Ein Freund aus alten Tagen
gerichtet, beiläufig: »Ach, zu der Zeit war Peter bei allem dabei. Natürlich verschwand er damals mit dem Rest der Clique. Tatsächlich war er derjenige, der sich nach ihrer Rückkehr am stärksten veränderte.«
»Inwiefern?«
»Bis dahin hatte Peter mir ziemlich leidgetan, er war wie ein verlorener, kleiner Welpe in ihrer Gesellschaft. Noch dazu ein unglücklich verliebter Welpe. Aber was immer auf dieser Reise passiert war, es veränderte ihn.«
Und die schwedische Sicherheitspolitik, dachte Natalie.
»In gewisser Weise hätte ich mich wohl für ihn freuen sollen, ihm das neu gewonnene Selbstvertrauen gönnen sollen. Stattdessen fing ich an, mich über ihn zu ärgern: darüber, wie er herumstolzierte und alles besser wusste, immer mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen. Es kam einem sogar so vor, als wäre er ein paar Zentimeter gewachsen. Aber was ging mich das an? Ich glaubte ja nicht einmal an den Mist, den sie da trieben.«
Sie drückte nachdrücklich ihre Zigarette aus und legte die Schachtel in ihre Tasche zurück. »Auch Rooth war aus irgendeinem Grund wie ausgewechselt. Anfangs hatte er Peter mit herablassender Nachsicht behandelt, aber jetzt stürzte er sich auf ihn wie ein liebestoller Pudel. Unser eigener Lenin . Was für ein Unsinn. Aber so war Rooth, er wollte immer einen Liebling zum Turteln haben.«
Sie schauderte. »Ich selbst fand immer, dass Peters neu gewonnene Überzeugung ziemlich oberflächlich wirkte, und damit behielt ich letztlich ja auch recht, nicht wahr?«
Natalie sah sie fragend an.
»Als sie im Herbst nach Stockholm gingen, wandte er sich doch von allem ab!«, platzte Rebecka Wester heraus, als wäre Natalie damals dabei gewesen. »Er traf sich wieder mit seinen alten Sozifreunden, arbeitete im Verteidigungsministerium, dieser ganze Mist. Vom ersten Tag an! Nicht, dass es mich interessiert hätte, die politischen Parolen der ganzen Clique konnten mir gestohlen bleiben, aber komisch war es schon.«
»Dann distanzierte er sich also von den anderen?«
»Das war ja gerade das Merkwürdige.« Rebecka Westers Stimme klang jetzt schriller. »Tagsüber lebte er sein neues Leben, aber abends tauchte er in der Wohnung am Tegnérlunden auf, mit diesem selbstzufriedenen Grinsen, das er sich während der letzten Monate in Uppsala angewöhnt hatte. Trotzdem wollte er etwas Abstand halten, denn ihm haben sie natürlich angeboten, in die Wohnung einzuziehen, nur bei mir waren sie der Meinung, dass ich bloß der großen Revolution im Weg stehen würde. Allerdings lehnte er das Angebot dankend ab, und das hat mich nun wirklich gewundert.«
Natalie lauschte aufmerksam ihren Worten. Jeden Moment würde Rebecka Wester abgeholt werden, und sie wollte jedes noch so winzige Detail wahrnehmen.
»Was meinen Sie damit, dass Laurén in Stockholm zu seinem früheren Leben zurückkehrte? Vielleicht traf er sich ja nur mit seinen alten Freunden.«
»Es war mehr als das, meine Liebe. Ich weiß noch, wie er einmal einen Artikel darüber schrieb, dass sich die Sozialdemokratie deutlich nach links abgrenzen und die guten Beziehungen zu den USA pflegen müsse. Ich fand den Artikel aufgeschlagen bei Calle, und selbst ich kapierte, dass das irgendwie seltsam war. Ein paar Wochen später stand er in der Wohnung am Tegnérlunden und lästerte mit den gleichen Bolschewisten, vor denen er kurz vorher gewarnt hatte, über die Amerikaner.«
»Wie reagierten sie darauf?«
»Ehrlich gesagt habe ich das nie ganz verstanden. Ich habe Calle mehrmals danach gefragt, aber offenbar wollte er nicht darüber sprechen, jedenfalls nicht mit mir. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ihn etwas bedrückte. Es kam mir vor, als würde er selbst nicht ganz verstehen, was mit Peter los war. Gleichzeitig zog Erik sich immer mehr zurück. Im letzten Jahr vor Eriks Verschwinden war irgendetwas nicht mehr so, wie es sein sollte.«
Auf einmal schaute Rebecka Wester zum Ausgang. Natalie folgte ihrem Blick und sah einen Mann, der in der Tür zur Bar stand. Groß und gepflegt, die Autoschlüssel in der Hand schwingend. Rebecka Wester winkte und signalisierte ihm, dass sie sofort kommen würde.
»Mein Chauffeur ist da. Ich fürchte, meine Geschichten haben Ihnen nicht viel gebracht, aber ich hatte Sie ja am Telefon gewarnt, Sie sind selber schuld. Schreiben Sie ein paar nette Dinge über Erik.« Sie warf sich die Handtasche über die Schulter und hauchte einen Kuss auf Natalies Wange. »Grüßen Sie Calle, wenn Sie ihn sehen.
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