Ein Freund aus alten Tagen
auf drei.
Das meiste passte unglaublich gut zusammen. Aber wenn Erik Lindman tatsächlich Aron Bektashi war, gab es in den Artikeln auch etwas, was überhaupt nicht zusammenpasste, eine »Wahrheit« über ihn, die all die Jahre wiederholt worden war und sich unmöglich mit der Tatsache in Einklang bringen ließ, dass er fünfundzwanzig Jahre später mit einem albanischen Pass aufgetaucht war.
Meijtens spülte die Kopfschmerztablette in der Redaktionsküche mit schwarzem Kaffee hinunter. Er hatte nur zwei Stunden geschlafen. Anschließend ging er zu seinem Platz und zog seine Zusammenstellung aus der Tasche. Auf dem Schreibtisch entdeckte er die Liste: ein Verzeichnis über akkreditierte albanische Diplomaten mit Jahreszahl, Titel und Kommentaren zu einer möglichen Verbindung zu Aron Bektashi. Ganz unten hatte Natalie geschrieben: Tut mir leid, kein möglicher AB darunter.
Er musterte ihre Handschrift. War sie sauer? Meijtens blickte auf und sah Natalie bei Bertil Andersson an ein Bücherregal gelehnt stehen. Mit verschränkten Armen. Worüber sprachen die beiden?
Sein Kopf pochte. Er überflog noch einmal seine Notizen. Es passte, es war möglich. Unglaublich. Doch der nächste Schritt war schwieriger. Wie lange würden sich die beiden noch unterhalten? Bis zum Redaktionsschluss waren es noch zwei Tage, und wenn sie sicher sein wollten, die Ersten zu sein, mussten sie es in der nächsten Ausgabe bringen. Er wagte es nicht, noch länger zu warten. Sollte er erst mit ihr alleine sprechen? Nein, dazu fehlte die Zeit. Alles oder nichts.
Seine Knie zitterten, als er zum Glaskasten ging.
Bertil Andersson sah Meijtens und ließ den Finger innen über den Hemdkragen laufen, als bräuchte er mehr Luft. Es war kein Geheimnis, dass er unzufrieden damit war, wie sich die Sonderausgabe über das neue Europa entwickelte. Meijtens hielt Natalies Zusammenfassung hoch und formte den Mund zu einem stummen Dank, aber sie wirkte eher desinteressiert.
»Meijtens, mein Nerzexperte. Erzähl mir alles über den gestrigen Tag, aber fasse dich kurz. Wir sind hier mitten in einer wichtigen Besprechung.«
»Ich bin, ehrlich gesagt, nicht hingegangen.«
Keiner sagte etwas, und die Luft schien stillzustehen. Er musste von diesen verdammten Nerzen wegkommen.
»Ich bin über etwas ganz anderes gestolpert, etwas Sensationelles, glaube ich.«
Bertil Andersson legte seine Stirn in unzufriedene Falten. Natalie hatte sich hingesetzt und schien Figuren in einen Block zu kritzeln, als wartete sie nur darauf, dass Meijtens wieder gehen würde.
Meijtens beschloss, ohne Umschweife zur Sache zu kommen. »Bertil, ich glaube, dass die Wahrheit über den Mann, der von der Aussichtsterrasse gefallen ist, eine wirklich sensationelle Geschichte ist. Das Topthema für die Samstagsausgabe. Aber die Zeit ist knapp.«
Bertil Andersson lehnte sich zurück und warf einen Stift auf den Schreibtisch. »Großer Gott, kannst du nicht endlich damit aufhören? Hast du denn überhaupt kein verdammtes Urteilsvermögen, wenn ich dir doch sage, dass …«
»Lass ihn aussprechen, Bertil.« Erstaunt schauten sie beide zu Natalie hinüber. Ihre Stimme war ruhig, und sie blickte nicht einmal von ihrem Block auf. »Es geht sicher schneller, ihm zuzuhören, als dass ich mir deine Schimpftirade anhören muss.«
Bertil Andersson faltete die Hände auf seinem Bauch.
»Okay, Meijtens, lass uns hören und staunen.«
Meijtens referierte kurz, was sie bereits wussten, und erzählte anschließend von seinem Besuch in der kleinen Buchhandlung.
»Erik Lindman? Der verschwundene Zeitungsbote?«
Bertil Anderssons Stimme klang immer noch skeptisch, aber in ihr schwang nun auch etwas anderes mit. Ein Instinkt.
»Genau«, antwortete Meijtens.
Natalie blickte von ihrem Block auf und sah vom einen zum anderen. »Welcher Lindman?«
Meijtens holte seine Mappe mit den Zeitungsausschnitten heraus. Nach seiner Nachtschicht wusste er im Grunde alles auswendig, aber vielleicht hatten Jakubs Manierismen im Laufe der Jahre auf ihn abgefärbt, vielleicht wollte er auch nur demonstrieren, wie sorgfältig er recherchiert hatte. Es war seine letzte Chance, und alles hing davon ab, wie er seine Geschichte erzählte.
Im Sommer 1965 meldete sich eine Frau bei der Stockholmer Polizei. Sie war gerade von einer Auslandsreise zurückgekehrt und hatte festgestellt, dass ihr Verlobter verschwunden war, ohne ihr eine Nachricht hinterlassen zu haben. Weder seine Freunde noch seine Eltern hatten eine
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