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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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Ortsgruppe. Der arme Kerl ist auf jede Veranstaltung dieser Art gefahren.«
    Die Neonröhren warfen ein kaltes Licht auf die grünen Bänke. Weiter hinten in dem lang gestreckten Korridor lärmten ein paar Studenten vor der Tafel mit den Prüfungsergebnissen. Es erstaunte Meijtens, wie fremd ihm das alles vorkam. Was auch geschehen mag, hierher werde ich jedenfalls nicht zurückkehren, dachte er.
    Sie hatten den ganzen Abend zusammengesessen und jedes Detail von allen Seiten beleuchtet. Ausnahmsweise hatte vor allem Meijtens geredet. Jakub hatte kurze Fragen eingeworfen und vor sich hingebrummt. Zwischendurch war ein Student zum Kaffeeautomaten einige Meter weiter gegangen, und sie hatten beide geschwiegen, während der Apparat zischte. Jakub hatte sich noch einmal die Dokumente durchgelesen und währenddessen das Leitmotiv aus einer alten Operette gesummt. Schief, wie Meijtens feststellte.
    Als der junge Mann am Kaffeeautomaten gegangen war, hatte Jakub gesagt: »Dann glaubt ihr also, einer von ihnen ist Tristan?«
    Meijtens hatte mit den Schultern gezuckt. »Jedenfalls ist das eine Theorie, die ganz gut zu den Fakten passt.«
    Jakub betrachtete seinen Kaffeebecher, musste jedoch erkennen, dass er unwiderruflich leer war. »So viel zum Thema Freundschaft, so viel zum Thema Liebe. So viel zum Leben in Arkadien.« Er blickte mit einem schiefen Lächeln auf. »Aber vielleicht liegt dort der Schlüssel zur Lösung des Rätsels.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, dass Tristans Motiv dafür, Erik Lindman zu verraten, etwas darüber aussagt, wer von ihnen es ist«, erläuterte Jakub.
    »War das Motiv nicht einfach, sich selbst zu schützen?«
    »Doch, sicher, aber reicht das? Ist das wirklich genug, um seinen besten Freund oder seinen Verlobten in einen qualvollen Tod in Hoxhas Gefängnissen zu schicken?«
    Jakub schüttelte sachte den Kopf, zuckte dann jedoch mit den Schultern und beantwortete seine Frage selbst. »Vielleicht, zumindest für einen Menschen wie Tristan.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    Jakub verzog das Gesicht zu einer gequälten Grimasse. »Dieser … Brief, Tobias.«
    »Ja?«
    »Er beunruhigt mich, und damit meine ich nicht nur den Inhalt.« Er hob den Kopf und starrte Meijtens an. »Warum? Warum hat dir jemand diese Kopien geschickt? Wir sollten vielleicht nicht davon ausgehen, dass der Absender gute Absichten verfolgt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Weder Wijkman noch Terselius haben im Grunde viel Material aus erster Hand in die Finger bekommen, aber ihr Netzwerk muss hervorragend sein. Wenn man Tristan enttarnt, wird das die Machtelite gehörig durchschütteln. Dann fällt nicht nur Tristan, sondern es fallen alle, die ihm oder ihr unwissentlich geholfen haben. Mächtige Menschen mit Feinden. Feinden, die vielleicht sogar geahnt haben, wie die Dinge liegen, bisher jedoch nichts sagen konnten, nun aber ihre Chance gekommen sehen.«
    Irgendwo hörte man fröhliche Rufe, und einige Studenten liefen lachend davon. Jakub hatte in einem beiläufigen, fast gleichgültigen Ton weitergesprochen.
    »Was weißt du über Peter Laurén?«
    »Nicht viel, zwei Jahre nach Erik Lindmans Verschwinden lernte er Sonia Terselius kennen. Die beiden heirateten, ließen sich aber wenige Jahre später wieder scheiden. Unsichtbarer Strippenzieher in der Partei. Ein Vollblutpolitiker.«
    Jakub lächelte milde. »Dann glaube ich, dass ich dir ein wenig mehr erzählen kann. Peter Laurén ist in jeder Hinsicht eine völlig andere Spezies als unser Trio aus Uppsala. Und zwar so anders, dass man kaum glauben mag, dass sich ihre Wege jemals gekreuzt haben. Laurén machte seine ersten, tastenden Schritte in die Politik in der kleinsten, aber vielleicht auch einflussreichsten politischen Studentenvereinigung: der sozialdemokratischen Sektion an der Stockholmer Wirtschaftshochschule. Sie lockt aus jedem Jahrgang nur zwei, drei Studenten an, aber die finden dafür früher oder später über das Finanzministerium den Weg in die Flure der Macht.«
    Jakub stapelte langsam und systematisch ihre leer getrunkenen Kaffeebecher ineinander.
    »Er ist auf dem klassischen Weg aufgestiegen, durch emsige Arbeit hinter den Kulissen und elegante Sprünge zwischen der Rolle eines Beamten und der eines politischen Funktionärs. Nachdem er zwischen verschiedenen Ministerien hin und her gewechselt hatte, gehörte er Anfang der Siebzigerjahre zu den Beratern des Außenministers. In der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre engagierte er sich politisch in der

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