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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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ein bisschen überraschend.«
    Er machte eine rhetorische Pause, und Bertil Andersson wies lakonisch darauf hin, dass in einer Dreiviertelstunde Redaktionsschluss sei, was den von Meijtens angestrebten Effekt ein wenig abschwächte. Dennoch nahm er sich die Zeit, den letzten Abschnitt ungekürzt vorzulesen.
    Deshalb empfinde ich es als schmerzlich, feststellen zu müssen, dass Umstände, die sich meiner Kontrolle entziehen und keine Berührungspunkte mit meiner Tätigkeit und den Mitarbeitern im Außenministerium aufweisen, dazu führen, dass ich mich veranlasst sehe, meine Anstellung beim Ministerium zu beenden. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich den Interessen und der unabhängigen Außenpolitik Schwedens aufgrund dieser Umstände in anderer Funktion besser werde dienen können.
    Bertil Andersson breitete die Hände aus. »Und? Was sagt uns das, außer dass er eine schwülstige Art hat, einem zu erzählen, dass er den Verstand verloren hat?«
    »Aber Bertil«, flehte Meijtens. »›Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich den Interessen und der unabhängigen Außenpolitik Schwedens aufgrund dieser Umstände in anderer Funktion besser werde dienen können.‹ Ist das nicht eine seltsame Art, sich auszudrücken? Hat es nicht den
Anschein, als wolle er einem etwas zwischen den Zeilen sagen?«
    Bertil Andersson wollte erneut das Wort ergreifen, hielt jedoch inne und sah Natalie an. Sie stand schräg hinter Meijtens, wie üblich an einen Aktenschrank gelehnt.
    »Natalie?«
    Sie verlagerte den Körperschwerpunkt und befeuchtete ihre Lippen. »Tobias hat da vielleicht nicht ganz unrecht. Es scheint einiges gegen diese Spionagegeschichte zu sprechen.«
    Aber Bertil Andersson blieb bei seiner Position. »Ihr überschätzt diese Menschen. Sie haben keine tiefsinnigen Analysen von Gott, Lenin und der Unabhängigkeit kleiner Staaten durchgeführt. Das war bloß eine Ansammlung von Kindsköpfen, die allesamt Hasch rauchten und es den Freundinnen ihrer Kumpel besorgten, bevor sie in Papas Firma eintraten.«
    Meijtens schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Erik Lindman war anders. Und ich glaube, dass in dieser Geschichte noch mehr steckt, viel mehr.«
    Bertil Andersson sah ihn ruhig an. »Dieser Brief verändert gar nichts, ihr habt schlicht und ergreifend keinen Beleg für die Behauptung, dass er kein Spion war. Nehmt das, was keine Spekulation ist, und schreibt es in einen Absatz am Ende. Und jetzt seht verdammt noch mal zu, dass ihr endlich fertig werdet.«
    Meijtens wollte es gerade noch einmal versuchen, als Natalie an seinem Ärmel zupfte. Es hatte keinen Sinn.
    Sie kürzten den Text zu einer kleinen Notiz in einem Kästchen. In seiner endgültigen Form schien er eher eine Frage als eine Behauptung zu formulieren. Das Ergebnis konnte selbst auf sensible Beamte des Staatsschutzes unmöglich provozierend wirken, erst recht nicht, nachdem Bertil Andersson den Text noch etwas nuancierter formuliert hatte.
    Als die Zeitung in Druck gegangen war, blieben sie noch eine Weile sitzen und ließen den Puls zur Ruhe kommen. Meijtens musste immer noch an den Brief denken.
    »Wir hätten die These vertreten sollen, dass er unschuldig war.«
    Sie nickte bedächtig, wich jedoch seinem Blick aus.
    »Ja.« Eine kurze Pause. »Vielleicht.«
    Dieser Zweifel. Er hatte ihn gehört, als Bertil Andersson sie gefragt hatte, nun hörte er ihn wieder.
    »Du bist doch meiner Meinung?«
    Noch eine Pause. »Darum geht es nicht.«
    »Worum geht es dann?«
    »Ich sehe keinen Nachrichtenwert darin. Die Story ist doch, dass er zurückgekehrt ist, nachdem er in Albanien verschwunden war. Lass irgendeinen alten und verstaubten Historiker darüber nachgrübeln, ob er wirklich ein Spion war.«
    Im nächsten Moment erkannte sie, was sie gesagt hatte, und biss sich auf die Lippe. »Sorry.«
    Meijtens antwortete nicht. Er dachte an Lillemor Lindman. Und an Sjöhage.
    Doch als er auf der Straße stand und die Nachtluft sein überhitztes Gesicht kühlte, wusste er: Es würde auch so ein echter Knüller werden.
    Hinter sich hörte er Natalies Absätze auf dem Bürgersteig hallen. Sie winkte ihm zu, ohne sich zu ihm umzudrehen, und eilte Richtung Park davon, als hätte sie eine Verabredung. Er radelte zur Västerbron, als ihm einfiel, dass es noch etwas gab, was er ihr hätte sagen sollen. Er wendete in einem weiten Bogen und schaute sich nach ihr um, aber sie war schon verschwunden.

Zweiter Teil
Die Wohnung am Tegnérlunden

17 Als sie die Nachrichten im Radio

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