sie sein intensiver Blick noch mehr. Er hatte unterschiedlich farbige Pupillen – ein Auge war braun, das andere blau. Eine seltene Laune der Natur. Noch nie hatte Oda solche Augen gesehen. Sie wandte den Kopf ab.
    »Göring schickt mich. Wir sollen uns unterhalten«, sagte Hansen.
    »Ich habe ihm schon was dazu gesagt.«
    »Er hat mir davon berichtet. Sie seien störrisch, behauptet er. Gar nicht kooperativ.«
    Oda lachte verächtlich.
    »Probieren Sie es aus. Eher sterbe ich, als Ihnen irgendetwas zu verraten.«
    Hansen bekam das spöttische Grinsen nicht aus dem Gesicht.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte er. »Ich habe Mittel und Wege. Sie werden mir Dinge verraten, von denen Sie jetzt noch nicht einmal ahnen, dass Sie sie wissen.«

18.
B ERLIN
    11. Januar 1940
Straubingers Wohnung
    Krauss starrte in die Mündung einer Welrod, einer Spezialwaffe für kurze Distanzen mit integriertem Schalldämpfer. Sie arbeitete beinahe lautlos. Eine Pistole für Killer. Krauss saß im einzigen Sessel in Straubingers Wohnzimmer, der Mann, der ihn überwältigt hatte, hockte auf einem Stuhl zwei Meter von ihm entfernt. Auf der Couch, Krauss gegenüber, räkelten sich entspannt zwei weitere Männer. Der eine hatte seine Waffe auf dem Oberschenkel liegen, die Mündung auf den Sessel gerichtet, der andere hatte sie neben sich auf der Sofalehne platziert. Außer Reichweite von Krauss. Er rechnete sich keine Chance aus, an eine der Pistolen zu kommen, ohne sich vorher mindestens eine Kugel einzufangen. Die Typen sahen aus, als meinten sie es ernst. Ein schönes Kaffeekränzchen hatte Straubinger da eingeladen. Sein ehemaliger Kamerad stand mit zerknirschtem Gesicht in der offenen Wohnzimmertür.
    »Vielen Dank, Theo«, sagte Krauss. Straubinger hatte ihn am Ende doch verraten. Oder verkauft. Egal. Das Ergebnis war dasselbe.
    »Halt’s Maul«, raunzte ihn der Kerl mit der Welrod an.
    Aber Straubinger musste sich rechtfertigen.
    »Es ist nicht so, wie du glaubst, Richard. Ich muss an meine Zukunft denken. Und ich will nicht als Laufbursche der Engländer enden.«
    Engländer?
    »Haltet beide euer Maul«, bellte der Typ, diesmal nachdrücklicher.Er hatte schwarze Haare, militärisch kurz geschnitten, trug einen derben, grauen Pullover und eine dunkelblaue Wollhose. Seine Füße steckten in schweren Stiefeln. Er wirkte kräftig, sportlich, selbst unter dem Pullover zeichnete sich sein Bizeps ab. Die beiden Männer auf der Couch waren zwar schlanker, aber auch sie machten nicht den Eindruck, als würden sie tagsüber an einem Schreibtisch sitzen. Krauss hatte es mit Soldaten zu tun. Mit englischen? Der Kerl mit der Welrod sprach ohne jeglichen Akzent.
    »Wir sind hier, um dir zu helfen, Richard«, sagte einer der Männer auf dem Sofa. Er sprach Krauss’ Vornamen englisch aus. Was war das für eine Schmierenkomödie?
    »Sagte der Storch und verschluckte den Frosch«, entgegnete Krauss.
    »Wenn wir dich hätten töten wollen, wärst du längst Fischfutter«, sagte der Schwarzhaarige. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, bedauerte er die Entscheidung.
    »Lass gut sein«, versuchte der Kerl auf dem Sofa seinen Kollegen zu beschwichtigen. Er wandte sich an Krauss. »Die Waffen sind eine Vorsichtsmaßnahme. Wir wissen, dass du ein gefährlicher Mann bist, und dürfen nichts riskieren. Aber wir wollen dir nichts tun.«
    »Sie wollen dir nichts tun«, mischte sich der Kräftige ein.
    »Meine Güte, Baldwin. Muss das sein?«
    »Okay, okay. Ich mag seine kalten Augen nicht. Er sieht aus wie ein verfluchter Nazi.«
    Der Schlankere, den Krauss nun für den Anführer hielt, atmete betont ein und aus.
    »Also noch mal von vorn. Mein Name ist John Mortimer, neben mir sitzt Frank Miller, und der etwas Ruppigere von uns heißt Stewart Baldwin. Wir sind vom SOE.«
    Special Operations Executive, dachte Krauss. Eine der mysteriösen Unterabteilungen des britischen Geheimdienstes. Sozusagengeheimer als geheim. Viele behaupteten, das SOE existiere überhaupt nicht. Diejenigen, die es besser zu wissen meinten, ergingen sich in vagen Andeutungen. Soweit Krauss wusste, war das SOE ausschließlich für Operationen im Ausland zuständig, für Attentate, Guerilla-Überfälle oder ganz allgemein demoralisierende Aktionen.

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