Ein Freund aus alten Tagen
Ist er immer noch so ein kleines, sexy Miststück?«
Natalie lächelte und nickte. Rebecka Wester ging lachend und auf leicht schwankenden Beinen zur Tür. Aus der Ferne sah Natalie, wie ihr Mann mit den Augen rollte, sich umdrehte und zum Parkplatz vorging.
Ich muss Meijtens anrufen, dachte Natalie. Am Eingang fand sie ein Münztelefon, aber es war besetzt. Während sie wartete, ging mit schnellen Schritten ein großgewachsener Mann an ihr vorbei. Er hatte zwei Tische weiter gesessen und Zeitung gelesen. Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass er sie belauschen könnte, aber ein Außenstehender hätte mit dem Inhalt ihres Gesprächs herzlich wenig anfangen können. Irgendetwas war mit diesem Mann, was eine Erinnerung in ihr wachrief, die sie einfach nicht zu fassen bekam.
Sie schaute auf den Parkplatz hinaus, wo Rebecka Wester mit ihrem Mann zu einem großen, glänzenden Auto ging. Er half ihr mit der Golftasche, und sie lachte laut und hatte den Arm um seine Taille geschlungen. Eine glückliche und ganz normale Frau in einer, wie Natalie annahm, glücklichen und ganz normalen Ehe. Niemand, der sie sah, konnte ahnen, dass sie dem größten schwedischen Spion aller Zeiten beigebracht hatte, wie man Walzer tanzte.
40 Meijtens lehnte sich gegen das Gitter des französischen Balkons und spürte, wie sich die kalte Luft den Weg unter seinen Kragen bahnte. Er trank noch einen Schluck Wein, ohne Natalie aus den Augen zu lassen.
»Okay, Bertil, abgemacht«, sagte sie und presste den Telefonhörer gegen das Kinn, während sie schrieb. Nach einigen Abschiedsfloskeln legte sie auf und streckte sich.
»Morgen früh um neun, er und Rydman«, sagte sie.
Meijtens erhob sein Glas, um ihr zuzuprosten, und sie bückte sich und nahm ihr Glas vom Fußboden.
»Bertil hat mit Rydman gesprochen, der sich natürlich sträubt. Aber er ist nicht dumm, er sieht ein, dass sich die Fakten nicht mehr leugnen lassen«, fuhr Natalie fort. »Er scheint sogar zu akzeptieren, dass du wieder im Boot bist, obwohl Bertil und er zuerst protestiert haben.«
»Und seine lebenslange Freundschaft mit Laurén?«
Natalie runzelte die Stirn und studierte die Decke.
»Ich denke, so, wie die Dinge jetzt liegen, liest er die Nachricht trotz allem lieber in seiner eigenen Zeitung als bei einem Konkurrenten. Man sollte diese langjährigen Beziehungen auch nicht überschätzen.«
Meijtens legte den Kopf in den Nacken und lachte.
»Dagegen ist er in die Luft gegangen, als ich ihm den Vorschlag machte, dass wir uns zu einem Interview mit Hansson treffen könnten. Da werden wir ihn morgen noch bearbeiten müssen.«
»Es ist nicht auszuschließen, dass Hansson sich weigern wird, mit uns zu sprechen«, sagte Meijtens. »Wir haben noch ein hartes Stück Arbeit vor uns, bis wir genug zusammenhaben, um ihn von Erik Lindmans Unschuld zu überzeugen, und noch mehr, bis wir beweisen können, dass Laurén mit Sicherheit Tristan ist. Dass ein sowjetischer Spion Verbindungen zu den schwedischen Geheimdiensten hatte.«
Natalie stand auf wackeligen Beinen auf, ging zum Tisch und verteilte, ohne zu fragen, den letzten Rest Wein auf ihre Gläser. Dann setzte sie sich vor dem französischen Balkon neben ihm auf den Fußboden.
»Gott, tut die frische Luft gut«, sagte sie und schloss die Augen. »Wenn Hansson sich weigert, gibt es andere, mit denen wir reden können. Diesmal werden die Gespräche mit Terselius und Wijkman anders verlaufen.«
Sie saßen schweigend nebeneinander und tranken aus ihren Gläsern.
»Wie sollen wir die Interviews angehen, wenn wir eine zweite Chance bekommen?«, fragte Meijtens schließlich.
»Wir bekommen eine zweite Chance. Ich denke, wir fangen damit an, Sonia Terselius mit dem Telefonat aus China zu konfrontieren, das dürfte sie ein bisschen überrumpeln. Anschließend fragen wir sie, warum sie sich damals von Laurén hat scheiden lassen.«
»Ein ziemlich harter Einstieg, findest du nicht?«
»Stellst du etwa Natalie Petrinis Interviewtechnik infrage?«
Das tat er natürlich nicht. »Und Wijkman?«
Natalie dachte eine Weile nach. »Ich weiß, was ich ihn fragen will . Wie viel er von alldem begriffen hat und wem gegenüber er sich zu Loyalität verpflichtet fühlt. Seinem alten Freund, der ein Leben in albanischen Gefängnissen verbringen musste, oder den Idealen, die er schon vor zwanzig Jahren aufgegeben hat. Warum hat er Laurén all die Jahre gedeckt?«
» Wenn er das getan hat«, wandte Meijtens ein. »Das wissen wir
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